Im ersten Canto des Shrimad-Bhagavatam
finden wir folgende Beschreibung: Dharma (Religion) wird von einem Stier symbolisiert.
Die Beine des Stieres werden mit den vier Säulen der Religion verglichen
- Reinheit, Barmherzigkeit, Enthaltsamkeit und Wahrhaftigkeit.
In der Geschichte wird beschrieben, dass durch den Einfluss Kalis irreligiöse
Prinzipien überhand nehmen und die Säulen der Religion bzw. die Beine
des Stieres zerstören. Die vier sündhaften Aktivitäten - Fleischessen,
Berauschung, unzulässige Sexualität und Glücksspiel - zerstören
die vier religiösen Prinzipien. Shrila Prabhupada erklärt im folgenden
spezifisch, welche sündhafte Handlung die Ursache für die Zerstörung
eines bestimmten religiösen Prinzips ist, bzw. welches religiöse Prinzip
dem irreligiösen entgegenwirkt.
tapah shaucam daya - satyam
iti padah krite
kritah adharmamshais - trayo bhagnah smaya-
sanga-madais tava
"Im Zeitalter des
Satya [Wahrhaftigkeit] wurden deine vier Beine durch die vier Grundsätze
der Entsagung, Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit gebildet. Aber offensichtlich
sind drei deiner Beine durch überhandnehmende Gottlosigkeit in Form von Stolz,
Lüsternheit nach Frauen und Berauschung gebrochen."
ERLÄUTERUNG:
Die täuschende Energie oder materielle Natur kann auf die Lebewesen
in dem Maße einwirken, wie diese der täuschenden Anziehungskraft mayas
zum Opfer fallen. Motten werden durch die strahlende Helligkeit des Lichts angezogen
und werden so ein Opfer des Feuers. In ähnlicher Weise nimmt die täuschende
Energie die bedingten Seelen gefangen, die ein Opfer des Feuers der Illusion (maya)
werden. Die vedischen Schriften warnen die bedingten Seelen, nicht der Täuschung
zum Opfer zu fallen, sondern sich ihrer zu entledigen. Die Veden warnen uns, nicht
in die Finsternis der Unwissenheit zu gehen, sondern den zum Fortschritt führenden
Pfad des Lichts einzuschlagen. Auch der Herr warnt uns, dass die täuschende
Macht der materiellen Energie zu stark ist, als das sie überwunden werden
könnte; doch wenn man sich dem Herrn völlig ergibt, kann man sie leicht
hinter sich lassen. Sich den Lotosfüßen des Herrn zu ergeben ist jedoch
ebenfalls nicht so einfach. Solche Ergebenheit ist nur Menschen möglich,
die enthaltsam, sauber, barmherzig und wahrhaftig sind. Diese vier Grundsätze
einer fortschrittlichen Zivilisation waren bemerkenswerte Merkmale im Zeitalter
des Satya. In jenem Zeitalter war so gut wie jeder ein guter Mensch, ein befähigter
brahmana höchsten Ranges, und im gesellschaftlichen Leben waren sie alle
paramahamsas, das heißt die Fortgeschrittensten im Lebensstand der Entsagung.
Aufgrund dieser hohen kulturellen Stufe war die Bevölkerung nicht in Gefahr,
der täuschenden Energie zum Opfer zu fallen. Solch charakterfeste Menschen
waren stark genug, der Gewalt mayas zu entkommen; doch allmählich und in
dem Maße, wie die grundlegenden Prinzipien der brahmanischen Kultur, nämlich
Entsagung, Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, durch das gleichzeitige
Anwachsen von Stolz, Lüsternheit nach Frauen und Berauschung beschnitten
wurden, wich die menschliche Gesellschaft immer mehr vom Pfad der Erlösung,
dem Pfad der transzendentalen Glückseligkeit, ab. Je mehr das Kali-Zeitalter
fortschreitet, umso mehr werden die Menschen stolz und verfallen den Frauen und
der Berauschung.
Durch den Einfluss des Zeitalters des Kali ist selbst ein Bettler auf seinen Pfennig
stolz; die Frauen sind immer in einer übermäßig aufreizenden Art
gekleidet, um die Männer zu fangen, und der Mann ist dem Weintrinken, Rauchen,
Teetrinken und Tabakkauen verfallen. All diese Angewohnheiten, der sogenannte
Fortschritt der Zivilisation, sind die Ursache von Gottlosigkeit, und deshalb
ist es nicht möglich, der Korruption, Bestechung und Vetternwirtschaft Einhalt
zu gebieten, auch wenn dies der Wunsch der Führer der Gesellschaft sein mag.
Man kann all diesen Übeln schwerlich durch gesetzliche Maßnahmen oder
Polizeiüberwachung beikommen; diese Krankheit des Geistes kann nur durch
die richtige Medizin geheilt werden, nämlich durch die Verbreitung der Grundsätze
der brahmanischen Kultur - Entsagung, Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit.
Die moderne Zivilisation und ihre wirtschaftliche Entwicklung schaffen eine neue
Form der Armut und Knappheit, mit dem Ergebnis, dass die Verbraucher mit den zum
Leben notwendigen Dingen erpresst werden. Wenn die Führer, die reichen Männer
der Gesellschaft, 50 Prozent ihres angehäuften Reichtums barmherzigerweise
der irregeführten Masse der Menschen zur Verfügung stellen und sie im
Gottesbewusstsein, dem Wissen vom Bhagavatam, erziehen würden, könnte
dem Zeitalter des Kali in seinem Versuch, die bedingten Seelen gefangenzunehmen,
Einhalt geboten werden. Wir müssen uns stets daran erinnern, dass falscher
Stolz oder eine zu hohe Einschätzung und Berauschung die menschliche Zivilisation
vom Pfad des Friedens abbringen werden, ganz gleich, wie sehr sich die Menschen
nach Frieden auf der Welt sehnen mögen. Wenn die Grundsätze des Bhagavatam
gepredigt werden, gewöhnen sich die Menschen von selbst an Entsagung, innerliche
und äußerliche Sauberkeit, Barmherzigkeit gegenüber den Leidenden
und Wahrhaftigkeit im täglichen Verhalten. Dies ist der Weg, die Makel der
menschlichen Gesellschaft zu entfernen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr
stark vorherrschen. (Shrimad-Bhagavatam 1.17.24)
idanim
dharma padas te satyam
nirvartayed yatah tam jighrikshaty
adharmo yam anritenaidhitah kalih
"Du stehst jetzt nur
noch auf einem Bein, nämlich deiner Wahrhaftigkeit, und humpelst so Irgendwie
umher. Doch der Zank in Person [Kali], der durch Betrug blüht, versucht auch
dieses Bein zu zerstören."
ERLÄUTERUNG: Die Grundsätze der Religion fußen nicht
auf Dogmen oder von Menschen gemachten Formeln, sondern auf vier vorrangigen regulierenden
Vorschriften, nämlich Entsagung, Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit.
Die Masse der Menschen muss dazu erzogen werden, diese Prinzipien von Kindheit
an zu beachten. Entsagung bedeutet, freiwillig etwas auf sich zu nehmen, was für
den Körper nicht sehr angenehm sein mag, jedoch die spirituelle Erkenntnis
fördert, wie zum Beispiel Fasten. Zwei oder viermal im Monat zu fasten ist
eine Art der Entsagung oder Entbehrung, die man nur um der spirituellen Erkenntnis
willen freiwillig annehmen sollte, und nicht für politische oder andere Zwecke.
Fasten, das nicht der Selbsterkenntnis dient, sondern einem anderen Zweck, wird
in der Bhagavad-gita (17.5-6) verurteilt.
In ähnlicher Weise ist auch Sauberkeit notwendig, sowohl für den Geist
als auch für den Körper. Körperliche Sauberkeit allein mag zu einem
gewissen Grade hilfreich sein; aber auch die Sauberkeit des Geistes ist erforderlich.
Sie wird durch die Lobpreisung des Höchsten Herrn bewirkt. Niemand kann den
im Geiste angesammelten Staub entfernen, ohne den Höchsten Herrn zu lobpreisen.
Eine gottlose Zivilisation kann den Geist nicht läutern, weil sie keine Vorstellung
von Gott hat, und aus diesem einfachen Grund können die Menschen in einer
solchen Zivilisation keine guten Eigenschaften besitzen, mögen sie in materieller
Hinsicht auch noch so gut ausgestattet sein.
Wir müssen die Dinge
nach ihren Auswirkungen beurteilen. Die Auswirkung der menschlichen Zivilisation
im Zeitalter des Kali ist Unzufriedenheit, und deshalb sehnt sich jeder nach innerem
Frieden. Diesen inneren Frieden gab es im Satya-Zeitalter, weil die Menschen damals
die oben genannten Eigenschaften besaßen. Allmählich verringern sich
diese Eigenschaften im Treta-yuga auf drei Viertel, im Dvapara auf die Hälfte
und im Zeitalter des Kali auf ein Viertel. Mit der Zeit werden sie durch zunehmende
Unehrlichkeit weiter abnehmen. Durch falschen oder echten Stolz geht Entsagung
verloren; durch zu große Anhaftung an die Gemeinschaft mit Frauen geht Sauberkeit
verloren; durch zu große Sucht nach Rauschmitteln geht Barmherzigkeit verloren,
und durch zu viel Lügenpropaganda geht Wahrhaftigkeit verloren.
Die Wiederbelebung des bhagavata-dharma kann die menschliche Zivilisation davor
bewahren, allen möglichen Übeln zum Opfer zu fallen. (Shrimad-Bhagavatam
1.17.25)
suta
uvaca abhyarthitas
tada tasmai sthanani kalaye
dadau dyutam panam striyah
suna yatradharmash catur-vidhah
"Suta Goswami sprach:
Als Maharaja Parikshit so von der Persönlichkeit des Kali gebeten wurde,
gab er ihm die Erlaubnis, an Orten zu wohnen, die für Glücksspiel, Trinken,
Prostitution und das Schlachten von Tieren bestimmt waren." ERLÄUTERUNG:
Die grundlegenden Prinzipien der Gottlosigkeit, wie Stolz, Prostitution, Berauschung
und Falschheit, wirken den vier Grundsätzen der Religion, nämlich Entsagung,
Sauberkeit, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, entgegen. Die Persönlichkeit
des Kali bekam die Erlaubnis, an vier Orten zu leben, die der König besonders
erwähnte, und zwar an dem Ort des Glücksspiels, dem Ort der Prostitution,
dem Ort des Trinkens und dem Ort, an dem Tiere geschlachtet werden.
Shrila Jiva Goswami weist darauf hin, dass das Trinken gegen die Prinzipien der
Schriften wie den sautramani-yajna die Gemeinschaft mit Frauen außerhalb
der Ehe sowie das Töten von Tieren gegen die Anweisungen der Schriften gottlose
Handlungen sind. In den Veden gibt es zwei Arten von Vorschriften: einmal für
die pravrittas oder diejenigen, die dem materiellen Genuss ergeben sind, und zum
anderen für die nivrittas das heißt diejenigen, die von der materiellen
Knechtschaft befreit sind. Die vedischen Vorschriften für die pravrittas
sind dafür bestimmt, deren Tätigkeiten allmählich zu läutern
und sie auf den Pfad der Befreiung zu führen. Aus diesem Grund wird denen,
die sich auf der niedrigsten Stufe der Unwissenheit befinden und Wein, Frauen
und Fleisch ergeben sind, manchmal das Trinken durch die Darbringung des sautramani-yajna
die Gemeinschaft mit Frauen durch Heirat und das Fleischessen durch Opfer empfohlen.
Solche Empfehlungen in der vedischen Literatur sind jedoch nur für eine bestimmte
Klasse von Menschen gedacht, nicht für alle. Aber weil es diese Vorschriften
der Veden für bestimmte Menschen gibt, werden solche Tätigkeiten der
pravrittas nicht als adharma angesehen.
Des einen Nahrung mag für einen anderen Gift sein; in ähnlicher Weise
kann das, was den Menschen in der Erscheinungsweise der Unwissenheit empfohlen
wird, für diejenigen in der Erscheinungsweise der Tugend Gift sein. Shrila
Jiva Goswami bestätigt daher, dass die Empfehlungen in den Schriften für
eine bestimmte Klasse von Menschen niemals als adharma oder gottlos betrachtet
werden dürfen. Im Grunde jedoch sind solche Tätigkeiten adharma, und
man darf niemanden dazu ermutigen. Die Empfehlungen in den Schriften sollen solchen
adharma nicht fördern, sondern den nicht zu umgehenden adharma regulieren,
um die betreffenden Menschen auf diese Weise allmählich auf den Pfad des
dharma zu führen. (Shrimad-Bhagavatam 1.19.38)
dharmasya
te bhagavatas tri-yuga tribhih svaih
padbhish caracaram idarim dvija-devatartham
nunam bhritarim tad-abhighati rajas tamas ca
sattvena no varadaya tanuva nirasya
"O Herr, Du bist die
Verkörperung aller Religion. Daher manifestierst Du Dich in drei Zeitaltern
und beschützt so das Universum, das aus beseelten und unbeseelten Wesen besteht.
Durch Deine Gnade, die von der Eigenschaft reiner Tugend ist und alle Segnungen
gewährt, vertreibe bitte die Elemente der rajas und tamas, um den Halbgöttern
und Zeimalgeborenen eine Gunst zu erweisen."
ERLÄUTERUNG: [...] Die vier Kumaras waren sich ihrer Lage
in den Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit bewusst, da sie, obwohl
in Vaikuntha, die Geweihten des Herrn verfluchen wollten. Da sie sich ihrer Schwachheit
bewusst waren, beteten sie zum Herrn, Er möge ihre noch bestehende Leidenschaft
und Unwissenheit von ihnen nehmen. Die drei transzendentalen Qualifikationen -
Sauberkeit, tapasya und Barmherzigkeit - sind die Eigenschaften der Zweimalgeboren
en und der Halbgötter.
Diejenigen, die sich nicht in der Erscheinungsweise der Tugend befinden, können
diese drei Grundsätze spiritueller Kultur nicht akzeptieren. Für die
Mitglieder der Bewegung für Krishna-Be-wusstsein gibt es daher drei sündhafte
Handlungen, die verboten sind - nämlich unzulässige sexuelle Beziehungen,
Berauschung und das Essen von Nahrung, die nicht prasada oder Krishna geopfert
ist. Diese drei Verbote gründen auf den Prinzipien der tapasya, Sauberkeit
und Barmherzigkeit.
Gottgeweihte sind barmherzig, da sie die armen Tiere verschonen, und sie sind
sauber, weil sie von der Verunreinigung durch unerwünschte Nahrung und unerwünschte
Gewohnheiten frei sind. Tapasya wird durch ein eingeschränktes Geschlechtsleben
repräsentiert. Diese Grundsätze, auf die in den Gebeten der vier Kumaras
hingedeutet wird, sollten von den Geweihten, die sich im Krishna-Bewusstsein betätigen,
befolgt werden. (Shrimad-Bhagavatam 3.16.22)
Wie aus der folgenden Übersicht hervorgeht, kann eine sündhafte Handlung
mehreren religiösen Prinzipien entgegenwirken. Z.B. bedeutet das Essen von
Fleisch sowohl einen Verlust an Barmherzigkeit als auch an Entsagung. Unzulässige
Sexualität bedeutet Verlust an Reinheit wie auch Enthaltsamkeit.
Religiöse
Prinzipien |
Irreligiöse
Prinzipien |
1. Entsagung |
Stolz (andere
Lebewesen unterdrücken, wie z.B. Tiere töten) |
2. Reinheit |
Unzulässige
Sexualität |
3. Barmherzigkeit |
Berauschung |
4. Wahrhaftigkeit |
Lügenpropoaganda |
(SB 1.17.25)
1. Entsagung |
Unregulierte
Sexualität |
2. Reinheit |
unerwünschte
Narhung
unerwünschte Gewohnheiten |
3. Barmherzigkeit |
Fleischessen |
4. Wahrhaftigkeit |
- |
(SB 3.16.22)
1. Entsagung |
Berauschung |
2. Reinheit |
unzulässige
Sexualität |
3. Barmherzigkeit |
Fleischessen |
4. Wahrhaftigkeit |
Glücksspiel |
|