Die Brahma-saṁhitā ist die von Brahmā, dem ersten Lebewesen und Schöpfer des Universums, gesungene Hymne zur Verehrung seines Herrn, Śrī Krishna. Lord Brahmā wurde auf dem Lotos geboren der aus dem Nabel Śrī Viṣṇus wuchs.
Lord Brahmā,
der auf dem Lotus geborene,
welcher aus dem Nabel Garbhodakaśāyī Viṣṇus sprießt
Aus dem Nabel Garbhodakaśāyī Viṣṇus spriesst eine goldene Lotosblume, die so hell wie tausend Sonnen strahlt. Diese Lotosblume ist das Behältnis aller bedingten Seelen und das erste Lebewesen das aus dieser Lotosblume geboren wurde war der 4-köpfige Brahmā. Wenn es manchmal eine Knappheit an Lebewesen gibt die qualifiziert für den Posten Brahmās sind, erweitert sich Śrī Viṣṇu selber als Brahmā. Als Brahmā, der erste spirituelle Meister dieses Universums, den Ursprung der Lotosblume nicht ausfindig machen konnte, war er verwirrt darüber, wie er die materielle Welt schöpfen solle. Als er so nachdachte hörte er plötzlich zwei Silben aus dem Nichts erklingen: ta-pa (Entsagung). Er suchte sofort nach der Quelle dieser Silben, aber da er nichts fand, hielt er es für klug sich auf seiner Lotosblume niederzusetzen und - wie unterwiesen - Entsagungen auszuüben. Dies tat er für 1000 Jahre der Halbgötter und ist demzufolge als der grösste Asket bekannt. Ein weiterer Name Brahmās ist Svayambhu (der, der ohne Mutter und Vater geboren wurde). Da Viṣṇu sehr mit seiner Entsagung zufrieden war, offenbarte Er sich, wie auch Sein transzendentales Reich Vaikuṇṭha, Brahmā. Daraufhin wurde Brahmā von Freude überwältigt, seine Augen füllten sich mit Tränen und er verneigte sich vor seinem Herrn. Als Viṣṇu Brahmā so sah, hielt Er ihn für würdig Lebewesen zu erschaffen und gewährte ihm jegliche Segnung. Daraufhin verehrte Brahmā seinen Herrn mit folgender Hymne:
Śrī Brahma-saṁhitā
Brahmās Gebete an Śrī Kṛṣṇa
TEXT 1 īśvaraḥ paramaḥ kṛṣṇaḥ
sac-cid-ānanda-vigrahaḥ
anādir ādir govindaḥ
sarva-kāraṇa-kāraṇam
"Kṛṣṇa, den man als Govinda kennt, ist der höchste Herr. Er besitzt einen ewigen, glückseligen, spirituellen Körper. Er ist die Ursache aller Ursachen. Er selbst hat keine andere Ursache." (Brahma-saṁhitā 5.1)
TEXT 29 cintāmaṇi-prakara-sadmasu kalpa-vṛkṣa-
lakṣāvṛteṣu surabhir abhipālayantam
lakṣmī-sahasra-śata-sambhrama-sevyamānaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, den ersten Schöpfer, der die Kühe hütet, der alle Wünsche erfüllt, in Reichen, die aus spirituellen Edelsteinen erbaut sind, umgeben von Millionen von Wunschbäumen, Dem immer mit großer Achtung und Zuneigung Hunderte und Tausende von Lakṣmīs (Glücksgöttinen) und gopis (Kuhhirtenmädchen) dienen." (Brahma-saṁhitā 5.29)
TEXT 30 veṇuṁ kvaṇantam aravinda-dalāyatākṣam-
barhāvataṁsam asitāmbuda-sundarāṅgam
kandarpa-koṭi-kamanīya-viśeṣa-śobhaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, Der meisterhaft auf Seiner Flöte spielt - mit leuchtenden Augen gleich blühenden Lotosblütenblättern, Dessen Haupt die Pfauenfeder schmückt, Dessen schöne Gestalt mit der Farbe blauer Wolken getönt ist, und Dessen einzigartige Lieblichkeit Millionen von Liebesgöttern betört. (Brahma-saṁhitā 5.30)
TEXT 31 ālola-candraka-lasad-vanamālya-vaṁśī-
ratnāṅgadaṁ praṇaya-keli-kalā-vilāsam
śyāmaṁ tri-bhaṅga-lalitaṁ niyata-prakāśaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, um Dessen Hals eine Girlande aus Blumen schwingt, die vom Mondmedallion verschönert wird, Dessen beide Hände mit der Flöte und Edelsteingeschmeiden geschmückt sind, Der Sich immer in den Spielen der Liebe vergnügt und Dessen anmutige, dreifach geschwungene Gestalt als Śyāmasundara ewiglich offenbar ist. (Brahma-saṁhitā 5.31)
TEXT 32 aṅgāni yasya sakalendriya-vṛtti-manti
paśyanti pānti kalayanti ciraṁ jaganti
ānanda-cinmaya-sad-ujjvala-vigrahasya
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, dessen transzendentale Gestalt voller Glückseligkeit, Wahrheit und ewigem Sein ist und daher den strahlendsten Glanz verbreitet (Brahmajioti, Brahmanausstrahlung). Jedes einzelne seiner transzendentalen Körperglieder birgt sämtliche Funktionen aller anderen Organe und Sinne in sich, und er sieht, manifestiert und erhält ewiglich die unbegrenzte Zahl aller spirituellen und materiellen Universen." (Brahma-saṁhitā 5.32)
TEXT 33 advaitam acyutam anādim ananta-rūpam
ādyaṁ purāṇa-puruṣaṁ nava-yauvanaṁ ca
vedeṣu durlabham adurlabham ātma-bhaktau
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den Urersten Herrn, der die ursprüngliche Person ist, absolut, unfehlbar und ohne Anfang, obwohl in unzählige Formen erweitert, ist Er dennoch der gleiche Ursprüngliche, der Älteste und die Person, die immer in blühender Jugend erscheint. Solch ewige, glückselige, allwissende Formen des Herrn werden gewöhnlich nicht einmal von den besten vedischen Gelehrten verstanden, doch reinen, unverfälschten Gottgeweihten sind sie immer sichtbar." (Brahma-saṁhitā, 5.33)
TEXT 37 ānanda-cinmaya-rasa-pratibhāvitābhis
tābhir ya eva nija-rūpatayā kalābhiḥ
goloka eva nivasaty akhilātma-bhūto
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den Urersten Herrn, der in Seinem Reich Goloka zusammen mit Rādhā weilt, die Seiner eigenen spirituellen Gestalt gleicht und die die ekstatische Kraft [hlādinī-śakti] verkörpert. Ihre Gefährtinnen sind Vertraute Rādhās, die Erweiterungen Ihrer eigenen körperlichen Gestalt verkörpern und die von ewig glückseligem spirituellem rasa erfüllt und durchdrungen sind." (Brahma-saṁhitā, 5.37)
TEXT 38 premāñjana-cchurita-bhakti-vilocanena
santaḥ sadaiva hṛdayeṣu vilokayanti
yaṁ śyāmasundaram acintya-guṇa-svarūpaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den Urersten Herrn, der immer von dem Gottgeweihten gesehen wird, dessen Augen mit dem Balsam der Liebe gesalbt sind. Er wird in Seiner ewigen Gestalt des Śyāmasundara gesehen, die im Herzen der Gottgeweihten weilt." (Brahma-saṁhitā, 5.38)
TEXT 39 rāmādi-mūrtiṣu kalā-niyamena tiṣṭhan
nānāvatāram akarod bhuvaneṣu kintu
kṛṣṇaḥ svayaṁ samabhavat paramaḥ pumān yo
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den Urersten Herrn, der Sich immer in vielfachen Inkarnationen wie Rāma und Nṛsiṁha und auch vielen Sub-Inkarnationen befindet, der aber die ursprüngliche Persönlichkeit Gottes, bekannt als Kṛṣṇa, ist und der Sich auch persönlich inkarniert." (Brahma-saṁhitā, 5.39)
TEXT 40 yasya prabhā prabhavato jagad-aṇḍa-koṭi-
koṭiṣv aśeṣa-vasudhādi vibhūti-bhinnam
tad brahma niṣkalam anantam aśeṣa-bhūtaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, dessen Ausstrahlung der Ursprung des undifferenzierten, unteilbaren, unbegrenzten brahman ist, aus dem zahllose materielle Universen mit ihren verschiedenen Reichtümern hervorgehen." (Brahma-saṁhitā, 5.40)
TEXT 46 dīpārcir eva hi daśāntaram abhyupetya
dīpāyate vivṛta-hetu-samāna-dharmā
yas tādṛg eva hi ca viṣṇutayā vibhāti
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda den urersten Herrn, der Sich Selbst als Śrī Viṣṇu verkörpert (transzendentaler Körper), ähnlich wie eine brennende Kerze, die eine zweite Kerze zum Brennen bringt: Obwohl das Licht der zweiten Kerze getrennt von der ersten existiert, ist es doch von gleicher Art wie das Licht der ersten Kerze." (Brahma-saṁhitā 5,46)
TEXT 47 yaḥ kāraṇārṇava-jale bhajati sma yoga-
nidrām ananta-jagad-aṇḍa-sa-roma-kūpaḥ
ādhāra-śaktim avalambya parāṁ sva-mūrtiṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre den ur-ersten Herrn, Govinda. Als Mahā-Viṣṇu liegt ER auf dem Meer der Ursachen, und aus seinem transzendentalen Körper gehen alle Universen hervor, während ER im (yoga-nidrā) mystischen Schlummer der Ewigkeit liegt." (Brahma-saṁhitā 5.47)
TEXT 52 yac-cakṣur eṣa savitā sakala-grahāṇāṁ
rājā samasta-sura-mūrtir aśeṣa-tejāḥ
yasyājñayā bhramati sambhṛta-kāla-cakro
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, auf dessen Anordnung die Sonne, der König aller Planeten, ihre Reise vollführt auf dem Rad der Zeit [Kāla-Chakra]. Die Sonne, voll unendlicher Leuchtkraft, das Abbild der guten Seele, ist wie das Auge des Herrn in dieser Welt. (Brahma-saṁhitā, 5.52)
TEXT 54 yas tv indragopam athavendram aho sva-karma-
bandhānurūpa-phala-bhājanam ātanoti
karmāṇi nirdahati kintu ca bhakti-bhājāṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
"Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, der alle Wesen, vom Himmelsherrscher Indra bis zur Ameise, den Früchten ihres Karmas entsprechend, ihrem Schicksal zuführt, der aber das Karma derer völlig verbrennt, die Ihm in Liebe (Bhakti) hingegeben sind." (Brahma-saṁhitā 5,54)
TEXT 56 śriyaḥ kāntāḥ kāntaḥ parama-puruṣaḥ kalpa-taravo
drumā bhūmiś cintāmaṇi-gaṇa-mayi toyam amṛtam
kathā gānaṁ nāṭyaṁ gamanam api vaṁśī priya-sakhi
cid-ānandaṁ jyotiḥ param api tad āsvādyam api ca
sa yatra kṣīrābdhiḥ sravati surabhībhyaś ca su-mahān
nimeṣārdhākhyo vā vrajati na hi yatrāpi samayaḥ
bhaje śvetadvīpaṁ tam aham iha golokam iti yaṁ
vidantas te santaḥ kṣiti-virala-cārāḥ katipaye
"Ich verehre das höchste Reich, Goloka, in dem Vrajendra Nandana Śrī Kṛṣṇa der einzige Liebhaber und die Kuhhirtenmädchen, die Verkörperungen aller Lakṣmīs, Seine Geliebten sind; wo jeder Baum ein transzendentaler wunscherfüllender Baum ist, die Erde aus Wunschsteinen besteht und das Wasser unsterblich machender Nektar ist; wo jedes Wort Gesang ,jeder Schritt ein Tanz und die Flöte der liebste Freund ist; wo das Licht voller Wissen und Frohsinn und alles voll köstlicher Empfindungen ist; wo göttliche Ozeane von Milch von den Eutern unzähliger wunscherfüllender Kühe fließen, die Gegenwart ewig existiert und sich daher nicht mal ein halber Moment in der Vergangenheit verliert. Nur wenige Heilige können dieses Land sehen und nur die Barmherzigkeit Śrī Kṛṣṇas lässt einen das Wesen von Vraja verstehen." (Brahma-saṁhitā 5.56)
Lord Brahma,
der Lotus-geborene, empfängt die Einweihung durch Seinen Herrn, Shri Krishna.
Er sitzt auf dem Lotus, der aus dem Nabel von Garbhodakashayi-Vishnu hervorging.
Dies alles geschah noch vor dem sekundären Schöpfungsakt
Die Brahma-samhita ist die von Brahma, dem Schöpfer des
Universums, gesungene Hymne zur Verehrung seines Herrn, Shri Krishna.
Lord Brahma, der auf dem Lotos geboren wurde der aus dem Nabel Shri Vishnus wuchs,
empfing am Anfang der kosmischen Zeiten nach einer langen Phase der Meditation
die Einweihung von Shri Krishna. Er ist auch der erste Vertreter der Schülernachfolge
der Hare-Krishna-Bewegung. In der Brahma-samhita trägt Brahma alle wesentlichen
Schlussfolgerungen dieser Schülernachfolge vor und vermittelt seine Schau der
spirituellen Wirklichkeit.
Ein Teil dieser Hymne wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts
entdeckt. Folgende Begebenheit wird berichtet:
Shri Chaitanya, Krishna in Seiner goldenen Form als Gottgeweihter, pilgerte
ungefähr von 1510 bis 1512 AD durch Südindien, um Liebe zu Gott zu verbreiten.
Von Puri wanderte Er nach Süden, wo Er heilige Orte wie Shri Ranga-kshetra,
Setubandha, Rameshvara und schliesslich Kanyakumari (Kap-Komorin) besuchte. Dann
wandte Er sich nach Norden, reiste am Ufer des Flusses Payashvini entlang, der
sich im Travancore-Staat befindet, und erreichte dann den Tempel Adi-Keshavas
im Gebiet von Trivandrum.
Shri Chaitanyas wichtigster Biograph, Krishnadasa Kaviraja Gosvami, berichtet,
dass Chaitanya, als Er die Bildgestalt Adi-Keshavas (Krishnas) im Tempel erblickte,
von spiritueller Ekstase überwältigt wurde, herzzerreissende Gebete
darbrachte und voll Ergriffenheit sang und tanzte - ein wunderbarer Anblick, der
von den dortigen Gottgeweihten mit Erstaunen und Freude aufgenommen wurde.
Nachdem Shri Chaitanya mit einigen überaus fortgeschrittenen
Gottgeweihten esoterische, spirituelle Themen erörtert hatte, entdeckte Er
das fünfte Kapitel der Brahma-samhita. Dieses eine Kapitel ist heute als
die Brahma-samhita bekannt, obwohl das Gesamtwerk aus 100 Kapiteln besteht. 99
Kapitel sind der Menschheit heute unbekannt.
Als
Shri Chaitanya das Manuskript entdeckte, verspürte Er tiefe Ekstase und geriet
in einen intensiven mystischen Trancezustand, der sich nach Außen durch
Sturzbäche von Tränen, Zittern und Schweißausbrüche manifestierte.
Shri Chaitanya erklärte die Brahma-samhita zum allerwertvollsten Juwel,
beauftragte einen Schreiber, das Manuskript abzuschreiben, damit sie verbreitet
werden konnte.
Im Laufe der Zeit verbreitete sich die Brahma-samhita und wurde zu einem der
Haupttexte des Gaudiya-Vaishnava-Schrifttums. "Es gibt keine Schrift, die
im Hinblick auf die endgültige spirituelle Schlussfolgerung der Brahma-samhita
gleichkommt" begeisterte sich Krishnadas Kaviraja Gosvami. "In der Tat
ist diese Schrift die höchste Offenbarung der Herrlichkeit Govindas, denn
sie offenbart das höchste Wissen über Ihn. Da alle Schlussfolgerungen
kurz in der Brahma-samhita präsentiert werden, ist sie die Essenz aller Vaishnava-Literatur."
(Chaitanya-charitamrita, Madhya-lila 9.239 - 240)
Wir hoffen, dass wir die Brahma-samhita bald mit den Kommentaren von Shrila
Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakur in Deutsch vorlegen können. Bis dahin kann
man hier die komplette Englische Version lesen.
Hier noch einige Informationen zu den Versen. Die Verse 5.30 und 5.32 wurden
von George Harrison in dem Lied "Govinda
prayers" vertont, das in den Musik-Charts seinerzeit sehr weit oben rangierte.
Dieses Lied wird morgens in den Hare-Krishna-Tempeln abgespielt. Dieses Lied "Radha-Krishna-Tempel",
kann man hier anhören und kostenlos herunterladen.
Erläuterung zur Brahma-samhita von Shrila Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakura:
"Aus
Mangel an Geschmack für spirituelle Dinge entsteht in den Gemütern derjenigen,
die sich an weltliches Wissen gekettet haben, ein schwerwiegender Zweifel. Wenn
sie die Beschreibung der Spiele Krishnas vernehmen, glauben sie, die Wahrheit
über Krishna sei das Hirngespinst gewisser belesener Gelehrter, die sich
dieses mit Hilfe ihrer Einbildungskraft aus Material erschaffen haben, das sie
von weltlichen Prinzipien ableiteten. Mit dem Ziel, diesen schädlichen Zweifel
zu beseitigen, versucht Brahma in diesem und in den drei folgenden Versen, nachdem
er auf rationale Art und Weise zwischen den beiden Angelegenheiten, nämlich
Spirituelles und Materielles, unterschieden hat, das Verständnis des reinen
Spieles Krishnas zu vermitteln, das ihm durch seine unvermischte ekstatische Trance
zugänglich war. Brahma möchte sagen, dass die Gestalt Krishnas All-Existenz,
All-Wissen und All-Glückseligkeit ist, wohingegen alle weltlichen Erfahrungen
voll augenfälliger Unwissenheit stecken. Und obgleich zwischen beiden deutlich
unterschieden wird, ist die fundamentale Wahrheit nicht zu übersehen, dass
spirituelle Angelegenheiten den absoluten Ursprung darstellen. Besonderheit und
Vielfalt sind in diesem allzeit gegenwärtig. Durch sie kennzeichnen sich
das transzendentale Reich, die Gestalt, der Name, die Eigenschaft und die Spiele
Krishnas. Nur durch eine Person, die reines spirituelles Wissen besitzt und von
jeglicher Beziehung zu Maya frei ist, können diese liebreichen Spiele Krishnas
auch nur annähernd gewertschätzt werden.
Das spirituelle Reich, der Ort der Spiele, der von der cit-Energie ausgeht
und aus cintamani (transzendentalem Stein der Weisen) gebildet wird, und die Gestalt
Krishnas sind allesamt spirituell. So, wie Maya die verzerrte Reflektion der spirituellen
Energie darstellt, ist auch die von Maya (Unwissenheit) erschaffene Vielfalt eine
verzerrte Reflektion spiritueller Vielfalt. Es wird also in dieser materiellen
Welt nur eine bloße Ähnlichkeit zur spirituellen Mannigfaltigkeit wahrgenommen.
Trotz solcher Ähnlichkeit sind die beiden ganz und gar verschieden voneinander.
Das Ungesunde an der Materie ist ihre Fehlerhaftigkeit; aber im Spirituellen gibt
es Vielfalt, die von jedem Fehler und jeglicher Verunreinigung frei ist. Die Seele
und der Körper Krishnas sind miteinander identisch, der Körper und die
Seele gefallenener Lebewesen hingegen nicht. In der spirituellen Sphäre gibt
es keinerlei Unterschied, wie in dieser Welt, zwischen Körper und Seele,
zwischen Gliedmaßen und ihrem Besitzer, zwischen Attributen und dem Objekt,
welches diese besitzt. Bei den bedingten Seelen jedoch sind solche Unterschiede
Realität. Obgleich Krishna Gliedmaßen besitzt, ist jedes Seiner Gliedmaßen
die gesamte Entität. Er vollzieht alle verschiedenen Arten göttlicher
spiritueller Handlungen mit jedem einzelnen Seiner Gliedmaßen. Deswegen
ist Er ein unaufteilbar Ganzes und eine vollkommene transzendentale Wesenheit.
Sowohl die jiva-Seele als auch Krishna sind transzendental. In diesem Sinne
gehören sie der gleichen Kategorie an. Aber sie unterscheiden sich darin,
dass die transzendentalen Eigenschaften der jiva-Seele in unendlich winzigem Ausmaß
existieren, während sie in Krishna in ihrer umfassendsten Vollkommenheit
zu sehen sind. Jene Eigenschaften manifestieren sich in ihrer rechtmäßigen
Winzigkeit nur, wenn die jiva-Seele ihren unverfälschten spirituellen Status
wiedererlangt. Die jiva-Seele erlangt die engste Annäherung an die absolute
Identität nur, wenn durch die Gnade Krishnas die spirituelle Kraft ekstatischer
Energie in ihr erscheint. Dennoch bleibt Krishna aufgrund Seines Besitzes gewisser
einzigartiger Eigenschaften das Objekt universaler Verehrung. Diese vielfältigen
unvergleichlichen Eigenschaften manifestieren sich nicht in Narayana, dem Herrn
über Vaikuntha, oder in den urersten purusha-avataras oder in den höchsten
Göttern wie Shiva, ganz zu schweigen von den jivas.
Die unvergleichliche Schönheit Krishnas, des Höchsten Herrn von Goloka, wird
beschrieben. Krishna, die all-durchdringende Erkenntnis, hat eine eigene spirituelle
Gestalt. Die Gestalt Krishnas ist nicht eine phantasievolle Schöpfung der Einbildung,
die aus der Betrachtung der schönen Dinge dieser Welt hergestellt wurde. Was Brahma
in seiner ekstatischen Trance reiner Gotteshingabe sah, wird hier geschildert.
Krishna widmet Sich dem Spiel auf Seiner Flöte. Diese Flöte zieht durch ihren
betörenden musikalischen Klang die Herzen aller Lebewesen an. So, wie ein Lotosblatt
einen erfreulichen Anblick bietet, zeigen die beiden wunderschönen Augen Krishnas,
Der die Manifestation unserer spirituellen Sicht veranlasst, die unbegrenzte Pracht
und Schönheit Seines mondähnlichen Antlitzes. Die Lieblichkeit, die Sein Haupt
mit der Pfauenfeder schmückt, formt den entsprechenden Aspekt der spirituellen
Schönheit Krishnas. Wie eine Ansammlung blauer Wolken einen besonders wohltuenden,
freudespendenden Anblick bietet, so ist Krishnas Erscheinung analog von einer
spirituellen dunkelblauen Farbe getönt. Die Schönheit der Lieblichkeit Krishnas
ist weitaus betörender als die des Liebesgottes, millionenfach verstärkt."
(Brahma-samhita 5.30)