Eine Untersuchung der Quellen und Motive dieser Theorie
Über den Notowitsch-Bericht, Prof. Hassnains Angaben,
das Yuz-Asaf-Grab in Srinagar und das Turiner Grabtuch
Die
Suche nach den Quellen
Seit Anfang der achtziger Jahre sind im deutschsprachigen
Raum verschiedene Publikationen erschienen, die die Theorie
vertreten, Jesus habe für eine gewisse Zeit in Indien
gelebt. Hierbei gibt es zwei verschiedene Varianten: (1) Jesus
habe vor dem Beginn seines öffentlichen Wirkens, irgendwann
zwischen seinem zwölften und dreißigsten Lebensjahr,
Indien besucht. (2) Jesus sei nach der Kreuzigung nach Indien
und/oder Kaschmir gereist, da er die Kreuzigung überlebt
habe bzw. gar nicht gekreuzigt worden sei. In der Hauptstadt
von Kaschmir, Srinagar, könne heute noch sein Grab besucht
werden.
1981 berichtete Erich von Däniken in seinem Buch Reise
nach Kiribati von
seinem Besuch in Kaschmir, wo er einen Prof. Hassnain interviewte.
Dieser sagte über Jesu Tod und Grab in Kaschmir: "Die
Beweiskette ist lückenlos. Sie kann vor jedem Gericht
bestehen." (S. 219)
Bereits im Jahr 1973 war dieser Mann, Prof. Fida Mohammed
Hassnain, als Autorität in Deutschland zitiert worden,
nämlich in der deutschen Illustrierten STERN (Nr. 16,
"Jesus starb in Indien").
Ein ganzes Buch widmete damals der Autor Siegfried Obermeier
diesem Thema: Starb
Jesus in Kaschmir? Das Geheimnis seines Lebens und Wirkens
in Indien. Dieses
Buch wurde von demselben Verlag veröffentlicht, in dem
auch Erich von Dänikens erste Bestseller erschienen waren
(Econ-Verlag).
Große Resonanz fand dieses Thema, als im Jahr 1983 Holger
Kerstens Buch Jesus
lebte in Indien auf
den Markt kam.
Im Jahr 1984 berichtete eine andere deutsche Illustrierte,
die BUNTE (Nr. 47, "Wo starb Jesus wirklich?"),
über die Kaschmirreise einer dubiosen Forschungsgruppe
unter der Führung von Kurt Berna alias Hans Naber alias
John Reban. Dieser hatte bereits im Jahr 1957 eine Schrift
mit dem Titel "Jesus ist nicht am Kreuz gestorben"
veröffentlicht. Der BUNTE-Artikel ist allerdings etwas
kritisch, da der besuchte Prof. Hassnain sich damals gerade
in der peinlichen Lage befand, daß das von ihm angekündigte
Datum der Wiederkunft Jesu (21. März 1983) offensichtlich
falsch gewesen war.
Im Englischen hatte es schon früher diesbezügliche
Veröffentlichungen gegeben. 1976 erschien ein Buch von
A. Faber-Kaiser mit dem Titel Jesus
died in Kashmir. Auch
dieser beruft sich auf F. M. Hassnain und auf eine Schrift,
die vom Imam der Londoner Moschee, J. D. Shams, erstmals im
Jahr 1939 veröffentlicht worden war: The
Tomb of Jesus Christ in India. Diese
Spur führt zur islamischen Ahmadiyya-Splittergruppe,
die von Ghulam Ahmad (1839-1908) gegründet wurde. Dieser
hatte sich selbst als Messias bezeichnet und behauptete auch
als erster, Jesus sei in Srinagar begraben.
Es ist nun wichtig zu wissen, daß im Islam die Meinung
vorherrscht, Jesus sei nicht am Kreuz gestorben, sondern ein
anderer Mann sei an seiner Stelle gekreuzigt worden. Demgegenüber
behauptet der jüdische Talmud, Jesus sei sehr wohl am
Kreuz gestorben (in Folge einer gerechtfertigten Kreuzigung),
aber nicht auferstanden. In dieser wichtigen Frage widersprechen
sich also der Talmud und der Koran.
Neben den islamischen Quellen berufen sich die Vertreter der
Jesus-in-Indien-Theorie auch auf alte tibetische Schriften,
die der russische Journalist Nikolaj Notowitsch gesehen haben
will.
Wie glaubhaft ist Notowitschs Zeugnis? Was hat es mit dem
angeblichen Jesus-Grab in Srinagar auf sich? Wie fundiert
sind die Arbeiten von Obermeier, Kersten u. a.?
Als Antwort auf die vielen Diskussionen veröffentlichte
der deutsche Indologe und Tibetologe Dr. Günter Grönbold
im Jahr 1985 eine wissenschaftliche Kritik der genannten Bücher
und Autoren. Auf dieses 152-seitige Buch mit dem Titel Jesus
in Indien - Das Ende einer Legende (Kösel-Verlag,
München 1985) stützen sich die folgenden Ausführungen.
zurück
Die
Wahrheit über Notowitschs Bericht
Die meisten Autoren berufen sich ausführlich auf den
Reisebericht La
vie inconnue de Jésus-Christ von
Notowitsch, der im Jahr 1894 in Paris erschien. Im gleichen
Jahr erlebte dieses Buch mehrere Auflagen und wurde sogleich
in andere Sprachen übersetzt, u. a. auch ins Deutsche
(Die
Lücke im Leben Jesu, 1894).
Keiner der modernen Autoren scheint sich die Mühe gemacht
zu haben, dieses Buch selbst aufzutreiben und zu lesen,
ganz zu schweigen davon, die historischen Quellen zu untersuchen.
Der Fachmann Günter Grönbold hat dies jedoch getan,
und was dabei zu Tage kommt, ist zwar schon lange bekannt,
aber leider längst vergessen oder verschwiegen.
In seinem Buch berichtet der Kosaken-Offizier Notowitsch,
wie er als Korrespondent der Petersburger Zeitung "Novoje
vremja" im Jahre 1887 verschiedene buddhistische Klöster
in Kaschmir und Ladakh besucht habe. Er beschreibt seinen
beschwerlichen Weg nach Leh, der Hauptstadt von Ladakh,
er schildert, wie beim Dorf Haiena einer seiner Diener von
einem Panther angefallen und getötet wird; in verschiedenen
Klöstern hört er, daß Jesus bei den dortigen
Buddhisten bekannt und sehr angesehen sei, denn Jesus habe
selbst diese Gegend besucht, wie aus alten Schriften hervorgehe,
die ihm der Abt im Kloster von Hemis gezeigt und vorgelesen
habe: "zwei dicke, in Pappe gebundene Bücher".
Da Notowitschs Buch sogleich ein solch großes Aufsehen
erregte, blieb es nicht aus, daß weniger leichtgläubige
Fachleute diese Geschichte überprüfen wollten,
zumal die (angebliche) Reise des Herrn Notowitsch erst sieben
Jahre zurücklag.
Über Korrespondenz fragt der bekannte Indologe Max
Müller in Ladakhs Klöstern nach und findet bereits
Mitte 1894 heraus, daß dort ein Russe namens Notowitsch
nicht bekannt sei.
Im Sommer 1895 reist der englische Professor J. Archibald
Douglas nach Ladakh und versucht, Notowitschs Spuren zu
folgen. Doch im Dorf Haiena dementieren alle Bewohner, daß
dort in den vergangenen Jahren ein Mensch von einem Panther
gerissen worden sei; das sei noch nie vorgekommen, da es
dort gar keine Panther und auch sonst kaum Raubtiere gebe.
In Leh kann Prof. Douglas nachweisen, daß Notowitsch
dort tatsächlich durchgereist ist; doch im Kloster
Hemis kennt ihn niemand. Der Abt, der dort schon seit fünfzehn
Jahren dieses Amt innehat, erklärt gegenüber Prof.
Douglas eidesstattlich mit Unterschrift und Siegel, daß
Notowitsch nie bei ihnen gewesen ist, daß die Buddhisten
erst von den Europäern und Missionaren von Jesus gehört
haben, daß er nie jemandem aus einem Buch über
das Leben Jesu vorgelesen habe, da es in ihrem Kloster ein
solches Buch gar nicht gebe. Über andere Schilderungen
aus dem Notowitsch-Buch stellte der Abt entrüstet fest:
"Lüge, nichts als Lüge!" (Der Bericht
von Prof. Douglas erschien im April 1896 in der Fachzeitschrift
Orientalische
Bibliographie.)
Eine weitere und endgültige Entlarvung erfuhr Notowitschs
Buch im Oktober 1896, als der französische Executive
Engineer des
indischen Staates, A. Favre, der von 1886 bis 1889 in Kaschmir
stationiert gewesen war und Notowitsch im Oktober 1887 angetroffen
hatte, in der "Gazette de Lausanne" Details über
dessen Aufenthalt in Kaschmir veröffentlichte; nur
wenige Daten stimmen mit Notowitschs Reisebericht überein;
alle anderen sind mit den echten Reisedaten rundweg unvereinbar
und nur schon im Hinblick auf die Zeitangaben der angeblichen
Entdeckungsreise unmöglich: "Lügen und Aufschneiderei
... von Anfang bis Ende", so lautet das abschließende
Verdikt.
Dennoch wird Notowitschs Buch heute noch und immer wieder
als verläßlicher Bericht angeführt, insbesondere
von Kersten und Obermeier. Doch diese Autoren verschweigen
geflissentlich, daß Notowitsch in seinem Buch deutlich
zum Ausdruck bringt, daß Jesus am Kreuz gestorben
und auferstanden sei.
Günter Grönbold führt auch weitere Argumente
an, die zeigen, wie grundfalsch viele von Notowitschs Angaben
sind, z. B. über die Sprache der angeblichen Manuskripte,
die Form dieser "über 1500 Jahre alten"
Texte ("zwei dicke, in Pappe
gebundene
Bücher"!),
Angaben über Orte aus diesem angeblichen Bericht über
Jesu angebliche Reise (Orte, die es vor zweitausend Jahre
noch gar nicht gegeben hat!), usw.
Notowitsch war aber nicht einmal der erste, der mit einer
solchen Geschichte an die Öffentlichkeit getreten ist.
1863 hatte der Schriftsteller Ernest Renan (1823-1892) mit
seinem Buch Vie
de Jésus einen
großen Erfolg verzeichnet, und Notowitsch sagt, er
habe Renan gekannt und ihm sogar noch kurz vor dessen Tod
sein Manuskript gezeigt.
In diesem Zusammenhang müssen auch die Bücher
von Louis Jacolliot (1837-1890) erwähnt werden, denn
seine "indischen Studien", die er ab Mitte der
siebziger Jahre veröffentlichte, waren ebenfalls sehr
einflußreich gewesen und werden immer wieder zitiert,
bis zum heutigen Tag. Jacolliot war von 1865 bis 1868 als
Richter in Indien tätig gewesen und ging dann nach
Tahiti. Ab 1870 begann er dort, seine ersten indischen Wunderberichte
niederzuschreiben. Schon 1888, also noch zu Jacolliots Lebzeiten,
wurde nachgewiesen, daß er keine indischen Sprachen
beherrschte, schon gar nicht das Sanskrit, und daß
die meisten der Zitate, die er anführt, frei erfunden
sind. Einige der Schriften, die er gesehen und im Originaltext
studiert haben will, gibt es nicht einmal dem Titel nach!
Dennoch veröffentlichte er Bücher wie La
Bible dans l'Inde. Vie de Jezeus Christna. Obwohl
er in Wirklichkeit nur wenige Jahre in Indien gelebt hatte,
sagt er, er habe all seine sensationellen Erkenntnisse auf
langen Reisen in Indien gewonnen.
Eine Auferstehung feierten Jacolliots "Erkenntnisse"
in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus, als Mathilde
Ludendorff, die Frau von General Ludendorff, polemische
antikirchliche Werke veröffentlichte: Erlösung
von Jesus Christo und
Von
neuem Trug zur Rettung des Christentums. Dabei
beruft sie sich ausgiebig auf Jacolliot und lobt dessen
wissenschaftliche Arbeit, die von ihrem Vater, dem "Sanskritforscher"
Bernhard Spieß, geprüft und für richtig
befunden worden seien. Wie mittlerweile hinlänglich
nachgewiesen ist, hat auch Herr Spieß, genau wie Herr
Jacolliot, nie etwas von Sanskrit verstanden.
zurück
Jesu
Grab in Srinagar?
Der erste, der verkündete, das Grabhäuschen "Rauzabal"
in der Khanyar-Straße in Kaschmirs Hauptstadt Srinagar
sei das
Grab Jesu, war
Mirza Ghulam Ahmad (1839-1908).
Es lohnt sich, einiges über ihn zu wissen. Er war ein
religiöser Führer, der innere Stimmen hörte
und ab 1880 eigene Schriften zu verfassen begann. Günter
Grönbold schreibt: "1889 nimmt er aufgrund einer
göttlichen Offenbarung Anhänger an. Als er 1891
erklärt, er sei der Messias und der Mahdi (der letzte,
von den Moslems erwartete Prophet), und dann auch, er sei
die Wiedererscheinung Mohammeds, erfährt er Ablehnung
und Widerspruch von seiten des Islam. Später ernennt
er sich noch zum zurückgekehrten Jesus und ab 1904
zur Inkarnation des hinduistischen Krishna." (S. 44)
Im Jahr 1899 veröffentlichte er ein Buch in der Urdu-Sprache,
das später in der englischen Übersetzung den Titel
Jesus
in India trug.
Darin verkündete er die ihm zuteil gewordene Offenbarung,
Jesus habe die Kreuzigung dank eines Wunderöls überlebt
(das er, Ghulam Ahmad, sogar zum Verkauf anbot!); Jesus
sei in der Folge auf der Suche nach den verlorenen Stämmen
Israels nach Kaschmir gekommen (wo er diese Stämme
alle gefunden habe!); er sei 120 Jahre alt geworden und
sei in der Khanyar-Straße von Srinagar begraben worden,
wo man das Grab heute noch besuchen könne.
Dr. Grönbold analysiert kurz die gröbsten Fehlinformationen
und Absurditäten in Ahmads Argumentation und kommt
zum Schluß: "Es müßte somit klar
geworden sein, daß sich Leute wie Faber-Kaiser, Obermeier,
Kersten, STERN & Co nur zu Werbern der Ahmadiyya-Sekte machen,
wenn sie die Jesus-in-Indien-Legende propagieren"
(S. 47). Obwohl diese Stimmen durchaus ihre eigene Motivation
haben, dürfte das Propagieren der genannten "Sekte"
nicht deren Hauptmotiv sein. Doch da die einen den anderen
abschreiben, geht dabei die eigentliche Quelle unter, oder
sie wird, wie in Hinsicht auf den umstrittenen Gruppenführer
Ghulam Ahmad, einfach verschwiegen, und man bezeichnet lieber
Prof. Hassnain als Entdecker des Jesus-Grabes, weil "der
wissenschaftsgläubige Westen ihre Märchen eher
akzeptiert, wenn sie ein Professor erzählt hat, als
wenn deutlich würde, daß sie aus der Offenbarungsküche
eines selbsternannten Messias und Gründers einer islamischen
Sekte kommen. Und deshalb verschweigt man die Wahrheit schamhaft
und wohlweislich." (Grönbold, S.44)
zurück
Die
Geschiche des Srinagar-Grabes
Die von Ghulam Ahmad behauptete und von Hassnain, Kersten,
Obermeier usw. wiederholte Theorie besagt, der Prophet Yuz
Asaf, der in Srinagar an der Khanyar-Straße begraben
sei, sei in Wirklichkeit und Wahrheit niemand anders als
Jesus! "Yuz-Asaf und Yusu sind identisch mit dem Namen
Jesus, es sind die hiesigen Schreibweisen", erklärte
Prof. Hassnain seinem Gast Erich von Däniken gegenüber,
der dies wörtlich in seinem Buch Reise
nach Kiribati (S.
220) wiedergibt.
Auch Holger Kersten berichtet: "Immer wieder belegen
Details ..., daß Yuz Asaf und Jesus identisch sind."
(S. 177)
Ist der Fall wirklich so klar, wie von diesen Autoren behauptet
wird? Befindet sich in Srinagar das Grab Jesu = Yuz Asaf?
Diese Annahmen werden mittlerweile von einer nicht unbeträchtlichen
Anzahl Zeitgenossen als bewiesene und (natürlich vom
Vatikan) verheimlichte Tatsache anerkannt.
Um diese Frage fundiert zu beantworten und die erstaunlichen
Hintergründe kennenzulernen, muß etwas weiter
ausgeholt werden:
Gut zweihundert Jahre nach Jesu Kreuzigung hatten sich die
messianisch-christlichen Urgemeinden bereits an vielen Orten
im Nahen und Mittleren Osten, in Nordafrika und in (Süd)Europa
verbreitet. Auch zeichneten sich bereits verschiedene nachhaltige
Spaltungen und Gegenbewegungen ab. Eine Bewegung, die in
dieser Zeit neu entstand, war die des Persers Mani (215-273).
Er stammte aus einem persischen Königsgeschlecht, lebte
für längere Zeit im damals buddhistischen Indien,
trat nach seiner Rückkehr in seine Heimat als Stifter
einer neuen Religion auf, die als "Manichäismus"
bekannt (und bekämpft) wurde, und starb, als Häretiker
verurteilt, am Kreuz.
Hans Joachim Störig schreibt in seinem Standardwerk
Kleine
Weltgeschichte der Philosophie: "Der
Gnosis eng verwandt ist der Manichäismus, der ... das
Judentum schroff ablehnt und heidnische, nämlich persische
und indische Ideen mit christlichen verbindet ... Seine
Lehre, soweit sie aus geringfügigen Bruchstücken
seiner Schriften und aus späteren Berichten zu erkennen
ist, geht aus von der persischen Religion entnommenen Vorstellung
zweier von Ewigkeit her nebeneinander bestehender Reiche,
eines Reichs
des Lichts, beherrscht
vom göttlichen Vater des Lichts, und eines Reichs
der Finsternis, beherrscht
vom Vater der Finsternis - von Mani mit dem jüdischen
Jahwe identifiziert - und seinen Dämonen. Jesus erscheint
bei ihm als der aus dem Reiche des Lichts herabsteigende
Erlöser der Menschen./ Die Ethik des Manichäismus
fordert strengste Askese und ähnelt der buddhistischen."
(Fischer Taschenbuchausgabe Bd. 1, S. 224)
Buddha war fünfhundert Jahre vor Christus in Indien
erschienen. Im Verlauf der nachfolgenden Jahrhunderte breitete
sich die Religion des Buddha über ganz Indien aus,
erreichte von dort aus auch die umliegenden Gebiete, und
blieb für rund eintausend Jahre (bis zum Auftreten
des indisch-vedischen Reformators Sri Sankara anfangs des
9. Jahrhunderts
nach Christus) in Indien die vorherrschende Religion.
Mani lernte in Indien also den Buddhismus in seiner Blütezeit
kennen und brachte viele der Lehren und Legenden zurück
nach Persien. In diesem Umfeld des frühen Manichäismus
erzählte man sich unter diesem buddhistischen Einfluß
auch die Geschichte eines Heiligen, eines "Bodhisattva":
Ein Prinz wird von seinem Vater, dem König, gänzlich
von der Außenwelt abgeschirmt, weil eine Prophezeiung
ihm vorausgesagt hatte, sein Sohn werde nicht sein Nachfolger
werden, sondern werde sich der Religion zuwenden und ein
Asket werden. Trotz aller Vorkehrungen bekommt der Prinz
als heranwachsender Jüngling einmal einen Kranken,
einen Alten und einen Toten zu Gesicht. Aufgrund dieser
erschütternden Erkenntnis bekehrt sich der Prinz und
wird tatsächlich, wie prophezeit, ein Asket.
Heute erkennen wir in dieser Bodhisattva-Legende natürlich
sogleich das grundlegende Muster der Lebensgeschichte des
Gautama Buddha. Der Lehrer Mani wird in gewissen alten Texten
selbst als Bodhisattva bezeichnet. Allerdings war die Sprache
des Mani und des Manichäismus nicht Sanskrit, sondern
Persisch, und in dieser Sprache heißt Bodhisattva
Bôdisaf.
Diese manichäische Legende wurde später von anderen
Strömungen übernommen, insbesondere vom Islam
und vom Christentum. Im Arabischen hieß es dann natürlich,
dies sei die Geschichte eines zum Islam bekehrten Prinzen
namens Bûdhasaf, Yûdhasaf oder Yûzasaf.
Im Christentum erscheint diese Geschichte bereits im siebten
Jahrhundert als griechischer Roman, der dem Johannes
Damascenus (ca.
675-749) zugeschrieben wurde. Die Geschichte stammt auch
hier also erwiesenermaßen ebenfalls aus dem Nahen
Osten (Damaskus) und erzählt die Geschichte des indischen
Prinzen Josaphat, der vom königlichen Vater behütet
wird, weil dieser eine Prophezeiung gehört hat, der
dann aber nach dem Anblick eines kranken, eines alten und
eines toten Menschen sich Gott zuwendet und zum Christentum
findet. Dieser indische Josaphat wurde im Jahre 1583 von
der römisch-katholischen Kirche heiliggesprochen, und
der 27. November galt als der Tag des Hl. Josaphat. Erst
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die
katholische Kirche die Liste ihrer Heiligen bereinigt und
alle legendären Personen daraus entfernt. Unter den
gestrichenen Namen befindet sich auch der Hl. Josaphat,
von dem man heute weiß, daß es ihn in dieser
Form gar nie gegeben hat.
Während die manichäische Prinzengeschichte im
Christentum als Josaphat-Geschichte weiterlebte, wurde sie
auch in islamischen Kreisen weitererzählt. Die Legende
"Bilauhar wa-Budasaf" läßt den bekehrten
Prinzen als Heiligen in Kaschmir sterben. Als der Derwisch
Syed Abdur Rahman (genannt Bulbul
Shah)
im 14. Jahrhundert den Islam nach Kaschmir brachte, wurde
ein bis dahin hinduistisches Grab zu dem eines islamischen
Propheten erklärt, und der Volksglaube identifizierte
diesen Propheten dann bald einmal mit dem legendären
Prinzen Budasaf. Sechshundert Jahre später verkündet
Ghulam Ahmad, dieser Prinz sei identisch mit Jesus.
Seit diese Behauptung im Westen viele Gläubige findet
und geldbesitzende Touristen in die Hauptstadt lockt, verkünden
die Grabwächter natürlich ebenfalls, hier sei
"Isa Sahib" begraben. Diese Aussagen haben offensichtlich
nicht die geringste Beweiskraft und haben nichts, wie oft
behauptet, mit einer alten Überlieferung zu tun, denn
sie sind erst in den letzten Jahrzehnten laut geworden,
mit Herrn Hassnain als lautestem Verkünder.
Interessant ist, daß Notowitsch sich zweimal in Srinagar
aufgehalten hat, einmal sechs Tage lang, aber er schreibt
in seinem Jesus-Buch nichts von einem Jesus-Grab in Srinagar.
Er war eben zu früh dort gewesen (1887). Ghulam Ahmad
verkündete seine "Eingebung" erst zehn
Jahre später. Vor Ghulam Ahmad hatte offensichtlich
noch nie jemand von der Idee gehört, Budasaf/Yuzasaf
sei Jesus. Die angeblich alte verheimlichte Überlieferung
ist also gerade mal einhundert Jahre alt.
Hinzu kommt, daß es eine völlig willkürliche
Wortverfälschung ist, das persisch-arabisch-kaschmirische
Wort Yuzasaf als Yuz Azaf zu trennen, nur um mit "Yuz"
eine Silbe freizulegen, die entfernt wie Jesus (eigentlich:
Jeshua)
klingt. Das wäre vergleichbar mit der Schreibweise
"Johan Ness" für Johannes (vielleicht als
Parallele zu Loch Ness)!
Stimmt es also, was Holger Kersten gleich zu Beginn seines
Buches Jesus
lebte in Indien (S.
19) verkündet? "Erst heute kann man mit Sicherheit
behaupten, daß es, vom modernen Standpunkt der Leben-Jesu-Forschung
ausgehend, tatsächlich unmöglich ist, den Aufenthalt
Jesu in Indien zu widerlegen."
zurück
Der
Name Yuzasaf
Wie der philologische Nachweis zeigt, ist Yuzasaf die durch
Jahrhunderte hindurch veränderte und arabisierte Schreibweise
von Bodhisattva, was auch Holger Kersten zugibt:
"... erkennt man im Wort Judasaf das ursprüngliche
Budasaf, das nichts anderes bedeutet als "Bodhi sattva"
... Durch sprachliche Herleitung (J[B]udasaf) ist es nun
deutlich geworden, daß der islamische Prophet Yuz
Asaf in Wirklichkeit ein buddhistischer Bodhisattva war,
der im Zuge einer rigorosen Islamisierung großzügig
mitvereinnahmt wurde." (S. 149)
Aber eben: Dieser buddhistische Bodhisattva war Jesus! Dies
beweise nicht nur der auffällig ähnliche Name,
sondern auch die alte Überlieferung - und die deutliche
Abbildung von Nagelwundmalnarben auf der Fußdarstellung
beim Grab!
Die genannte Fußdarstellung (Holger Kersten veröffentlicht
ein Foto) erinnert aber sogleich an die typische indische
Tradition, der gemäß bei Gräbern von Heiligen
oft auch Fußdarstellungen mitangebracht werden. Diese
sind jedoch in vielen Fällen nicht echte Fußabdrücke,
sondern willkürlich geschaffene, oft sehr abstrakte
oder sogar schon kindliche Fußreliefs. Wer noch nie
in Indien war, kann sich dies nicht so leicht vorstellen.
Wer aber schon mal in Indien war, erkennt in den Yuz-Asaf-Fußsohlen
ebenjene indisch vereinfachte Darstellung.
Wenn man sich jedoch vor Augen führt, daß im
Islam jegliche bildliche Darstellung strikt abgelehnt wird,
bleiben zwei Erklärungen übrig: Entweder stammt
die Darstellung der Fußsohlen noch aus der vorislamischen
Zeit und wäre also schon über siebenhundert Jahre
alt, oder sie ist viel jüngeren Datums ...! Bezeichnenderweise
erwähnt Ghulam Ahmad dieses eigentlich willkommene
Indiz nicht. Das Verdienst, diese Fußdarstellung "freigelegt"
zu haben, kommt laut Holger Kersten Prof. Hassnain zu. Hätten
rigorose Moslems bei der Vereinnahmung des Hindu-Grabes
die pagane Idolatrie einer Hindufüßedarstellung
während siebenhundert Jahren einfach übersehen,
toleriert oder unzerstört stehen lassen?
Selbst wenn man die Theorie einer künstlich angebrachten
Touristenattraktion à la India einmal wegläßt,
ist die Narbeninterpretation sehr fragwürdig, denn
was als Narbe interpretiert wird, ist jeweils eine halbmondförmig
stilisierte Vertiefung zwischen den Zehen und den Fußballen.
Die Narben von Nagelwunden wären rund oder eckig und
würden sich nie so weit vorne befinden.
Noch einmal sei gezeigt, wie der Name "Yuz Asaf"
zustande kam:
Sanskrit: Bodhisattva
Persisch: Bôdhisaf
Arabisch: Bûdhâsaf/Bûdâsaf, dann:
Yâdhâsaf und Yûzâsaf (Dr. Grönbold:
"Der entscheidende Wechsel Bûdâsaf > Yûdâsaf
erfolgte also im Arabischen, bzw. genauer in der arabischen
Schrift, in der J und B sich nur durch einen Punkt unterscheiden
und deshalb leicht verschrieben werden konnte."
Griechisch: Ioasaph
Lateinisch: Josaphat
Demgegenüber weist Dr. Grönbold nach, daß
der Name Jesus nirgendwo als "Yuz" geschrieben
wird: Yeshua (aramäisch), Yehoshuah (hebräisch),
Isâ (arabisch), Yasû (in christlich-arabischen
Texten), Yisho (in manichäisch-iranischen Dialekten),
Ye-zu, Yi-shu oder Ye-shu (tibetisch), Yesu (Urdu), usw.
zurück
"Übersetzungen"
aus alten Texten
Wenn die genannten Autoren also in demselben Stil altindische
Texte, insbesondere das Bhavishya
Purana, anführen,
muß man ebenfalls sehr vorsichtig sein. Erstens sind
diese Zitate oft sehr willkürlich formuliert (von "übersetzt"
kann nicht mehr gesprochen werden), in Ahnlehnung an Louis
Jacolliots Methoden, und zweitens sind auch die indischen
Originale bei solchen Stellen nicht immer authentisch und
zuverlässig. In einigen angeblich sehr alten Sanskrittexten
wird z. B. gegen die Jainas polemisiert, eine Gruppe,
die es höchstens seit etwas mehr als zweitausend Jahren
gibt, und im Bhavisya
Purana wird
- direkt im Anschluß an die Stelle, die angeblich
Jesus in Indien beschreiben soll - auch Mohammed erwähnt,
und zwar als mahâmada, der "große Verrückte",
der mit König Bhoja (ca. 1000-1055 n. Chr.) Siva
verehrt habe; diesem König von Bhoja, der in keiner
Weise ein Zeitgenosse Mohammeds (571-632) gewesen sein kann,
sagt derselbige, er werde "auf Befehl des Isha"
die Religion der Dämonen einführen. (Das gleiche
Wort wird nur einige Verse zuvor von gewissen Autoren als
"Jesus" übersetzt.)
Dr. Grönbold führt unterschiedlichste Beispiele
für falsche und fehlinformierte Argumente an. So erkennt
Holger Kersten z. B. im Besuch der drei Könige
aus dem Morgenland eine deutliche Parallele zur tibetischen
Suche des neuen Dalai Lama. Jesus war ja ein Bodhisattva!
"Aber abgesehen davon, daß sich hier sachlich
völlig verschiedene Vorgänge abgespielt haben,
fällt die ganze Hypothese aus einem sehr simplen Grund
in sich zusammen: In Tibet wurde diese spezielle Inkarnationsnachfolge
erst im 15. Jh.
n. Chr. eingeführt."
Deshalb haben wir heute auch erst den 14.
Dalai
Lama!
"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", ist man
geneigt zu sagen. Wenn man etwas beweisen will, kann man
Informationen immer so drehen und darstellen, daß
sie dem eigenen vorgefaßten Willen entsprechen. Wenn
man sie unverfroren genug mit Selbstverständlichkeit
und Überzeugung vorträgt, stößt man
bei Leichtgläubigen und Uninformierten schnell auf
Glauben, der Mensch glaubt vor allem das, was er glauben
will.
zurück
Jesus
in Indien oder in Frankreich?
Die Behauptung, Jesus habe die Kreuzigung überlebt
und sei danach nach Indien/Kaschmir gegangen, hat heute
eine Kritik aus ganz unverhoffter Seite bekommen. Neue Autoren,
die gewissen westlichen Logenverbänden nahestehen,
haben in mehreren Bestsellern nun die Behauptung aufgestellt,
Jesus habe die Kreuzigung tatsächlich überlebt,
sei danach aber nicht etwa nach Indien, sondern nach Frankreich
gegangen. Dort habe er mit Maria Magdalena leibliche Nachkommen
gehabt, deren verstecktes Königsgeschlecht sich bis
in die heutige Zeit fortgepflanzt habe und demnächst
einen großen Schritt auf die Weltbühne plane.
Einige Autoren wollen sogar wissen, das große Geheimnis
in den Pyrenäen, das "Rätsel von Rennes-le-Château",
sei nichts anderes als das Grab
Jesu -
in Südwestfrankreich!
Was von diesen Darstellungen zu halten ist, worin der historische
Hintergrund besteht, wer hinter diesen Veröffentlichungen
steht und worauf dies hinauslaufen könnte, habe ich
bereits ausführlich im Buch Machtwechsel
auf der Erde zusammengefaßt
und analysiert.
Hier soll nur noch einmal in Erinnerung gerufen werden,
wie fragwürdig es grundsätzlich ist, daß
jemand eine Kreuzigung überlebt, vor allem wenn er
vorher auch noch blutig gegeißelt wurde. Der moderne
Mensch kann sich anscheinend kaum mehr vorstellen, was das
bedeutet. Und die Geißelung war nur eine von vielen
Torturen. Die schlimmste war unbestreitbar diejenige, in
der Nägel durch die Füße und Handgelenke
geschlagen wurden. Diese Verletzungen und der damit verbundene
Blutverlust sind tödlich, auch wenn die Nägel
steril, nicht rostig und desinfiziert gewesen wären.
Hinzu kommt noch der Lanzenstich in die Brust, ebenfalls
nicht mit einer desinfizierten Klinge. Selbst wenn Jesus
zum Zeitpunkt der Abnahme vom Kreuz "nur" in einem
Koma gewesen wäre, wäre er verblutet, da ja die
Nägel aus den Wunden gezogen wurden, oder wäre
an Blutvergiftung und Wundfieber gestorben. Hier einfach
zu sagen, Wunderöle (wie Ghulam Ahmad) oder vergessene
Wunderheilkünste der Essener seien zur Anwendung gekommen,
oder der Essig im Schwamm sei "in Wirklichkeit"
(laut Kersten) ein essenischer Heil- und Betäubungstrank
gewesen, vermag - gelinde gesagt - nicht zu überzeugen.
An dieser Stelle wird auch das Turiner Grabtuch in die Diskussion
gebracht. Verschiedene Indizien (Körperhaltung, Blutspuren
usw.) würden darauf hinweisen, daß der Mann,
der in dieses Tuch gelegt war, noch gelebt habe. Neben allen
fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten sei nur die eine
Frage angeführt: Wie kann ein blutverschmiertes Gesicht
eine dreidimensionale Negativabbildung hervorrufen? (Betupfen
Sie ihr Gesicht mit Farbe, mit oder ohne Schweiß und
Aloewunderöl, und legen Sie dann ein Tuch auf Ihr Gesicht.
Auch ohne Experiment ist klar, was dabei herauskommt: ein
unförmiger schattenhafter Farbklecks, in keiner Weise
vergleichbar mit dem Portrait auf dem Turiner Grabtuch.)
Und selbst wenn dieses Ganzkörperbild durch Blutabdruck
irgendwie zustande gekommen wäre - wie ist es möglich,
daß ein blutbeflecktes Tuch 2000 Jahre lang ohne Schimmel-
und Fäulnisansätze überdauert?
Solange nicht geklärt ist, wie das Bild wirklich auf
das Leinen kam, ist es auch müßig, ja sogar schon
irreführend, anhand dieses Tuches kriminologische Theorien
über den körperlichen Zustand des abgebildeten
Mannes an den Haaren herbeizuziehen.
zurück
Das
Turiner Grabtuch
(Interview)
Im Licht der nachfolgenden Ausführungen kann man selbst
versuchen, einige brisante Rückschlüsse auf die
Hintergründe der Jesus-in-Frankreich oder -Indien-Theorien
zu ziehen. Wer das Buch Machtwechsel
auf der Erde gelesen
hat, erkennt die Querverbindungen bestimmt sehr leicht.
(Aus der Zeitschrift Die
Furche, Juli
1995:)
Zweifelsfrei
aus der Zeit Christi
1988 meldeten die Medien, mit einem "sicheren"
Meßverfahren, die C-14-Methode,
sei nachgewiesen worden, daß das Turiner Grabtuch
aus dem Mittelalter stamme. Neuere Untersuchungen widerlegen
aber diese Behauptung. Die revidierten Ergebnisse der C-14-Methode
verlegen die Herkunft des Tuches in die Zeit Christi. Dank
der neusten Ergebnisse der Grabtuchforschung eröffnen
sich auch verblüffende Perspektiven für die Physik.
Dies betont der Diplomingenieur Joachim Andrew Sacco aus
Beverly Hills, der gegenwärtig [1995] einen Dokumentarfilm
über den neusten Stand der Grabtuchforschung dreht.
(Das Gespräch führte Christof Gaspari.)
Warum
war die Datierung deutlich zu korrigieren?
Joachim
Andrew Sacco:
Die Änderung ist darauf zurückzuführen, daß
das Grabtuch 1532 in einen Brand mit Temperaturen von rund
850 Grad geraten ist. Der Silberbehälter des Tuchs
begann zu schmelzen. Man untersuchte die Wirkung eines solchen
Feuers auf ein Tuch aus dem Jahr 200. Dabei lieferte die
C-14-Methode ein Ergebnis, das um 1400 Jahre verschoben
war. Die Laboratorien, die 1988 die C-14-Datierung vorgenommen
hatten, kamen nun selbst zu dem Schluß, das Grabtuch
müsse zumindest 1900 Jahre alt sein. Das steht seit
1993 fest.
Wurden
diese Ergebnisse veröffentlicht?
Ja, in wissenschaftlichen Publikationen. Die Medien aber
haben sich dafür nicht interessiert.
Gibt
es weitere neue Erkenntnisse über das Turiner Grabtuch?
Ja, über die Art, wie das Bild entstanden ist, und
über das Schicksal des Körpers im Tuch. Man kann
heute klar feststellen, daß sich hier ein einmaliger
Vorgang ereignet hat. Computersimulationen haben hierbei
eine bedeutende Rolle gespielt.
Was
wurde untersucht?
Im wesentlichen sind zwei Dinge zu nennen: das Bild, das
auf dem Tuch eingebrannt ist, und die Blutspuren. Die Blutuntersuchungen
kamen zu dem Schluß, daß es sich um menschliches
Blut handelt, höchstwahrscheinlich Blutgruppe AB. Man
fand eine XY-Chromosomen-Konfiguration, was auf eine männliche
Person schließen läßt. Aber noch entscheidender
ist, was das Bild aussagt.
Was
zeigte sich da?
Zunächst: Ein Mensch kann so ein Bild nicht erzeugen.
Unmöglich.
Können
Sie das erklären?
Man hat gemeint, es handle sich um Malerei. Aber: Man findet
keine Farbe, kein Pigment. Nächste Vermutung: Irgendeine
Säure sei im Spiel. In diesem Fall hätte man sehr
präzise arbeiten müssen, ohne aber das Bild sehen
zu können. Manches sieht man auf dem Tuch nur mit ultraviolettem
Licht. Außerdem ist das Bild dreidimensional kodiert.
Nicht einmal mit Methoden der Photographie läßt
sich das reproduzieren. Man hat sogar verschiedene Künstler
ersucht, Bilder zu malen, die dieselbe Information wie das
Grabtuch enthalten. Unmöglich. Außerdem gibt
es Staub und Schmutz an den Fersen, die man nur mit dem
Mikroskop sieht, und deren Untersuchung ergab, daß
sie aus Jerusalem stammen [d. h. sie enthalten Pollenarten,
die z. T. nur in dieser Gegend vorkommen].
Also
kein Bild aus dem Mittelalter?
Man hätte damals schon wissen müssen, wie man
ein Photonegativ erzeugt. Außerdem findet man im Mittelalter
auf allen Darstellungen der Kreuzigung, daß die Nägel
durch die Hände gehen. Auf dem Grabtuch aber gehen
sie durch die Handgelenke. Des weiteren finden wir auf dem
Tuch die Wunde auf der rechten Seite. Und da kommt eine
Menge Blut heraus. Das ist wichtig. Denn auf der linken
Seite des Herzens ist bei einem Toten kein Blut. Es konzentriert
sich auf der rechten Seite. Aber die Blutspuren stimmen
genau mit der Anatomie des Menschen überein. Das hätte
man aber nicht einmal vor einhundert Jahren durchschaut!
Heute verfügt man über eine Erklärung, die
alle offenen Fragen zu beantworten gestattet.
Wie
war das möglich?
Die Wissenschafter konnten im Test durch Computersimulation
nachweisen, daß der Körper im Grabtuch einen
Vorgang durchgemacht hat, der ihn in einen neuen Raum versetzt
hat. Die Struktur seiner Atome hat sich neugeordnet. Dieser
Körper trat in eine "Super-Ordnung" über.
Dabei wurde viel Energie abgestrahlt, die das Bild auf dem
Tuch erzeugt hat. Wir werden das alles detailliert im Film
The
Shroud genau
darstellen.
Was
Sie sagen, klingt ziemlich phantastisch. Können Sie
das näher ausführen?
Diese Schlußfolgerungen basieren auf Schlüsselbeobachtungen.
Ich erwähne einige von ihnen: Es haben sich nur die
Vorder- und die Rückseite des Körpers abgebildet.
Die Seitenansicht fehlt. Sollte aber eine Kraft vom Körper
ausgegangen sein, müßte sie überhallhin
strahlen. So war klar: Die Schwerkraft mußte eine
Rolle gespielt haben. Ein anderer Schlüssel war die
Lage der Blutspuren im Vergleich zu den Wunden auf dem Bild.
Je näher sie zum Zentrum des Bildes sind, um so näher
sind sie auch zu den Wunden, und umgekehrt. Und noch etwas:
Das Bild ist nur ganz schwach eingeprägt, nur auf den
ganz obersten Fasern gibt es Veränderungen. Sie reichen
nie tiefer als einige Mikron. Dank neuester Einsichten der
Quantenmechanik konnte man eine Modellvorstellung über
das Geschehen entwickeln, die mit allen erwähnten Beobachtungen
in Einklang gebracht werden kann.
Und
wie läßt sich diese kennzeichnen?
Gemäß dieser Theorie hätte sich im Körper
eine extrem unwahrscheinliche, aber aufgrund der physikalischen
Gesetze denkbare Konfiguration der subatomaren Teilchen
vollzogen, wodurch sich all diese Beobachtungen erklären
lassen.
Eine
Neuordnung der subatomaren Teilchen im Körper?
Ja. Sobald dieser Vorgang einsetzt (wir wissen aber nicht,
warum dies geschieht), wäre er nicht aufzuhalten. Er
würde zum Übergang in eine "Super-Ordnung"
führen. Bei diesem Vorgang wird eine Energie von mehreren
Hundert Joule pro Quadratzentimeter abgestrahlt.
Ist
diese Neuordnung nicht ein sehr gewagtes Denkmodell?
Alle bisherigen Paradoxa können dadurch jetzt erklärt
werden: Die
Neuordnung der Partikel führte dazu, daß das
Tuch richtiggehend durch den Energie abstrahlenden Körper
gefallen ist.
Durch
den Körper?
Ja. Das stimmt mit den Gesetzen der Physik überein
und hat zur Folge, daß jene Partien des Tuches, die
mit dem Körper in Berührung waren, mehr Strahlung
abbekamen als andere. Außerdem erklärt es auch,
warum das Bild der Vorderseite deutlicher ist als das der
Rückseite. Auch der Umstand, daß wir nichts von
den Seitenpartien des Körpers sehen, wird ebenso verständlich
wie die perfekte dreidimensionale Abbildung.
Und
dabei entstand eine "Super-Ordnung"?
Ja. Im bisher meßbaren Universum wissen wir, daß
alles zum Chaos tendiert. So besagt es das zweite Gesetz
der Thermodynamik. Im Zustand der "Super-Ordnung"
gibt es diese Neigung zur Unordnung nicht. Das Grabtuch
trägt somit Merkmale, die auf einen Zustand jenseits
von Zeit und Raum schließen lassen.
Wie
stehen Sie persönlich zu diesen Ergebnissen?
Den Wissenschaftern, mit denen ich zu tun habe (rund vierzig
Forscher, die sich seit 1978 mit diesem Themenkreis befassen
- Ärzte, Hämatologen, Physiker, Ingenieure aus
verschiedenen Sparten, Archäologen, Historiker usw.)
und die sich mit dem Fragenkomplex beschäftigen, ist
es wie mir ergangen: Sie gelangten zu der Überzeugung,
daß die Auferstehung tatsächlich stattgefunden
hat. Wir haben einfach die Evidenz dafür vor uns. Da
sprechen die Tatsachen.
Sind
die Forscher, die am Grabtuch arbeiten, gläubig?
Einer von ihnen hat mir erzählt, daß es ihm wie
vielen seiner Kollegen gegangen ist: Zu Beginn ihrer Tätigkeit
meinten sie, rasch nachweisen zu können, daß
es sich um einen Schwindel handle. Kaum aber hatten sie
sich näher mit der Thematik befaßt, mußten
sie ihre Meinung ändern. Viele dieser Forscher haben
im Zuge ihrer Arbeit tiefe Bekehrungen erlebt.
zurück
Zusatzinformation
Der Schweizer Kriminologe Prof. Max Frei untersuchte im
Jahr 1973 Staub aus den Fasern des Turiner Grabtuches. Er
entdeckte darin 49 verschiedene Pollenarten, d. h.
Blütenstaub, darunter 13 Pollenarten von Pflanzen,
die ausschließlich in Palästina vorkommen. Einige
Pollen konnte er nicht identifizieren. Er fand dann im Schlamm
des Toten Meeres diese Pollen, und zwar gehören sie
Pflanzenarten, die heute verschwunden sind, aber vor zweitausend
Jahren in Palästina existierten.
Ein weiterer Hinweis auf das Alter und die Echtheit des
Grabtuches ergab eine neue Entdeckung: Da das Bild eine
dreidimensionale Struktur aufweist, ließ sich mit
Computertechnik eine Reliefvergrößerung des Antlitzes
anfertigen, und dabei entdeckte man auf den Augen zwei erhöhte
Kreise, die inzwischen als Geldstücke aus der Zeit
von Pontius Pilatus identifiziert werden konnten! Auf einer
der beiden Münzen ließen sich sogar die Reste
der Inschrift erkennen, nämlich die Buchstaben UCAI.
Tatsächlich trug die Pilatus-Münze die griechische
Aufschrift TIBERIOU KAISAROS. Nur einmal, im Jahre 29, hat
der Münzenhersteller einen Prägefehler gemacht
und schrieb TIBERIOU CAISAROS, in Anlehnung an das lateinische
"Caesar". Heute sind nur noch drei Exemplare dieser
Fehlprägung vorhanden, doch gerade diese damals neu
geprägte Münze wurde auf die Augenlieder des Eingehüllten
gelegt, wie dies damals der Brauch war (aus: "Das Turiner
Grabtuch - Neue Beweise für die Echtheit, Magazin
2000, Nr. 128/129,
Juni/Juli 1998).
Dieses neu entdeckte Detail widerlegt einmal mehr die Behauptung,
das Bild sei durch Schweiß und Ausdünstungen
des noch lebenden Körpers in chemischer Wirkung mit
Heilölen auf das Leinen gekommen; unbelebte Gegenstände
wie Münzen wären dadurch nicht abgebildet worden,
zumindest nicht mit Details der Prägung!
Die Entdeckung der Dreidimensionalität des Bildes geht
auf die Arbeit der amerikanischen Physiker J. Jackson und
E. Jumper zurück, die zur wissenschaftlichen Forschungsgruppe
The
Shroud of Turin Research Project (STURP)
gehörten und 1973 mit ihren bahnbrechenden Untersuchungsergebnissen
an die Öffentlichkeit traten. Sie wiesen nach, daß
das Bild auf dem Grabtuch nicht bloß aus biochemischen
Abdrücken besteht, sondern daß es durch Strahlung,
d. h.
durch einen Lichtblitz entstanden ist, der dreidimensional
aus dem Körper des Gekreuzigten hervorgekommen sein
muß. Berechnungen ergaben, daß dies ein Strahlenblitz
von nur etwa 2/1000-Sekunden gewesen war. Ein Diapositiv
vom Grabtuch wurde in einen Bildanalystor VP8 gesteckt,
und auf dem Bildschirm erschien ein dreidimensionales Reliefbild
des Gesichts.
Einen noch weiterführenden Erklärungsansatz liefert
der im Interview zitierte Joachim Andrew Sacco. Ein Lichtblitz
allein hätte auch die Seiten des Körpers abbilden
müssen, und der Körper hätte zwar geblitzt,
aber wäre immer noch im Tuch gelegen. Saccos Erklärung
wäre in der Lage, auch diese letzten Rätsel zu
lösen. Damit führt die Forschung der Physik jedoch
direkt in den Bereich der Metaphysik.
Ist es also verwunderlich, daß das Grabtuch für
viele Menschen als Beweis für die physische Auferstehung
Jesu bezeichnet wird? Entstand das mysteriöse dreidimensionale
Photobild im Stoff dadurch, daß Jesu Körper bei
seiner Auferstehung am frühen Ostermorgen "verklärt"
und "verherrlicht" wurde, wodurch das Grabtuch
durch seinen Körper hindurchfiel oder, genauer gesagt,
sein Körper durch das Tuch hindurchging? Wer waren
dann die zwei leuchtend weißen Gestalten, die am Ostermorgen
im oder beim Grab gesehen wurden, und was war ihre Funktion
gewesen?
Man erinnere sich, daß am 12. April 1997 ein (weiterer?)
Brandanschlag auf dieses Tuch verübt wurde, der ohne
Wunder auch zum satanischen Ziel geführt hätte:
das Grabtuch ein für allemal zu vernichten. An vier
Stellen brach das Feuer in der Turiner Kirche aus, und erst
nach einer halben Stunde, als die Kirche schon lichterloh
brannte, kam die Feuerwehr. Es ist allein der inneren Stimme
eines einfachen Feuerwehrmannes zu verdanken, daß
dieser mitten durch die Flammen ging und den Behälter
mit dem Tuch bergen und herausholen konnte. In der Folge
erschien in Italien sogar ein Buch des Turiner Sachbuchautors
Renzo Baschera mit dem Titel Le
srofezie della santa Sindone - L'ultimo incendio annuncia
l'Anticristo? ("Die
Prophezeiungen des heiligen Grabtuchs - Ist der letzte Brand
eine Ankündigung des Antichrist?")
In diesem Buch untersucht der Autor die überlieferten
Berichte, die besagen, im 16. oder 17. Jahrhundert hätten
mehrere Pilger bei Gebeten vor dem Grabtuch innere Stimmen
gehört. Heute noch rätselhaft sind die prophetischen
Verse eines französischen Pilgers namens Gerard oder
Gerald, die dieser um 1575 vor dem Grabtuch niedergeschrieben
haben soll. In diesen Nostradamus-ähnlichen Versen
wird das zukünftige Schicksal der Menschheit mit Stichwörtern
skizziert. In ihnen findet sich auch ein Hinweis auf einen
großen Brand in einer Zeit, in der die Päpste
zwei Namen haben werden, was damals noch unvorstellbar war;
in dieser Zeit werde es zur entscheidenden Auseinandersetzung
zwischen den satanischen und göttlichen Kräften
kommen, auf der ganzen Welt, vor allem aber auch in Rom.
Anfang