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Sri Krishnas Herabkunft und Geburt

Krishna wird gebadet

1 / Die Ankunft Sri Krishnas

Es gab eine Zeit, da war die Welt mit übermäßig angewachsenen Streitmächten verschiedener Könige überladen, die in Wirklichkeit Dämonen waren, sich aber als Mitglieder des königlichen Standes ausgaben. Da zu jener Zeit die ganze Welt gestört war, begab sich die herrschende Gottheit der Erde, Bhumi, zu Brahma, um ihm von der bedrohlichen Situation zu berichten, in die sie aufgrund der dämonischen Könige geraten war. Bhumi nahm die Gestalt einer Kuh an und erschien mit Tränen in den Augen vor Brahma. Sie war zutiefst bekümmert und weinte, um sein Mitleid zu erwecken, und sie erzählte ihm von den fürchterlichen Zuständen auf der Erde. Als Brahma ihre Schilderung hörte, war er sehr betroffen, und so beschloß er, sich sofort zum Milchozean zu begeben, wo Sri Visnu residiert. Brahma wurde von allen Halbgöttern begleitet, allen voran Siva, und Bhumi folgte ihnen. Als sie ans Ufer des Milchozeans kamen, begann Brahma Gebete zu sprechen, um Sri Visnu günstig zu stimmen, welcher schon vor langer Zeit einmal den Erdplaneten vor dem Untergang gerettet hatte, indem Er die transzendentale Gestalt eines Ebers annahm.

In den vedischen mantras gibt es ein besonderes Gebet, Purusa-sukta genannt, das im allgemeinen die Halbgötter chanten, um Visnu, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, ihre Ehrerbietungen darzubringen. Man muß in diesem Zusammenhang verstehen, daß sich die herrschende Gottheit jedes Planeten an den höchsten Halbgott des Universums, Brahma, wenden kann, wenn Störungen auf dem jeweiligen Planeten auftreten. Brahma seinerseits kann sich dem Höchsten Herrn, Visnu, nähern, jedoch nicht direkt, sondern vom Ufer des Milchozeans aus. Es gibt im Universum einen Planeten namens Svetadvipa, und auf diesem Planeten befindet sich ein Ozean aus Milch. Aus den vedischen Schriften erfahren wir, daß es auf anderen Planeten verschiedene Arten von Ozeanen gibt, ähnlich wie auf unserem Planeten einen Ozean aus Salzwasser. So gibt es die verschiedensten Ozeane, wie zum Beispiel einen Ozean aus Milch, einen Ozean aus Öl, einen Ozean aus Alkohol und viele andere. Purusa-sukta ist das Standardgebet, das die Halbgötter sprechen, um die Höchste Persönlichkeit Gottes, Ksirodakasayi Visnu, günstig zu stimmen. Weil Er auf dem Milchozean ruht, wird Er Ksirodakasayi Visnu genannt. Er ist der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, von dem alle Inkarnationen in diesem Universum ausgehen.

Die Halbgötter brachten also das Purusa-sukta-Gebet dar, doch sie vernahmen keine Antwort. Daraufhin versank Brahma persönlich in Meditation, und so empfing er eine Botschaft von Visnu, die er dann an die Halbgötter weitergab. Das ist das System, vedisches Wissen zu empfangen. Das vedische Wissen wurde zuerst Brahma mitgeteilt, dem es die Höchste Persönlichkeit Gottes durch das Herz offenbarte. Dies wird auch am Anfang des Srimad-Bhagavatam erwähnt: tene brahma hrda — das transzendentale Wissen der Veden wurde Brahma in das Herz eingegeben. Ebenso konnte auch in diesem Fall nur Brahma die Botschaft verstehen, die von Visnu übermittelt wurde, und er gab sie an die Halbgötter weiter, damit diese sofort dementsprechend handeln konnten. Die Botschaft lautete: Der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, wird sehr bald zusammen mit Seinen unvergleichlich mächtigen Energien auf der Erde erscheinen, und solange Er auf dem Erdplaneten bleibt, um Seine Mission, die Vernichtung der Dämonen und die Errettung der Geweihten, zu erfüllen, sollen auch die Halbgötter dort sein, um Ihn zu unterstützen. Sie alle sollen sich sofort darauf vorbereiten, in der Yadu-Dynastie geboren zu werden, in der auch der Herr sehr bald erscheinen werde.

Die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krishna, erschien als der Sohn Vasudevas. Bevor Er erschien, kamen alle Halbgötter mit ihren Frauen in verschiedenen frommen Familien auf die Erde, um den Herrn bei der Ausführung Seiner Mission zu unterstützen. Das genaue Wort, das hier gebraucht wird, lautet tat-priyartham; es bedeutet, daß die Halbgötter auf der Erde erschienen, um den Herrn zu erfreuen. Mit anderen Worten, jedes Lebewesen, das sein Leben nur dazu benutzt, den Höchsten zufriedenzustellen, ist ein Halbgott. Die Halbgötter wurden außerdem darüber informiert, daß die vollständige Erweiterung Krishnas, Ananta, der die Planeten des Universums mit Seinen Millionen von Köpfen in der Schwebe hält, ebenfalls vor der Ankunft Sri Krishnas auf der Erde erscheinen werde. Auch die äußere Energie Visnus (maya), die alle bedingten Seelen bezaubert, werde erscheinen, um Krishna, dem Höchsten Herrn, behilflich zu sein.

Nachdem Brahma allen Halbgöttern, auch Bhumi, diese Botschaft mitgeteilt und sie mit wohlmeinenden Worten beruhigt hatte, kehrte er, der Vater aller prajapatis (Vorväter der Bevölkerung im Universum), zu seinem Residenzort auf dem höchsten materiellen Planeten zurück, der Brahmaloka genannt wird.

Der Führer der Yadu-Dynastie, König Surasena, regierte über das Land Mathura (den Distrikt Mathura) sowie über den Distrikt Surasena. Unter der Herrschaft Surasenas wurde Mathura die Hauptstadt aller Yadu-Könige. Mathura wurde auch aus dem Grund zur Hauptstadt gewählt, weil die Yadus eine sehr fromme Familie waren und wußten, daß Mathura der Ort ist, an dem Sri Krishna, genau wie in Dvaraka, ewig lebt.

Es war am Tag, an dem Vasudeva, der Sohn Surasenas, Devaki heiratete, als er, Vasudeva, nach der Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten zusammen mit seiner jungen Braut auf eine Kutsche stieg, um nach Hause zu fahren. Der Vater Devakis, Devaka, der seine Tochter sehr liebte, hatte eine beträchtliche Mitgift beigesteuert, worunter sich unter anderem Hunderte von Kutschen befanden, die vollkommen mit Gold ausgestattet waren. Um seine Schwester Devaki zu erfreuen, hatte sich Kamsa, der Sohn Ugrasenas, anerboten, die Zügel von Vasudevas Wagen selbst zu lenken und das Brautpaar nach Hause zu fahren. Wenn ein Mädchen heiratet, bringt der Bruder nach vedischem Brauch die Schwester und den Schwager zu ihrem neuen Heim. Weil das frisch verheiratete Mädchen unter der Trennung von der Familie ihres Vaters leiden könnte, begleitet sie ihr Bruder bis zum Hause des Schwiegervaters. Die von Devaka beigesteuerte Mitgift bestand aus insgesamt vierhundert mit goldenen Girlanden geschmückten Elefanten, fünfzehntausend geschmückten Pferden und eintausendachthundert Kutschen. Außerdem hatte er zweihundert wunderschöne Mädchen ausgesucht, die seine Tochter begleiten sollten. Das ksatriya-System der Heirat, das in Indien noch heute Gültigkeit hat, besagt, daß bei der Heirat eines ksatriya zusammen mit der Braut einige Dutzend der Freundinnen der Braut zum Hause des Königs gehen. Die Begleiterinnen der Königin werden zwar Dienerinnen genannt, doch in Wirklichkeit sind sie ihre Freundinnen. Dieses System ist seit unvordenklichen Zeiten Brauch und läßt sich mindestens bis zur Zeit vor der Ankunft Sri Krishnas vor fünftausend Jahren zurückverfolgen. Vasudeva brachte also zusammen mit seiner Frau noch zweihundert schöne Mädchen mit nach Hause.

Während Braut und Bräutigam in der Kutsche dahinfuhren, wurden die verschiedensten Instrumente gespielt, um das glückverheißende Ereignis zu begleiten. Es ertönten Muschelhörner, Fanfaren, Trommeln und Pauken, die sich zu einem wohlklingenden Konzert vereinten. Die Hochzeitsgesellschaft war in freudiger Stimmung, und Kamsa lenkte den Wagen, als plötzlich eine geheimnisvolle Stimme vom Himmel ertönte, die besonders an Kamsa gerichtet war: "Kamsa, du Narr, du lenkst die Kutsche deiner Schwester und deines Schwagers und weißt nicht, daß das achte Kind deiner Schwester dich töten wird!"

Kamsa will seine Schwester Devaki umbringenKamsa, der Sohn Ugrasenas, gehörte zur Bhoja-Dynastie, und es wird gesagt, daß er der dämonischste aller Könige der Bhoja-Dynastie war. Sowie er die Prophezeiung vom Himmel hörte, packte er Devaki bei den Haaren und zückte sein Schwert, um sie töten. Vasudeva war entsetzt, als er Kamsas Verhalten sah, doch um den grausamen, schamlosen Schwager zu besänftigen, richtete er mit großer Klarheit und Ruhe die folgenden Worte an ihn: "Mein lieber Kamsa, mein Schwager, du bist der berühmteste König der Bhoja-Dynastie, und jeder weiß, daß du ein tapferer Krieger und ein großer König bist. Wie kommt es, daß du dermaßen in Wut gerätst, daß du sogar bereit bist, eine Frau, die noch dazu deine Schwester ist, an ihrem Hochzeitstag zu töten? Warum hast du so große Angst vor dem Tod? Dein Tod wurde schon bei deiner Geburt mit dir geboren. Seit dem Tag, an dem du geboren wurdest, begannst du zu sterben. Du bist jetzt vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt; das bedeutet, daß du schon fünfundzwanzig Jahre lang gestorben bist. In jedem Moment, in jeder Sekunde stirbst du — warum solltest du also Angst vor dem Tode haben? Der Tod ist unvermeidlich. Du magst heute oder in hundert Jahren sterben — dem Tod kannst du nicht entrinnen. Warum solltest du dich also fürchten? In Wirklichkeit bedeutet der Tod lediglich die Vernichtung des gegenwärtigen Körpers. Sobald der Körper funktionsunfähig wird und sich mit den fünf Elementen der materiellen Natur vereinigt, nimmt das Lebewesen, das sich im Körper befunden hat, je nach seinen früheren Taten einen anderen Körper an. Es ist wie mit einem Mann, der auf der Straße geht: Er setzt einen Fuß vor, und wenn er sicher ist, daß der Fuß auf festem Grund steht, hebt er den anderen Fuß. In ähnlicher Weise wandert die Seele von einem Körper zum anderen. Oder schau dir eine Raupe an, wenn sie vorsichtig von einem Zweig zum anderen kriecht. Ebenso wechselt das Lebewesen seinen Körper, sobald höhere Autoritäten über den nächsten Körper entscheiden. Solange ein Lebewesen in der materiellen Welt gefangen ist, muß es immer wieder, Geburt für Geburt, einen materiellen Körper annehmen. Der nächste Körper, den man erhält, wird durch die Gesetze der Natur entsprechend den Handlungen und den daraus resultierenden Reaktionen des vorherigen Lebens bestimmt.

Unser gegenwärtiger Körper gleicht genau den Körpern, die wir in unseren Träumen annehmen. Während wir schlafen, schaffen wir im Traum mit dem Geist die verschiedensten Körper. In unserer Erinnerung befinden sich viele Bilder von Dingen, die wir schon gesehen haben, wie zum Beispiel Gold und einen Berg, und so schaffen wir im Traum durch die Verbindung dieser beiden Bilder einen goldenen Berg. Manchmal träumen wir auch, fliegen zu können, und so vergessen wir unseren eigentlichen Körper völlig. Ebenso wechseln wir unseren materiellen Körper. Wenn du einen neuen Körper annimmst, vergißt du den alten. Während eines Traumes können wir so viele verschiedene Körper schaffen, doch wenn wir erwachen, vergessen wir sie alle wieder. Und in Wirklichkeit sind auch unsere grobstofflichen Körper nichts anderes als Schöpfungen unseres Geistes — nur können wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr an unsere vergangenen Körper erinnern.

Der Geist ist von Natur aus unstet. Manchmal nimmt er etwas an, und dann lehnt er es kurze Zeit später wieder ab. Annehmen und Ablehnen sind die Tätigkeiten des Geistes in Verbindung mit den fünf Objekten der Sinnenbefriedigung: Form, Geschmack, Geruch, Klang und Berührung. Wenn der ruhelose, ständig spekulierende Geist mit den Sinnesobjekten in Berührung kommt, entwickelt das Lebewesen nach und nach den Wunsch nach einem bestimmten Körper, den es dann bekommt. Auf diese Weise ist unser Körper ein Geschenk der Gesetze der materiellen Natur. Das Lebewesen kommt in die materielle Welt und nimmt einen Körper an, um dann entsprechend der Beschaffenheit des Körpers zu genießen und zu leiden. Ohne Körper können wir, trotz unserer mentalen Neigungen, die wir aus dem vorherigen Leben geerbt haben, weder genießen noch leiden. Der Körper, den man annimmt, wird von dem Bewußtsein bestimmt, in dem man sich zur Stunde des Todes befindet.

Leuchtende Planeten wie die Sonne, der Mond und die Sterne spiegeln sich auf Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Wasser, Öl oder Butterfett, und ihr Spiegelbild bewegt sich zusammen mit den Flüssigkeiten. Der Mond spiegelt sich auf der Oberfläche eines Sees, und wenn sich das Wasser bewegt, scheint sich auch der Mond zu bewegen, obwohl er sich in Wirklichkeit nicht bewegt. In ähnlicher Weise nimmt das Lebewesen durch die Tätigkeit seines Geistes verschiedene Arten von Körpern an, obwohl es in Wirklichkeit mit solchen Körpern nichts zu tun hat. Doch weil sich das Lebewesen in Illusion befindet, bezaubert durch den Einfluß mayas, glaubt es, zu einem bestimmten Körper zu gehören. Auf diese Weise bleibt die Seele gefangen in ihrem bedingten Dasein. Wenn sich ein Lebewesen beispielsweise in einem menschlichen Körper befindet, glaubt es, es gehöre zur menschlichen Gesellschaft, zu einem bestimmten Land und zu einem bestimmten Ort. Es identifiziert sich mit all diesen Dingen und bereitet sich somit auf einen weiteren Körper vor, den es im Grunde nicht benötigt. Solche Neigungen und Vorstellungen sind die Ursachen der verschiedenen Körper. Der illusionierende Einfluß der materiellen Natur ist so stark, daß das Lebewesen in jedem Körper, den es erhält, zufrieden ist und sich freudig mit ihm identifiziert. Daher bitte ich dich — laß dich nicht vom Diktat deines Geistes und deines Körpers überwältigen!"

Mit diesen Worten bat Vasudeva Kamsa, auf seine neuvermählte Schwester nicht neidisch zu sein. Man sollte auf niemanden neidisch sein, denn Neid führt dazu, daß man sowohl im gegenwärtigen als auch im nächsten Leben, wenn man vor Yamaraja (Halbgott der Bestrafung nach dem Tod) steht, von großen Ängsten gequält wird. Vasudeva wandte sich im Namen Devakis an Kamsa und hielt ihm vor Augen, daß sie seine jüngere Schwester sei. Er erinnerte ihn auch daran, daß heute ein besonderer Tag sei. Eine jüngere Schwester oder ein jüngerer Bruder sollten wie die eigenen Kinder beschützt werden. "Überdies wäre eine solche Tat sehr riskant", warnte Vasudeva seinen Schwager, "denn wenn du sie tötest, wirst du deinen guten Ruf verlieren."

Vasudeva versuchte, Kamsa sowohl durch gute Worte als auch durch philosophische Argumente zu beschwichtigen, doch Kamsa konnte nicht besänftigt werden, da er aufgrund seiner Gemeinschaft mit Dämonen von dämonischem Wesen war, obwohl er aus einer sehr hohen königlichen Familie stammte. Ein Dämon kümmert sich niemals um gute Ratschläge. Es ist wie mit einem geborenen Dieb: Man kann ihm zwar moralische Anweisungen erteilen, doch es wird nichts nützen. Ebenso wird jemand, der von Natur aus dämonisch und atheistisch ist, schwerlich eine gute Belehrung annehmen, ganz gleich, wie begründet sie auch sein mag. Darin unterscheidet sich ein Halbgott von einem Dämon. Diejenigen, die gute Ratschläge bereitwillig annehmen und versuchen, danach zu handeln, werden Halbgötter genannt, wohingegen diejenigen, die unfähig sind, solche Belehrungen anzunehmen, als Dämonen bezeichnet werden.

Krishna erscheint als 4 händige Vishnu FormNachdem der Versuch, Kamsa zu beruhigen, gescheitert war, fragte sich Vasudeva, wie er seine Frau Devaki beschützen könne. Wenn Gefahr droht, sollte ein intelligenter Mensch versuchen, der Gefahr so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Wenn es dann trotz aller intelligenten Bemühungen nicht gelingt, die Gefahr abzuwenden, trifft einen keine Schuld. Man sollte versuchen, seine Pflichten nach bestem Vermögen auszuführen, und wenn es einem trotzdem nicht gelingt, ist man nicht schuldig.

Vasudeva dachte bei sich: "Erst einmal will ich das Leben Devakis retten, und später, wenn einmal die Kinder da sind, werde ich sehen, wie ich auch sie retten kann." Er dachte weiter: "Wenn in der Zukunft ein Kind geboren wird, das imstande ist, Kamsa zu töten, so wie Kamsa glaubt, dann werden sowohl Devaki als auch das Kind in Sicherheit sein, denn die Vorsehung waltet auf unbegreifliche Weise. Doch jetzt will ich vorerst einmal versuchen, das Leben Devakis zu retten."

Man kann nicht mit Bestimmtheit sagen, auf welche Weise ein Lebewesen mit einem bestimmten Körper in Kontakt kommt, ebenso wie es keine Gewißheit gibt, auf welche Weise das lodernde Feuer bei einem Waldbrand mit einem bestimmten Baum in Berührung kommt. Es ist beobachtet worden, daß die Funken durch den Wind manchmal einen Baum überspringen und einen anderen erfassen. Ebenso mag ein Mensch sehr aufmerksam und mit peinlichster Genauigkeit seinen Pflichten nachkommen, doch es ist für ihn immer noch sehr schwierig, mit Bestimmtheit vorauszusagen, welche Art von Körper er im nächsten Leben erhalten wird. Maharaja Bharata zum Beispiel erfüllte auf vorbildliche Weise die Pflichten, die zur Selbstverwirklichung vorgeschrieben sind, doch zufällig entwickelte er eine vorübergehende Zuneigung zu einem Reh und mußte daher in seinem nächsten Leben den Körper eines Rehs annehmen.

Nachdem Vasudeva überlegt hatte, wie er seine Frau retten könne, wandte er sich mit großer Ehrfurcht an Kamsa, obwohl dieser der sündigste aller Sünder war. Manchmal ist es notwendig, daß ein so vortrefflicher Mensch wie Vasudeva einer niederträchtigen Person vom Schlage Kamsas schmeicheln muß. Das kann bei allen diplomatischen Verhandlungen vorkommen. Vasudeva gab sich also nach außen hin unbeschwert, obwohl er tief bekümmert war. Weil der gewissenlose Kamsa einen solch grausamen Charakter besaß, mußte sich Vasudeva mit folgenden Worten an ihn wenden: "Mein lieber Schwager, bitte bedenke, daß dir von deiner Schwester keinerlei Gefahr droht. Du fürchtest dich, weil du eine orakelhafte Stimme vom Himmel gehört hast; aber die Gefahr soll von den Söhnen deiner Schwester kommen, die doch noch gar nicht geboren sind. Und wer weiß, ob sie überhaupt jemals geboren werden? Wenn du all dies berücksichtigst, wirst du zugeben müssen, daß du zur Zeit in Sicherheit bist. Von deiner Schwester hast du ohnehin nichts zu befürchten. Und falls sie tatsächlich männlichen Kindern das Leben schenken sollte, so verspreche ich dir, jedes einzelne vor dich zu bringen, so daß du tun kannst, was du für nötig hältst."

Kamsa kannte den Wert von Vasudevas Ehrenwort, und da er außerdem durch dessen Argumente überzeugt worden war, beschloß er, seine Schwester vorerst nicht zu töten. Vasudeva war sehr erleichtert, und er lobte Kamsas Entscheidung. Auf diese Weise kehrte er nach Hause zurück.

Im Laufe der Zeit wurden Vasudeva und Devaki acht männliche Kinder und eine Tochter geboren. Vasudeva hielt sein Ehrenwort und erschien gleich nach der Geburt seines ersten Sohnes vor Kamsa. Vasudeva war für seine Tugendhaftigkeit und sein Ehrenwort weithin berühmt, und er wollte diesem Ruhm gerecht werden. Während es für Vasudeva jedoch sehr schmerzlich war, das Kind wegzugeben, war es für Kamsa eine große Freude, daß Vasudeva mit seinem Kind zu ihm gekommen war; doch als er Vasudeva so unglücklich sah, bekam er ein wenig Mitleid. Diese Szene ist beispielhaft: Für eine große Seele wie Vasudeva gibt es nichts, was zu schmerzhaft wäre, als daß es ihn von der Erfüllung seiner Pflicht abhalten könnte. Ein weiser Mensch wie Vasudeva führt seine Pflicht ohne Zögern aus. Auf der anderen Seite schreckt ein Dämon wie Kamsa vor keiner noch so abscheulichen Tat zurück. Es wird daher gesagt, daß es einem Heiligen nichts ausmacht, alle Arten von Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen; daß ein Gelehrter seine Pflicht erfüllen kann, ohne etwas dafür zu erwarten; daß ein verabscheuungswürdiger Mensch wie Kamsa zu jeder Sünde fähig ist und daß ein Gottgeweihter bereit ist, alles zu opfern, um die Höchste Persönlichkeit Gottes zu erfreuen.

Kamsa war mit Vasudeva zufrieden, und er war sehr überrascht, daß dieser sein Versprechen gehalten hatte. Mitleidig und erfreut zugleich sagte er: "Mein lieber Vasudeva, du brauchst mir dieses Kind nicht zu übergeben, denn es bedeutet keine Gefahr für mich. Es wurde mir gesagt, daß mich erst das achte Kind Devakis töten wird. Warum sollte ich dir also dieses Kind unnötig wegnehmen? Du kannst es behalten."

Als Vasudeva mit seinem erstgeborenen Kind nach Hause zurückkehrte, war er zwar erfreut, aber er konnte Kamsas Worten keinen Glauben schenken, denn er wußte, daß dieser unberechenbar war. Ein atheistischer Mensch kann nicht zu seinem Ehrenwort stehen. Wer seine Sinne nicht beherrschen kann, wankt in seinen Entschlüssen. Der große Politiker Canakya Pandita sagte einmal: "Traue niemals einem Diplomaten oder einer Frau." Wer der uneingeschränkten Sinnenbefriedigung verfallen ist, kann niemals ehrlich sein, und man kann ihm niemals trauen.

Zu jener Zeit kam der große Weise Narada zu Kamsa. Er wußte, daß Kamsa Mitleid mit Vasudeva bekommen und ihm sein erstgeborenes Kind zurückgegeben hatte. Narada war bestrebt, die Ankunft Sri Krishnas so weit wie möglich zu beschleunigen, und so teilte er Kamsa mit, daß sich alle Bewohner Vrindavanas — Nanda Maharaja, die Kuhhirten und deren Frauen und die Kuhhirtenmädchen — sowie Vasudeva, dessen Vater Surasena und alle Mitglieder der Familie Vrsnis in der Yadu-Dynastie auf das Erscheinen des Herrn vorbereiteten. Narada warnte Kamsa, sich vor den Freunden, Gönnern und all den Halbgöttern, die in diesen Familien erscheinen würden, in acht zu nehmen. Sowohl Kamsa als auch seine Freunde und Berater waren Dämonen, und Dämonen fürchten sich immer vor den Halbgöttern. Nachdem Kamsa von Narada über das Erscheinen der Halbgötter in den verschiedenen Familien unterrichtet worden war, wurde er sehr wachsam; er wußte nun, daß die Halbgötter bereits erschienen waren, und so kam er zur Schlußfolgerung, daß auch Sri Visnu bald erscheinen müsse.

Krishna erscheint im GefängnisDeshalb ließ er sofort seinen Schwager Vasudeva und seine Schwester Devaki festnehmen und ins Gefängnis werfen. Im Gefängnis, in eiserne Ketten gelegt, schenkten Vasudeva und Devaki Jahr für Jahr einem männlichen Kind das Leben, und Kamsa, der in jedem der Neugeborenen die Inkarnation Visnus sah, tötete eines nach dem anderen. Er fürchtete sich zwar besonders vor dem achten Kind, doch nach dem Besuch Naradas war er zu dem Schluß gekommen, daß jedes Kind Krishna sein könnte. Daher hielt er es für besser, alle Kinder zu töten, die von Devaki und Vasudeva geboren wurden.

Das Verhalten Kamsas ist nicht schwer zu verstehen. In der Geschichte der Welt gibt es viele Beispiele von Menschen königlichen Geschlechts, die den eigenen Vater, den eigenen Bruder, ihre Freunde oder sogar die ganze Familie aus selbstsüchtigen Motiven ermordeten. Dies ist nichts erstaunliches, denn Dämonen sind in ihrem skrupellosen Ehrgeiz sogar bereit, über Leichen zu gehen.

Durch die Gnade Naradas war es Kamsa vergönnt, die Geschichte seines vorherigen Lebens zu erfahren. Er hörte, daß er in seinem letzten Leben ein Dämon namens Kalanemi gewesen sei und von Visnu getötet wurde. Kamsa, der in der Bhoja-Dynastie geboren worden war, beschloß daraufhin, ein Todfeind der Yadu-Dynastie zu werden; weil Krishna in dieser Familie geboren werden sollte, war es Kamsas große Sorge und Furcht, daß er auch diesmal von Krishna getötet werden würde, so wie es ihm schon in seinem letzten Leben widerfahren war.

Als erstes sperrte er seinen Vater Ugrasena ein, da dieser der führende König unter den Königen der Yadu-, Bhoja- und Andhaka-Dynastien war, und besetzte dann das Königreich Surasenas, des Vaters von Vasudeva. Daraufhin erklärte er sich selbst zum König all dieser Länder.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 1. Kapitel des Krishna-Buches: "Die Ankunft Sri Krishnas".

 

2 / Die Gebete der Halbgötter an Krishna im Mutterleib

König Kamsa besetzte nicht nur die Reiche der Yadu-, Bhoja- und Andhaka-Dynastien und das Königreich Surasenas, sondern er verbündete sich auch mit allen anderen dämonischen Königen, namentlich mit den Dämonen Pralamba, Baka, Canura, Trnavarta, Aghasura, Mustika, Arista, Dvivida, Putana, Kesi und Dhenuka. Zu jener Zeit war Jarasandha König über die Provinz Magadha (die heute als Bihar bekannt ist). Unter dem Schutz Jarasandhas errichtete Kamsa durch seine geschickte Politik das mächtigste Königreich seiner Zeit. Er schloß weitere Bündnisse mit Königen wie Banasura und Bhaumasura, bis er schließlich eine Vormachtstellung erreichte. Daraufhin leitete er feindselige Aktionen gegen die Yadu-Dynastie ein, in der Krishna geboren werden sollte.

Als die Könige der Yadu-, Bhoja- und Andhaka-Dynastien so von Kamsa verfolgt wurden, mußten sie in andere Königreiche fliehen, wie in das Reich der Kurus und der Pañcalas und in die Reiche, die als Kekaya, Salva, Vidarbha, Nisadha, Videha und Kosala bekannt sind. Auf diese Weise brach Kamsa den Zusammenhalt des Yadu-Königreichs wie auch den des Bhoja- und Andhaka-Reiches und machte seine Position zur stärksten im ganzen Kontinent, der zu jener Zeit als Bharatavarsa bezeichnet wurde.

Als Kamsa die sechs Kinder Devakis und Vasudevas eines nach dem anderen umbrachte, suchten ihn viele Freunde und Verwandte auf und baten ihn, von diesen Greueltaten abzulassen, doch sie alle wurden schließlich zu Verehrern Kamsas.

Als Devaki zum siebten Mal schwanger wurde, erschien Ananta, eine vollständige Erweiterung Krishnas, in ihrem Leibe. Devaki war von Freude und Schmerz zugleich überwältigt. Sie war freudig, weil sie verstehen konnte, daß Sri Visnu in ihrem Leib erschienen war; doch zur gleichen Zeit war sie auch sehr bekümmert, da sie befürchtete, daß Kamsa auch dieses Kind töten würde. Weil sich die Yadus aufgrund der von Kamsa begangenen Grausamkeiten in einer beklagenswerten Lage befanden, hatte die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krishna, großes Mitleid mit ihnen, und so wies Er Yogamaya, Seine innere Energie, an, ebenfalls zu erscheinen. Krishna ist der Herr des Universums, doch vor allem ist Er der Herr der Yadu-Dynastie.

Yogamaya ist die Hauptenergie der Persönlichkeit Gottes. In den Veden wird gesagt, daß die Höchste Persönlichkeit Gottes viele Energien besitzt: parasya saktir vividhaiva sruyate. All diese verschiedenen Energien wirken äußerlich und innerlich, und Yogamaya ist die höchste all dieser Energien. Krishna gab Yogamaya den Auftrag, im Land von Vrajabhumi, Vrindavana, zu erscheinen, das immer geschmückt ist und wo Tausende von schönen Kühen weiden.

In Vrindavana lebte Rohini, eine der Frauen Vasudevas, im Hause des Königs Nanda und der Königin Yasoda. Nicht nur Rohini, sondern auch viele andere Angehörige der Yadu-Dynastie waren aus Furcht vor den Grausamkeiten Kamsas geflohen und hatten sich nun über das ganze Land verstreut. Einige von ihnen lebten sogar in Berghöhlen.

Devaki und KrishnaDer Herr sagte daher zu Yogamaya: "Devaki und Vasudeva liegen im Kerker Kamsas, und zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet Sich Sesa, Meine vollständige Erweiterung, im Schoß Devakis. Sorge dafür, daß Sesa aus dem Schoß Devakis in den Leib Rohinis gebracht wird. Danach werde Ich persönlich mit all Meinen Energien in den Leib Devakis eingehen und daraufhin als der Sohn Vasudevas und Devakis erscheinen. Und du wirst währenddessen als die Tochter Nandas und Yasodas in Vrindavana erscheinen.

Da du als Meine Schwester erscheinen wirst, werden dich die Menschen mit wertvollen Gaben, wie mit Räucherstäbchen, Kerzen, Blumen und Opferdar-bringungen, verehren. Dafür wirst du ihre Wünsche nach Sinnenbefriedigung schnell erfüllen. Menschen, die materialistische Neigungen haben, werden dich in den verschiedenen Formen deiner Erweiterungen verehren, die man Durga, Bhadrakali, Vijaya, Vaisnavi, Kumuda, Candika, Krishna, Madhavi, Kanyaka, Maya, Narayani, Isani, Sarada und Ambika nennen wird."

Krishna und Yogamaya erschienen als Bruder und Schwester \ der Höchste Mächtige und die höchste Macht. Obwohl es im Grunde keinen Unterschied zwischen dem Mächtigen und der Machtenergie gibt, ist die Machtenergie dennoch dem Mächtigen immer untergeordnet. Die Materialisten verehren die Energie, wohingegen die Transzendentalisten den Energieursprung verehren. Dieser Energieursprung ist Krishna, der Höchste Mächtige, und Durga ist in der materiellen Welt die höchste Macht. In der vedischen Kultur jedoch verehren die Menschen sowohl den Mächtigen als auch die Macht. Es gibt viele Tausende von Tempeln, in denen Visnu und Durga, manchmal sogar zusammen, verehrt werden. Die Verehrer der Macht, d.h. Durgas, der äußeren Energie Krishnas, mögen in materieller Hinsicht sehr erfolgreich sein, doch wer auf die transzendentale Ebene erhoben werden möchte, muß im Krishna-Bewußtsein den Höchsten Mächtigen, Krishna, verehren.

Der Herr sagte auch zu Yogamaya, daß Sich Seine vollständige Erweiterung, Ananta Sesa, im Schoß Devakis befände. Weil dieser Sich sehr stark zu Rohini hingezogen fühle, werde Er Sankarsana genannt werden und Sich als die Quelle aller spirituellen Kraft (bala) offenbaren, durch die man die höchste Glückseligkeit des Lebens (ramana) erlangen könne. Daher werde diese vollständige Teilerweiterung, Ananta, nach Seinem Erscheinen entweder als Sankarsana oder als Balarama bekannt sein.

In den Upanisaden heißt es: nayam atma bala-hinena labhyah. Dieser Vers besagt, daß man die höchste Stufe der Selbstverwirklichung nicht erreichen kann, wenn man nicht von Balarama hinreichend begünstigt wird. Bala bedeutet nicht körperliche Stärke. Niemand kann spirituelle Vollkommenheit durch körperliche Stärke erreichen. Man muß die spirituelle Kraft besitzen, die Balarama bzw. Sankarsana gewähren kann. Ananta oder Sesa ist die Kraft, die alle Planeten in der Schwebe hält. In der materiellen Welt wird diese erhaltende Kraft als das Gesetz der Schwerkraft bezeichnet, doch in Wirklichkeit ist es die Wirkung der Energie Sankarsanas. Balarama, Sankarsana, ist die spirituelle Kraft, der ursprüngliche spirituelle Meister. Daher ist Nityananda Prabhu, der ebenfalls eine Inkarnation Balaramas ist, der ursprüngliche spirituelle Meister. Der spirituelle Meister wiederum ist der Repräsentant Balaramas, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, der spirituelle Kraft spendet. Im Caitanya-caritamrta wird bestätigt, daß der spirituelle Meister die Verkörperung der Barmherzigkeit Krishnas ist.

Nachdem Yogamaya auf diese Weise von der Höchsten Persönlichkeit Gottes angewiesen worden war, umkreiste sie den Herrn und erschien dann in der materiellen Welt, um Seinem Befehl Folge zu leisten. Als der Höchste Mächtige, die Persönlichkeit Gottes, Sesa aus dem Schoße Devakis in den Schoß Rohinis versetzte, standen beide Frauen unter dem Einfluß Yogamayas, der auch yoga-nidra genannt wird. Als dies geschehen war, glaubten die Leute, daß Devakis siebte Schwangerschaft als Fehlgeburt geendet habe. Somit wurde also Balarama, obwohl Er Sich zuerst als Devakis Sohn manifestiert hatte, in den Leib Rohinis versetzt, um als deren Sohn zu erscheinen. Daraufhin ging die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krishna, der immer bereit ist, Seine lauteren Geweihten mit all Seinen Kräften auszustatten, als der Herr der gesamten Schöpfung in den Geist Vasudevas ein. In diesem Zusammenhang muß gesagt werden, daß Sich Sri Krishna zuerst in Vasudevas reinem Herzen manifestierte und dann in Devakis Herz überging. Er ist also nicht durch geschlechtliche Vereinigung in Devakis Leib gelangt. Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, kann kraft Seiner unergründlichen Energie überall und unter allen Umständen erscheinen. Deshalb war es für Ihn nicht notwendig, auf dem gewöhnlichen materiellen Weg nach geschlechtlicher Vereinigung im Schoß einer Frau heranzuwachsen.

Als Vasudeva die Gestalt der Höchsten Persönlichkeit Gottes in seinem Herzen trug, glich er der glühenden Sonne, deren Strahlen für den gewöhnlichen Menschen unerträglich und versengend sind. Die Gestalt des Herrn im reinen Herzen Vasudevas war von der ursprünglichen Gestalt Krishnas nicht verschieden. Jeder Ort, an dem die Gestalt Krishnas erscheint, besonders das Herz, wird dhama genannt. Dhama bezieht sich nicht nur auf das Erscheinen von Krishnas Gestalt, sondern auch auf das Erscheinen Seines Namens, Seiner Eigenschaften und Seines persönlichen Besitzes, denn dies alles wird gleichzeitig manifestiert.

Dann übertrug sich die ewige Gestalt der Höchsten Persönlichkeit Gottes mit all Ihren Kräften vom Geiste Vasudevas in den Geist Devakis, genau wie sich die Strahlen der untergehenden Sonne auf den im Osten aufgehenden Vollmond übertragen.

Vasudeva und Devaki im GefängnisKrishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, ging von Vasudevas Körper in den Körper Devakis ein. Er befand Sich jenseits der begrenzten Existenz gewöhnlicher Lebewesen. Wenn Krishna erscheint, begleiten Ihn alle Seine vollständigen Erweiterungen wie Narayana und Inkarnationen wie Nrsimha, Varaha usw. Sie alle sind den Bedingungen des materiellen Daseins nicht unterworfen. Auf diese Weise wurde Devaki zur Residenz des Herrn, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, dem niemand gleichkommt und der die Ursache der Schöpfung ist. In Devaki befand sich die Absolute Wahrheit, aber weil sie sich im Gefängnis Kamsas befand, glich sie verborgenem Feuer oder mißbrauchtem Wissen. Wenn Feuer von Mauern umgeben ist oder im Innern eines Kruges brennt, kann sich niemand an seinem Licht erfreuen. Ebenso wird Wissen nicht wertgeschätzt, wenn es mißbraucht wird und der Menschheit nichts nützt. Devaki war in den Gefängnismauern von Kamsas Palast gefangen, und daher konnte niemand ihre transzendentale Schönheit sehen, die darauf beruhte, daß sie die Höchste Persönlichkeit Gottes in sich trug. Kamsa jedoch bemerkte die übernatürliche Schönheit seiner Schwester und wußte sofort, daß die Höchste Persönlichkeit Gottes in ihren Leib eingegangen war. Sie hatte niemals zuvor so schön ausgesehen, und ihm war klar, daß sich etwas Wunderbares in ihrem Leib befinden mußte.

Kamsa war beunruhigt, und Angst erfüllte ihn. Er war überzeugt, daß die Höchste Persönlichkeit Gottes, die für ihn den Tod bedeuten sollte, nun erschienen war. Er dachte bei sich: "Was soll ich mit Devaki tun? Zweifelsohne trägt sie Visnu oder Krishna in ihrem Leib; also ist es sicher, daß Krishna gekommen ist, um die Bitte der Halbgötter zu erfüllen. Und selbst wenn ich Devaki sofort töte, kann Sein Vorhaben nicht verhindert werden." Kamsa wußte sehr wohl, daß niemand imstande ist, den Plan Visnus zu vereiteln. Jeder intelligente Mensch kann verstehen, daß die Gesetze Gottes nicht umgangen werden können. Seine Pläne werden trotz aller Widerstände der Dämonen durchgesetzt. Kamsa dachte weiter: "Wenn ich Devaki zum gegenwärtigen Zeitpunkt töte, wird Visnu Seinen höchsten Willen umso heftiger durchsetzen. Devaki jetzt zu töten wäre eine höchst verruchte Handlung. Niemand will seinen Ruf aufs Spiel setzen \ nicht einmal in einer gefährlichen Situation \, und wenn ich Devaki jetzt töte, ist es um mein Ansehen geschehen. Devaki ist eine Frau und befindet sich in meiner Obhut; außerdem ist sie schwanger, und wenn ich sie töte, habe ich mein Ansehen, das Ergebnis meiner frommen Handlungen und meine Lebensdauer verspielt."

Er dachte weiter: "Wer zu grausam ist, ist schon zu Lebzeiten so gut wie tot. Niemand mag einen grausamen Menschen, und nach seinem Tode verfluchen ihn die Leute. Weil er sich mit dem Körper identifiziert, wird er zweifelsohne erniedrigt und in die finstersten Regionen der Hölle geworfen." Auf diese Weise überlegte Kamsa, ob er Devaki töten solle oder nicht, und wägte sorgfältig alle Vor- und Nachteile ab.

Schließlich kam Kamsa zu dem Schluß, Devaki nicht sofort zu töten, sondern die unvermeidliche Zukunft abzuwarten. Seine Gedanken jedoch erfüllten sich mit Haß gegen die Persönlichkeit Gottes. Er wartete geduldig auf die Geburt des Kindes, in der Absicht, es sofort zu töten, wie er es bereits mit den anderen Kindern Devakis getan hatte. Versunken in einen Ozean des Hasses gegen die Persönlichkeit Gottes, begann er, im Sitzen, im Stehen, im Gehen, beim Schlafen, beim Essen, beim Arbeiten \ immer und unter allen Umständen \ an Krishna und Visnu zu denken. Sein Geist wurde so sehr von Gedanken an die Höchste Persönlichkeit Gottes erfüllt, daß er indirekt überall nur noch Krishna, oder Visnu, sah. Obwohl Kamsa so sehr in Gedanken an Visnu versunken war, kann er nicht als Gottgeweihter anerkannt werden, da er an Krishna als Feind dachte. Große Gottgeweihte sind auch ständig in Gedanken an Krishna versunken, doch sie denken an Ihn mit Liebe, und nicht mit Haß. Mit Liebe an Krishna zu denken ist Krishna-Bewußtsein, aber mit Haß an Krishna zu denken ist kein Krishna-Bewußtsein.

Zu dieser Zeit erschienen Brahma und Siva, begleitet von großen Weisen wie Narada und gefolgt von vielen anderen Halbgöttern, unsichtbar im Palast Kamsas, und sie priesen die Höchste Persönlichkeit Gottes mit erlesenen Gebeten, die die Gottgeweihten mit Freude erfüllen und ihre Wünsche zufriedenstellen. Mit den ersten Worten, die sie sprachen, drückten sie ihre Freude darüber aus, daß der Herr Sein Versprechen stets hält. Wie in der Bhagavad-gita gesagt wird, erscheint Krishna in der materiellen Welt nur, um die Frommen zu beschützen und die Atheisten zu vernichten. Das ist Sein Versprechen. Die Halbgötter wußten, daß Sich der Herr im Leibe Devakis befand, um dieses Versprechen zu erfüllen. Sie waren sehr froh, daß der Herr zu diesem Zwecke erschienen war, und priesen Ihn daher als satyam param, als die Höchste Absolute Wahrheit.

Jeder sucht nach der Wahrheit. Dies ist der philosophische Aspekt des Lebens. Von den Halbgöttern erfahren wir, daß die Höchste Absolute Wahrheit Krishna ist. Wer völlig Krishna-bewußt wird, kann die Absolute Wahrheit erkennen, denn Krishna ist die Absolute Wahrheit. Eine relative Wahrheit kann nicht in allen drei Phasen der ewigen Zeit, das heißt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Wahrheit sein. Krishna hingegen ist immer Wahrheit \ in der Vergangenheit, in der Gegenwart und auch in der Zukunft. In der materiellen Welt, die von der höchsten Zeit beherrscht wird, ist alles dem Ablauf von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterworfen. Krishna jedoch existierte bereits vor der Schöpfung, und wenn die Schöpfung manifestiert ist, ruht sie in Ihm, und wenn sie vernichtet wird, wird Krishna unberührt davon weiter existieren. Daher ist Er unter allen Umständen die Absolute Wahrheit. Wenn es irgendeine Wahrheit in der materiellen Welt gibt, so geht sie von der Höchsten Wahrheit, Krishna, aus; wenn es Reichtum in der materiellen Welt gibt, so ist die Ursache dieses Reichtums Krishna; wenn es Ruhm in der materiellen Welt gibt, so ist der Grund dieses Ruhms Krishna; wenn es Macht in der materiellen Welt gibt, so ist der Ursprung dieser Macht Krishna, und wenn es Wissen und Bildung in der materiellen Welt gibt, so ist die Quelle dieses Wissens ebenfalls Krishna. Daher ist Krishna der Urgrund aller relativen Wahrheiten.

Die materielle Welt besteht aus fünf Hauptelementen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Alle diese Elemente sind Emanationen Krishnas. Die materialistischen Wissenschaftler erkennen zwar diese fünf Hauptelemente als die Ursache der materiellen Manifestation an, doch sie wissen nicht, daß diese Elemente in ihrem grobstofflichen und feinstofflichen Zustand von Krishna geschaffen wurden. Die Lebewesen, die sich in der materiellen Welt befinden, gehören zur marginalen Energie Krishnas. Im Siebten Kapitel der Bhagavad-gita wird ausführlich erklärt, daß die gesamte kosmische Manifestation eine Kombination zweier Energien Krishnas ist, der höheren und der niederen Energie. Die Lebewesen sind Seine höhere Energie, und die toten materiellen Elemente sind Seine niedere Energie. Im unmanifestierten Zustand ruht alles in Krishna. Die Halbgötter richteten weitere ehrfurchtsvolle Gebete an die höchste Form der Persönlichkeit Gottes, Krishna, indem sie die materielle Manifestation beschrieben und analysierten. Was ist die materielle Manifestation? Sie ist wie ein Baum, denn ähnlich wie ein Baum im Erdreich wurzelt, so wurzelt der Baum der materiellen Manifestation im Boden der materiellen Natur. Die materielle Manifestation wird auch deshalb mit einem Baum verglichen, weil ein Baum nach einer gewissen Zeit gefällt wird. Das Sanskritwort für "Baum" ist vrksa. Vrksa bedeutet "das, was letzten Endes gefällt wird". Daher kann der Baum der materiellen Manifestation nicht als die endgültige Wahrheit angesehen werden. Auf der materiellen Manifestation lastet der Einfluß der Zeit, doch Krishnas Körper ist ewig. Krishna bestand vor der materiellen Schöpfung, Er besteht während ihrer Manifestation, und Er wird auch nach ihrer Vernichtung weiter bestehen.

Auch in der Katha Upanisad finden wir das Beispiel vom Baum der materiellen Manifestation, der im Boden der materiellen Natur wurzelt. Dieser Baum trägt zwei Früchte: Glück und Leid. Diejenigen, die im Baum des Körpers leben, werden mit zwei Vögeln verglichen. Der eine Vogel ist der lokalisierte Aspekt Krishnas, die Überseele (der Paramatma), und der andere Vogel ist das Lebewesen, die Seele. Das Lebewesen ißt die Früchte der materiellen Manifestation. Manchmal ißt es die Früchte des Glücks, und manchmal ißt es die Früchte des Leids. Der andere Vogel jedoch ist nicht daran interessiert, die Früchte des Leids oder des Glücks zu essen, denn er ist in sich selbst zufrieden. Die Katha Upanisad sagt, daß der eine Vogel auf dem Baum des Körpers die Früchte verzehrt, während der andere Vogel einfach Zeuge ist. Die Wurzeln des Baumes erstrecken sich in drei Richtungen, und sie werden mit den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur verglichen: Tugend, Leidenschaft und Unwissenheit. Ein Baum wächst entsprechend seinen Wurzeln, und entsprechend dem Kontakt mit den drei Erscheinungsweisen wächst die Dauer des Aufenthalts in der materiellen Welt. Die Früchte dieses Baumes haben vier verschiedene Arten des Geschmacks: Religiosität, wirtschaftliche Entwicklung, Sinnenbefriedigung und schließlich Befreiung. Je nach ihrer Verbindung mit den drei Erscheinungsweisen erfahren die Lebewesen den Geschmack verschiedener Arten der Religiosität, des materiellen Fortschritts, der Sinnenbefriedigung und der Befreiung. Im Grunde wird jede Handlung in der materiellen Welt in Unwissenheit ausgeführt, doch weil es drei Erscheinungsweisen gibt, ist die Erscheinungsweise der Unwissenheit manchmal mit Tugend oder Leidenschaft vermischt. Der Geschmack dieser materiellen Früchte wird mit fünf Sinnen wahrgenommen.

Die fünf Sinnesorgane, durch die Wissen erworben wird, werden von sechs Arten des Leids gepeitscht: Klagen, Illusion, Schwäche, Tod, Hunger und Durst. Der materielle Körper wird von sieben Schichten bedeckt: Haut, Muskeln, Fleisch, Mark, Knochen, Fett und Samen. Der Baum hat acht Äste: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Geist, Intelligenz und falsches Ego. Es gibt neun Öffnungen im Körper: zwei Augen, zwei Ohren und zwei Nasenlöcher, den Mund, das Geschlechtsteil und den Anus. Außerdem zirkulieren zehn Arten von innerer Luft im Körper: prana, apana, udana, vyana, samana usw. Die beiden Vögel, die in diesem Baum sitzen, sind, wie oben erklärt, das Lebewesen und der lokalisierte Aspekt der Höchsten Persönlichkeit Gottes.

Die ursprüngliche Ursache der materiellen Manifestation ist die Höchste Persönlichkeit Gottes. Die Höchste Persönlichkeit Gottes erweitert Sich und lenkt die drei Erscheinungsweisen der materiellen Welt: Visnu lenkt die Erscheinungsweise der Tugend; Brahma lenkt die Erscheinungsweise der Leidenschaft, und Siva lenkt die Erscheinungsweise der Unwissenheit. Brahma erschafft das Universum durch die Erscheinungsweise der Leidenschaft; Visnu erhält es durch die Erscheinungsweise der Tugend, und Siva vernichtet es durch die Erscheinungsweise der Unwissenheit. Die gesamte Schöpfung ruht letztlich im Höchsten Herrn. Er ist der Ursprung von Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung. Wenn die gesamte Manifestation aufgelöst worden ist, ruht sie in ihrer feinstofflichen Form, als Energie, im Körper des Höchsten Herrn.

Die Halbgötter fuhren fort: "Der Höchste Herr, Sri Krishna, bereitet nun Sein Erscheinen vor, um für die Erhaltung der Schöpfung zu sorgen." Es gibt nur eine höchste Ursache, doch weniger intelligente Menschen, die von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur verwirrt werden, glauben, die Entstehung der Welt habe verschiedene andere Ursachen. Wer hingegen intelligent ist, kann erkennen, daß es nur eine Ursache gibt \ Krishna. Dies wird in der Brahma-samhita bestätigt: sarva-karana-karanam. "Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, ist die Ursache aller Ursachen." Brahma ist der bevollmächtigte Verantwortliche für die Schöpfung; Visnu, eine Erweiterung Krishnas, ist für die Erhaltung, und Siva, ebenfalls eine Erweiterung des Höchsten, ist für die Auflösung zuständig.

"O Herr", beteten die Halbgötter, "es ist sehr schwierig, Deine ewige persönliche Gestalt zu verstehen. Die Menschen sind im allgemeinen nicht imstande, Deine wirkliche Gestalt zu erkennen; daher erscheinst Du, um Deine ursprüngliche ewige Gestalt zu offenbaren. Auf irgendeine Weise können die Menschen zwar Deine verschiedenen Inkarnationen verstehen, doch es bereitet ihnen große Schwierigkeiten, Dich in Deiner ewigen Gestalt zu verstehen, als der zweiarmige Krishna, der Sich unter ihnen bewegt wie einer der Ihren. Diese ewige Gestalt bereitet den Gottgeweihten ständig anwachsende transzendentale Freude, doch für die Nichtgottgeweihten ist sie sehr bedrohlich." Laut der Bhagavad-gita ist Krishna für die sadhus die Quelle aller Freude, denn dort heißt es: paritranaya sadhunam. Aber derselbe Krishna ist für die Dämonen sehr bedrohlich, weil Er auch erscheint, um die Dämonen zu töten. So ist Krishna gleichzeitig die Ursache großer Freude für die Gottgeweihten und die Ursache großer Furcht für die Dämonen.

"O Lotosäugiger", fuhren die Halbgötter fort, "Du bist die Quelle reiner Tugend. Es gibt viele große Weise, die den weiten Ozean der Unwissenheit, der von der materiellen Natur geschaffen wurde, auf die Größe einer Wasserpfütze im Hufabdruck eines Kalbes verringerten, da sie die Stufe des samadhi erreichten, das heißt, weil sie über Deine Lotosfüße meditierten und somit in Gedanken an Dich versanken." Das Ziel der Meditation besteht darin, den Geist auf die Persönlichkeit Gottes zu richten, wobei man als erstes über Seine Lotosfüße meditiert. Viele große Weise haben schon den weiten Ozean des materiellen Daseins ohne Schwierigkeiten überquert, einfach nur indem sie über die Lotosfüße des Herrn meditierten.

Krishnas Geburtszeremonie"O Selbsterleuchteter, die großen Heiligen, die den Ozean der Unwissenheit im transzendentalen Boot Deiner Lotosfüße überquerten, haben das Boot nicht fortgenommen. Es liegt immer noch am Ufer." Die Halbgötter gebrauchen einen sehr schönen Vergleich. Wenn jemand ein Boot benutzt, um einen Fluß zu überqueren, so nimmt er das Boot mit sich auf die andere Seite des Flusses. Wie ist es also möglich, wenn jemand auf diese Weise sein Ziel erreicht hat, daß das gleiche Boot immer noch denen zur Verfügung steht, die am anderen Ufer zurückgeblieben sind? Als Antwort auf diese schwierige Frage sagen die Halbgötter in ihrem Gebet, daß das Boot gar nicht fortgenommen wurde. Deshalb können die Gottgeweihten, die auf der anderen Seite zurückgeblieben sind, den Ozean der materiellen Natur ebenfalls hinter sich lassen, weil die reinen Gottgeweihten das Boot nicht mitnehmen, wenn sie diesen Ozean überqueren. Schon dadurch, daß man sich dem Boot nur nähert, wird der weite Ozean der materiellen Unwissenheit auf die Größe einer Pfütze im Hufabdruck eines Kalbes verkleinert. Daher benötigen die Gottgeweihten kein Boot, um an das andere Ufer zu gelangen \ sie überqueren den Ozean einfach mit einem kleinen Schritt. Weil die großen Heiligen mit allen bedingten Seelen Mitleid haben, liegt das Boot immer noch bei den Lotosfüßen des Herrn. Man kann jederzeit über Seine Lotosfüße meditieren und auf diese Weise den Ozean der materiellen Unwissenheit überqueren.

Meditation bedeutet Konzentration des Geistes auf die Lotosfüße des Herrn. Das Wort "Lotosfüße" weist auf die Höchste Persönlichkeit Gottes hin. Die Anhänger der Unpersönlichkeitsphilosophie erkennen die Lotosfüße des Herrn nicht an, und daher ist ihr Objekt der Meditation etwas Unpersönliches. Die Halbgötter erklären jedoch unmißverständlich, daß diejenigen, die über etwas Leeres und Unpersönliches meditieren, den Ozean der Unwissenheit nicht überqueren können. Solche Menschen bilden sich nur ein, sie seien befreit. Die Halbgötter sagten: "O lotosäugiger Herr, ihre Intelligenz ist unrein, da sie nicht über Deine Lotosfüße meditieren." Weil die Unpersönlichkeitsanhänger dies vernachlässigen, fallen sie wieder ins materielle, bedingte Leben zurück, obwohl sie sich für eine gewisse Zeit sogar auf die Stufe der unpersönlichen Verwirklichung erheben mögen. Die Unpersönlichkeitsanhänger gehen, nachdem sie strenge Entsagungen und Bußen auf sich genommen haben, in die Brahman-Ausstrahlung, d.h. in die unpersönliche Brahman-Existenz, ein. Doch ihr Geist ist nicht frei von materieller Verunreinigung. Sie haben lediglich versucht, die materielle Denkweise zu negieren. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, daß sie befreit sind. Deshalb kommen sie wieder zu Fall. In der Bhagavad-gita wird gesagt, daß es den Unpersönlichkeitsanhängern nur unter großen Schwierigkeiten möglich ist, das endgültige Ziel zu erreichen. Ebenso heißt es zu Beginn des Srimad-Bhagavatam, daß man erst dann von den Fesseln fruchtbringender Tätigkeiten befreit ist, wenn man der Höchsten Persönlichkeit Gottes hingebungsvollen Dienst darbringt. In der Bhagavad-gita wird dies von Sri Krishna gesagt; im Srimad-Bhagavatam wird diese Tatsache von dem großen Weisen Narada bestätigt, und hier sagen es auch die Halbgötter: "Wer Dir nicht in liebender Hingabe dient, hat das endgültige Ziel der Erkenntnis nicht verstanden, und er ist nicht mit Deiner Gnade gesegnet."

Die Unpersönlichkeitsanhänger bilden sich nur ein, befreit zu sein. In Wirklichkeit jedoch haben sie nicht die geringste Vorstellung von der Persönlichkeit Gottes. Sie glauben, Krishna nehme einen materiellen Körper an, wenn Er in die materielle Welt kommt. Sie ignorieren also den transzendentalen Körper Krishnas. Dies wird ebenfalls in der Bhagavad-gita bestätigt: avajananti mam mudhah. Selbst wenn die Unpersönlichkeitsanhänger die materielle Lust besiegen und sich auf die Ebene der Befreiung erheben, kommen sie wieder zu Fall. Wenn sie sich Wissen nur um des Wissens willen aneignen und sich nicht im hingebungsvollen Dienst beschäftigen, können sie das ersehnte Ziel nicht erreichen. Was sie erreichen, ist die Mühe, die sie sich machen \ sonst nichts. Es wird in der Bhagavad-gita eindeutig gesagt, daß die Erkenntnis der eigenen Zugehörigkeit zum Brahman nicht alles ist. Die Brahman-Erkenntnis kann einem Menschen vielleicht helfen, Zufriedenheit, die frei von materieller Anhaftung und Abneigung ist, zu erreichen und auf die Ebene der Ausgeglichenheit zu gelangen, doch von dieser Stufe muß man einen Schritt weiter gehen und mit hingebungsvollem Dienst beginnen. Wer sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigt, nachdem er die Ebene der Brahman-Erkenntnis erreicht hat, darf das spirituelle Königreich betreten, um dort für immer mit der Höchsten Persönlichkeit Gottes zusammenzusein. Das ist das Ergebnis des hingebungsvollen Dienstes. Die Geweihten der Höchsten Persönlichkeit Gottes fallen niemals wieder auf die materielle Ebene hinunter wie die Unpersönlichkeitsanhänger. Selbst wenn die Gottgeweihten straucheln, bleiben sie mit dem Höchsten Herrn in Liebe verbunden. Sie mögen auf dem Pfad des hingebungsvollen Dienstes auf viele Hindernisse stoßen, doch sie können solche Hindernisse sehr leicht und ohne Furcht überwinden. Da sie Krishna hingegeben sind, können sie sicher sein, daß Er sie immer beschützen wird. Dies verspricht Krishna persönlich in der Bhagavad-gita: "Meine Geweihten werden niemals besiegt."

"O Herr, Du bist zum Wohl aller Lebewesen in der materiellen Welt in Deiner ursprünglichen, reinen Gestalt, der ewigen Gestalt der Tugend, erschienen. Mit Deinem Erscheinen wird ihnen nun die Möglichkeit geboten, Dein Wesen und Deine Gestalt zu verstehen. Die Menschen aller vier Stufen des Lebens (die brahmacaris, die grhasthas, die vanaprasthas und die sannyasis) können aus Deinem Erscheinen Nutzen ziehen.

O Herr, Gemahl der Glücksgöttin, Gottgeweihte, die Dir in Hingabe dienen, fallen \ im Gegensatz zu den Unpersönlichkeitsanhängern \ nicht wieder von der hohen Stufe herab, die sie erreicht haben. Von Dir beschützt, können Deine Geweihten über die Köpfe von mayas Abgesandten hinwegschreiten, die ihnen auf dem Weg der Befreiung ständig Hindernisse entgegenstellen. O Herr, Du erscheinst zum Wohl aller Lebewesen in Deiner transzendentalen Gestalt, so daß sie Dich von Angesicht zu Angesicht sehen und Dir in Verehrung ihre Opfer darbringen können, indem sie die Rituale der Veden, mystische Meditation oder hingebungsvollen Dienst ausführen, wie es in den Schriften empfohlen wird. O Herr, erschienest Du nicht in Deiner ewigen transzendentalen Gestalt, die voller Glückseligkeit und Wissen ist und die jegliche Art von unwissenden Vorstellungen über Dich zu beseitigen vermag, dann würde jeder, je nach der Erscheinungsweise der materiellen Natur, von der er beherrscht wird, einfach nur über Dich spekulieren."

Krishnas GeburtszeremonieDas Erscheinen Krishnas ist die Antwort auf alle phantasiehaften Vorstellungen und Bildnisse von der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Jeder stellt sich die Gestalt der Höchsten Persönlichkeit Gottes gemäß der Erscheinungsweise vor, von der er beeinflußt wird. In der Brahma-samhita wird gesagt, daß der Höchste Herr die älteste Person ist. Aus diesem Grunde glauben einige Menschen, Gott müsse sehr alt sein, und stellen Ihn daher als alten Mann dar. Doch in derselben Brahma-samhita wird auch das genaue Gegenteil erklärt: Obwohl Er das älteste unter allen Lebewesen ist, besitzt Er dennoch die ewige Gestalt eines blühenden Jünglings. Die genauen Worte, die in diesem Zusammenhang im Srimad-Bhagavatam gebraucht werden, lauten: vijñanam ajñana bhidapamarjanam.

Vijñanam bedeutet "transzendentales Wissen von der Höchsten Person". Vijñanam bezieht sich auch auf verwirklichtes Wissen. Transzendentales Wissen muß über den herabsteigenden Weg der Schülernachfolge empfangen werden, genau wie Brahma in seiner Brahma-samhita transzendentales Wissen über Krishna weiterreicht. Die Brahma-samhita ist vijñanam, da sie die Frucht von Brahmas transzendentaler Verwirklichung ist, und mit dieser Verwirklichung war es ihm möglich, die Gestalt und die Spiele Krishnas in dessen transzendentalem Reich zu beschreiben. Ajñanabhid bedeutet "das, was alle Arten von Spekulationen widerlegen kann". In ihrer Unwissenheit stellen sich die Menschen Gott nach ihrem Gutdünken vor: Manchmal hat Er keine Gestalt, und manchmal hat Er eine Gestalt, die den verschiedenen Vorstellungen der Menschen entspringen. Die Darstellung in der Brahma-samhita ist jedoch vijñanam \ wissenschaftliches, verwirklichtes Wissen, das von Brahma weitergegeben und von Sri Caitanya anerkannt wurde. Darüber besteht kein Zweifel. Sri Krishnas Gestalt, Sri Krishnas Flöte, Krishnas Körpertönung \ all das ist Realität. Hier wird gesagt, daß vijñanam alle Arten spekulativen Wissens besiegt. "Daher wäre es unmöglich, ajñanabhid (Wissen, daß spekulatives Wissen Unwissenheit ist) oder vijñanam zu erlangen, wenn Du nicht als Krishna, so wie Du bist, erscheinen würdest. Ajñanabhid apamarjanam \ durch Dein Erscheinen wird die Unwissenheit spekulativen Wissens besiegt und muß dem wirklichen Wissen, das man von Autoritäten wie Brahma empfängt, weichen. Menschen, die von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur beherrscht werden, schaffen sich entsprechend diesen Erscheinungsweisen ihren eigenen Gott. Aus diesem Grunde gibt es die verschiedensten Vorstellungen von Gott, aber Dein Erscheinen wird die wahre Gestalt Gottes offenbaren."

Der größte Irrtum, dem die Unpersönlichkeitsanhänger unterliegen, ist die Vorstellung, die Inkarnation Gottes nehme einen materiellen Körper in der Erscheinungsweise der Tugend an. In Wirklichkeit nämlich befindet sich die transzendentale Gestalt Krishnas bzw. Narayanas jenseits jeder materiellen Vorstellung. Sogar der bedeutendste Vertreter der Unpersönlichkeitslehre, Sankaracarya, bestätigte dies mit den Worten narayanah paro 'vyaktat: Die materielle Schöpfung wird durch die unpersönliche avyakta-Manifestation der Materie verursacht, d.h. von der Gesamtheit der Materie in ihrem unmanifestierten Zustand; doch Krishna ist unter allen Umständen transzendental zu dieser materiellen Natur. Auch im Srimad-Bhagavatam wird die Stellung Krishnas als transzendental (suddha-sattva) bezeichnet. Er befindet Sich nicht in der materiellen Erscheinungsweise der Tugend, sondern steht über ihr. Er ist transzendental \ ewig, voller Wissen und voller Glückseligkeit.

"O Herr", fuhren die Halbgötter fort, "wenn Du in Deinen verschiedenen Inkarnationen erscheinst, nimmst Du, entsprechend den jeweiligen Situationen, verschiedene Namen und Formen an. Krishna ist Dein Name, weil Du allanziehend bist, und wegen Deiner transzendentalen Schönheit wirst Du Syamasundara genannt. Syama bedeutet eschwärzlich', und dennoch wird gesagt, daß Du Tausende von Liebesgöttern an Schönheit übertriffst \ kandarpa-koti-kamaniya. Obgleich Du in einer Farbe erscheinst, die sich mit der einer schwärzlichen Wolke vergleichen läßt, ist Deine Schönheit, da Du transzendental und absolut bist, um viele Male anziehender als die anmutige Gestalt des Liebesgottes. Manchmal wirst Du Giridhari genannt, weil Du den Berg Govardhana emporgehoben hast, und manchmal wirst Du Nandanandana, Vasudeva oder Devakinandana genannt, weil Du als der Sohn von Maharaja Nanda bzw. von De-vaki und Vasudeva erscheinst.

Die Unpersönlichkeitsanhänger denken, Deine vielen Namen und Formen entsprächen jeweils einer bestimmten Handlungsweise und Eigenschaft, denn sie betrachten Dich von einem materialistischen Standpunkt aus.

O Herr, man kann Dein absolutes Wesen, Deine absolute Gestalt und Deine absoluten Taten nicht durch mentale Spekulation verstehen. Man muß sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigen \ dann erst kann man Dich wirklich erkennen. Im Grunde kann nur ein Mensch, der zumindest ein wenig den Geschmack daran gefunden hat, Deinen Lotosfüßen zu dienen, Dein transzendentales Wesen, Deine transzendentale Gestalt und Deine transzendentalen Eigenschaften verstehen. Andere mögen für Millionen von Jahren fortfahren zu spekulieren, doch es wird ihnen nicht gelingen, auch nur den geringsten Aspekt Deiner wirklichen Position zu verstehen." Mit anderen Worten, die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krishna, kann von Nichtgottgeweihten nicht verstanden werden, weil Seine wahre Gestalt wegen des Schleiers von Yogamaya ihrer Sicht verborgen bleibt. In der Bhagavad-gita wird dies vom Herrn bestätigt: naham prakasah sarvasya. "Ich bin nicht allen und jedem sichtbar." Als Krishna erschien, war Er tatsächlich auf dem Schlachtfeld von Kuruksetra anwesend, und jeder sah Ihn. Aber nicht jeder konnte verstehen, daß Er die Höchste Persönlichkeit Gottes war. Und dennoch wurde jeder, der in Seiner Gegenwart starb, aus der materiellen Gefangenschaft befreit und in die spirituelle Welt erhoben.

"Lieber Herr, die Unpersönlichkeitsanhänger und Nichtgottgeweihten können nicht begreifen, daß Dein Name mit Deiner Form identisch ist." Da der Herr absolut ist, besteht zwischen Ihm und Seinem Namen kein Unterschied. In der materiellen Welt jedoch sind der Name und der Gegenstand voneinander verschieden. Eine Mangofrucht ist von dem Wort "Mango" verschieden. Man kann den Geschmack der Mangofrucht nicht verspüren, wenn man lediglich "Mango, Mango, Mango" ruft. Der Gottgeweihte aber, der weiß, daß es keinen Unterschied zwischen dem Namen und der Form Gottes gibt, chantet "Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare / Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare" und erfährt auf diese Weise, daß er ständig mit Krishna zusammen ist.

Für diejenigen, die im absoluten Wissen vom Höchsten noch nicht so weit fortgeschritten sind, offenbart Sri Krishna Seine transzendentalen Spiele. Indem sie einfach an die Spiele des Herrn denken, können sie den vollen Nutzen erlangen. Da zwischen dem transzendentalen Namen und der transzendentalen Form des Herrn kein Unterschied besteht, sind auch Seine transzendentalen Spiele nicht von Ihm verschieden. Für die weniger Intelligenten (wie Frauen, Arbeiter und Kaufleute) schrieb der große Weise Vyasadeva das Mahabharata. Im Mahabharata ist Krishna in Form Seiner verschiedenen Taten gegenwärtig. Dieses Werk schildert historische Begebenheiten, und einfach indem sie die transzendentalen Taten Krishnas studieren, über sie hören und sich an sie erinnern, können auch die weniger intelligenten Menschen allmählich auf die Ebene eines reinen Gottgeweihten gelangen.

Von den reinen Gottgeweihten, die immer in Gedanken an die transzendentalen Lotosfüße Krishnas versunken sind und in vollkommenem Krishna-Bewußtsein ununterbrochen hingebungsvollen Dienst darbringen, sollte man niemals denken, sie befänden sich immer noch in der materiellen Welt. Srila Rupa Gosvami erklärte, daß diejenigen, die ständig mit Körper, Geist und Taten im Krishna-Bewußtsein beschäftigt sind, als befreit angesehen werden müssen \ auch wenn sie sich noch in einem materiellen Körper befinden. Dies wird auch in der Bhagavad-gita bestätigt. Dort heißt es, daß diejenigen, die dem Herrn hingebungsvollen Dienst darbringen, die materielle Welt bereits hinter sich gelassen haben.

Krishna erscheint, um sowohl Seinen Geweihten als auch den Nichtgottgeweihten die Möglichkeit zur Erkenntnis des eigentlichen Zieles des Lebens zu geben. Die Gottgeweihten erhalten die Gelegenheit, Ihn direkt zu sehen und zu verehren, während diejenigen, die sich noch nicht auf dieser Ebene befinden, die Möglichkeit bekommen, mit Seinen Spielen vertraut zu werden und auf diese Weise zur gleichen Stellung erhoben zu werden.

"O Herr, o höchster Herrscher, wenn Du auf der Erde erscheinst, werden alle Dämonen, wie Kamsa und Jarasandha, vernichtet werden, und Glück und Frieden werden auf der Erde wieder einkehren. Wenn Du über die Erde schreitest, werden Deine Lotosfüße die Zeichen auf Deinen Fußsohlen, wie die Fahne, den Dreizack und den Blitz, als Spuren auf dem Boden zurücklassen. Auf diese Weise läßt Du sowohl der Erde als auch uns auf den himmlischen Planeten, die wir diese Zeichen sehen, Deine Gunst zukommen."

"O Herr", beteten die Halbgötter weiter, "Du bist ungeboren, und daher finden wir für Dein Erscheinen keinen anderen Grund, als daß du kommst, um Dich Deiner transzendentalen Spiele zu erfreuen." Obwohl der Grund für das Erscheinen des Herrn in der Bhagavad-gita erklärt wird (Er kommt, um die Gottgeweihten zu beschützen und die Dämonen zu vernichten), erscheint Er im Grunde, um Sich mit Seinen Geweihten zu erfreuen, und nicht direkt, um die Nichtgottgeweihten zu töten. Die Nichtgottgeweihten könnten auch einfach durch die materielle Natur vernichtet werden. "Die Aktionen und Reaktionen der äußeren, materiellen Energie (nämlich Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung) geschehen automatisch; doch was Deine Geweihten betrifft, so erhalten sie hinlänglichen Schutz, indem sie einfach bei Deinem Heiligen Namen Zuflucht suchen, denn Dein Heiliger Name und Deine Persönlichkeit sind nicht voneinander verschieden." Um die Gottgeweihten zu beschützen und die Dämonen zu vernichten, braucht die Höchste Persönlichkeit Gottes nicht unbedingt Selbst zu kommen. Er erscheint nur aus Seiner transzendentalen Freude \ es kann keinen anderen Grund geben.

"O Herr, Du erscheinst als der Beste der Yadu-Dynastie, und wir bringen Deinen Lotosfüßen unsere respektvollen, demütigen Ehrerbietungen dar. Vor Deinem jetzigen Erscheinen bist Du als Fisch-Inkarnation erschienen und als Pferde-, Schildkröten-, Eber- und Schwan-Inkarnation, als König Ramacandra, als Parasurama und in vielen anderen Inkarnationen. Du erschienst nur, um Deine Geweihten zu beschützen, und daher bitten wir Dich, daß Du auch uns in Deiner gegenwärtigen Erscheinung als die Höchste Persönlichkeit Gottes überall in den drei Welten Schutz gewähren und alles beseitigen mögest, was uns daran hindert, in Frieden zu leben.

Liebe Mutter Devaki, in deinem Leib befindet Sich der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, der zusammen mit all Seinen vollständigen Erweiterungen erscheint. Er ist die ursprüngliche Persönlichkeit Gottes, die zu unserem Wohl erscheint; daher brauchst du dich vor deinem Bruder, dem König von Bhoja, nicht zu fürchten. Dein Sohn, Sri Krishna, die ursprüngliche Persönlichkeit Gottes, kommt zum Schutz der frommen Yadu-Dynastie. Er erscheint nicht allein, sondern wird von Seiner unmittelbaren vollständigen Erweiterung, Balarama, begleitet."

Devaki fürchtete sich sehr vor ihrem Bruder Kamsa, weil dieser bereits alle ihre Kinder getötet hatte. Daher war sie um Krishna sehr in Sorge. Im Visnu Purana wird gesagt, daß alle Halbgötter mit ihren Frauen Devaki des öfteren besuchten, um sie zu ermutigen, keine Angst zu haben, daß ihr Sohn von Kamsa getötet werde; Krishna, der Sich in ihrem Leib befinde, erscheine nicht nur, um die Welt von ihrer Last zu befreien, sondern vor allem auch, um die Interessen der Yadu-Dynastie zu verteidigen, und natürlich auch, um Devaki und Vasudeva zu beschützen. Krishna befand Sich nun also in Devakis Leib, nachdem Er von Vasudevas Geist in den Geist Devakis übergegangen war. So wurde Devaki, Krishnas Mutter, von den Halbgöttern verehrt.

Nachdem die Halbgötter auf diese Weise der transzendentalen Form des Herrn ihre Verehrung dargebracht hatten, kehrten sie alle, mit Brahma und Siva an der Spitze, in ihre Reiche auf den himmlischen Planeten zurück.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 2. Kapitel des Krishna-Buches: "Die Gebete der Halbgötter an Krishna im Mutterleib".

 

3 / Die Geburt Sri Krishnas

Lord krishnaIn der Bhagavad-gita sagt der Herr, daß Sein Erscheinen, Seine Geburt und Seine Taten transzendental sind und daß jeder, der sie wirklich versteht, sofort die Befähigung erlangt, in die spirituelle Welt erhoben zu werden. Die Geburt oder vielmehr das Erscheinen des Herrn ist also nicht mit der eines gewöhnlichen Menschen zu vergleichen, der gezwungen ist, entsprechend seinen vergangenen Taten einen materiellen Körper anzunehmen. Warum der Herr erscheint, wurde bereits im Zweiten Kapitel dieses Buches erklärt: Er erscheint aus Seiner eigenen Freude. Als die Zeit für das Erscheinen des Herrn heranreifte, bildeten die Gestirne glückverheißende Konstellationen, wobei der starke Einfluß des Sternes Rohini besonders auffällig war. Dieser Stern gilt als sehr glückbringend. Er steht unter der direkten Aufsicht Brahmas. Nach der Erkenntnis der Astrologen gibt es neben der normalen Stellung der Sterne auch günstige und ungünstige Momente, die durch unterschiedliche Stellungen der verschiedenen Planetensysteme verursacht werden. Zur Zeit der Geburt Krishnas ordneten sich die Planetensysteme wie von selbst so um, daß ihr Einfluß sehr glückverheißend wurde.

Zu jener Zeit herrschte überall — im Osten, Westen Süden und Norden — eine Atmosphäre des Friedens und des Glücks. Günstige Gestirne waren am Himmel sichtbar, und auf der Erde zeigten sich in allen Städten und Dörfern, auf allen Weiden und Wiesengründen und im Geiste eines jeden Zeichen des Glücks. Die Flüsse schwollen an mit klarem Wasser, und die Seen waren mit farbenprächtigen Lotosblumen übersät. Überall in den Wäldern waren schöne Vögel und Pflanzen zu sehen. Die Vögel in den Wäldern hoben nun an, mit lieblichen Stimmen zu singen, und die Pfauen mit ihren Weibchen tanzten dazu. Der Wind, der den Duft vieler Blumen mit sich trug, wehte sehr wohltuend und verlieh den körperlichen Sinnen ein angenehmes Gefühl. Die brahmanas, die seit jeher im Feuer Opfergaben darzubringen pflegten, sahen, daß in ihren Häusern die Bedingungen für solche Opfer erneut sehr günstig geworden waren, denn wegen der Verfolgung, die die dämonischen Könige angeordnet hatten, waren in den Häusern der brahmanas fast keine Feueropfer mehr durchgeführt worden; doch nun bot sich ihnen auf einmal die Gelegenheit, das Feuer wieder in Frieden zu entzünden. Als den brahmanas das Darbringen von Opfern verboten worden war, hatte sich in ihrem Geist, ihrer Intelligenz und in ihren Tätigkeiten Betrübtheit ausgebreitet; doch zu der Zeit, da Sri Krishna erscheinen sollte, wurden sie von Freude erfüllt, denn sie konnten deutlich hörbare Schwingungen transzendentaler Klänge vom Himmel vernehmen, die das Erscheinen der Höchsten Persönlichkeit Gottes ankündigten.

Die Bewohner der Gandharva- und Kinnara-Planeten begannen zu singen, und die Bewohner von Siddhaloka und den Planeten der Caranas brachten zur Freude der Persönlichkeit Gottes Gebete dar. Auf den himmlischen Planeten versammelten sich die Engel zusammen mit ihren Frauen und den Apsaras und führten bezaubernde Tänze auf.

Die großen Weisen und Halbgötter ließen voller Freude Blumen niederregnen. An der Meeresküste war das Rauschen sanfter Wellen zu vernehmen, und aus den Wolken über dem Meer erklang angenehm schallender Donner.

Als sich alles in solcher Harmonie befand, erschien in der Dunkelheit der Nacht Sri Visnu, der im Herzen eines jeden Lebewesens gegenwärtig ist, als die Höchste Persönlichkeit Gottes vor Devaki, die wie eine Halbgöttin anmutete. Das Erscheinen Sri Visnus zu jener Zeit kann mit dem Vollmond verglichen werden, der am östlichen Horizont aufging. Man könnte einwenden, es sei nicht möglich, daß der Vollmond zu diesem Zeitpunkt aufgegangen sei, da Sri Krishna doch am achten Tag des abnehmenden Mondes erschien. Die Erklärung hierzu lautet wie folgt: Sri Krishna erschien in der Dynastie, die vom Mond abstammt, und daher konnte der Mond, obwohl er in jener Nacht eigentlich nur eine Sichel gewesen wäre, durch die Gnade Krishnas als Vollmond erscheinen, überwältigt von der Freude, daß Krishna in der Dynastie erschien, in der er, der Mond, selbst der Stammvater war.

In einer astrologischen Abhandlung namens Khamanikya wird die Konstellation der Gestirne zur Erscheinungszeit Sri Krishnas sehr genau beschrieben. Es wird dort bestätigt, daß das Kind, das in jenem günstigen Augenblick geboren wurde, das Höchste Brahman, die Absolute Wahrheit, war.

Vasudeva betrachtete mit Erstaunen das wundervolle Kind, das vier Arme hatte und in den Händen Muschelhorn, Keule, Feuerrad und Lotosblume hielt. Das Kind war mit dem Srivatsa-Zeichen geschmückt, trug eine Halskette aus kaustubha-Juwelen, war in gelbe Seide gekleidet und glänzte wie eine schwärzliche Wolke. Auf Seinem Kopf befand sich ein Helm, der mit vaidurya-Steinen besetzt war, Es trug wertvolle Armreife, Ohrringe und viele andere Schmuckstücke überall auf Seinem Körper, und Sein Gesicht wurde von einer prächtigen Haarfülle umrahmt. Vasudeva war über die außergewöhnliche Erscheinung des Kindes von Verwunderung ergriffen. Wie konnte ein neugeborenes Kind so wunderschön geschmückt sein? Er konnte deshalb verstehen, daß Sri Krishna nun erschienen war, und diese Erkenntnis überwältigte ihn. Voller Demut fragte sich Vasudeva, wie es möglich sei, daß die alldurchdringende Persönlichkeit Gottes, Visnu, Krishna, als Kind in Seiner ursprünglichen Gestalt vor einem gewöhnlichen Lebewesen wie ihm erschien, der er doch unter dem Einfluß der materiellen Natur stand und sich dazu noch in Kamsas Gefängnis befand. Kein irdisches Kind wird mit vier Armen geboren, geschmückt mit kostbaren Juwelen und schönen Kleidern und versehen mit allen Zeichen der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Immer wieder betrachtete Vasudeva sein Kind und überlegte sich, wie er diesen glücklichen Augenblick würdigen könnte. Er dachte bei sich: "Gewöhnlich feiert man die Geburt eines männlichen Kindes mit freudvollen Festen und Zeremonien, und nun wurde mir, obgleich ich gefangen bin, die Höchste Persönlichkeit Gottes geboren. Wie viele Millionen und Abermillionen Male müßte also ich diese glückverheißenden Zeremonien durchführen!"

Als Vasudeva, der auch Anakadundubhi genannt wird, sein neugeborenes Kind ansah, war er so glücklich, daß er den brahmanas viele tausend Kühe als Spende geben wollte. Nach vedischem System verteilt der König großzügige Spenden, wenn im ksatriya-Palast eine glückverheißende Zeremonie gefeiert wird. Dabei werden den brahmanas und Weisen viele mit goldenen Gehängen geschmückte Kühe geschenkt. Vasudeva wollte ebenfalls eine solche Zeremonie durchführen, um Krishnas Erscheinen zu feiern, doch weil er von Kamsa in Ketten gelegt worden war, fehlte ihm jede Möglichkeit dazu. Trotzdem führte er diese Zeremonie durch, indem er den brahmanas einfach in Gedanken Tausende von Kühen schenkte.

Als Vasudeva überzeugt war, daß das neugeborene Kind die Höchste Persönlichkeit Gottes war, kniete er mit gefalteten Händen nieder und verbeugte sich, um Ihm seine Gebete darzubringen. Vasudeva befand sich auf der transzendentalen Ebene und war von aller Furcht vor Kamsa völlig befreit. Die Ausstrahlung des neugeborenen Kindes erfüllte den ganzen Raum, in dem Es erschienen war, mit einem hellen Licht.

Vasudeva betete: "O Herr, ich verstehe, wer Du bist. Du bist die Höchste Persönlichkeit Gottes, die Überseele aller Lebewesen und die Absolute Wahrheit. Du bist in Deiner ursprünglichen, ewigen Gestalt erschienen, die jetzt von uns direkt wahrgenommen werden kann, und ich verstehe, daß Du erschienen bist, nur um mich von der Furcht vor Kamsa zu befreien. Du gehörst nicht zur materiellen Welt; vielmehr bist Du derjenige, der einfach nur durch einen Blick über die materielle Natur die kosmische Manifestation erschafft."

Man könnte einwenden, der Höchste Herr, der die gesamte kosmische Manifestation einfach durch Seinen Blick erschafft, könne nicht im Leib Devakis, der Frau Vasudevas, erscheinen. Um dieses Argument zu widerlegen, sagte Vasudeva: "Mein lieber Herr, es ist nicht weiter verwunderlich, daß Du im Leib Devakis erschienen bist, denn auf dieselbe Weise hast Du auch die Schöpfung durchgeführt. Du lagst als Maha-Visnu im Ozean der Ursachen, und durch Dein Ausatmen entstanden unzählige Universen. Daraufhin gingst Du als Garbhodakasayi Visnu in jedes dieser Universen ein, und dann hast Du Dich in Ksirodakasayi Visnu erweitert und bist auf diese Weise in die Herzen aller Lebewesen und sogar in die Atome eingegangen. Und so ist auch Dein Eintreten in den Leib Devakis zu verstehen. Du scheinst in Devaki eingegangen zu sein, aber gleichzeitig bist Du alldurchdringend. Anhand von Phänomenen, die wir in der materiellen Welt beobachten, können wir verstehen, wie Du gleichzeitig in etwas eingehen und trotzdem allgegenwärtig sein kannst. Die gesamte materielle Energie bleibt selbst dann bestehen, wenn sie in die sechzehn Elemente aufgeteilt wird. Der materielle Körper ist nichts weiter als eine Verbindung der fünf grobstofflichen Elemente — Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Wann immer ein materieller Körper entsteht, scheint es, als ob die dazu erforderlichen Elemente neu geschaffen würden; in Wirklichkeit jedoch existieren diese Elemente zu jeder Zeit unabhängig von den körperlichen Formen, und ebenso existierst Du, obwohl Du als Kind im Leibe Devakis erscheinst, auch außerhalb von ihr. Du weilst immer in Deinem Reich, aber dennoch kannst Du Dich gleichzeitig in Millionen von Formen erweitern.

Man muß Dein Erscheinen mit wahrer Intelligenz verstehen, da die materielle Energie ebenfalls von Dir ausgeht. Du bist die ursprüngliche Quelle der materiellen Energie, genau wie die Sonne der Ursprung des Sonnenscheins ist. Der Sonnenschein kann den Sonnenplaneten nicht bedecken, und so kann auch die materielle Energie, da sie Deine Emanation ist, Dich nicht bedecken. Du scheinst unter dem Einfluß der drei Erscheinungsweisen der materiellen Energie zu stehen, doch in Wirklichkeit können Dich diese Erscheinungsweisen nicht bedecken. Alle großen Philosophen bestätigen dies. Mit anderen Worten, obwohl es so aussieht, als seist Du dem Einfluß der materiellen Energie unterworfen, kann sie Dich niemals bedecken."

Wir erfahren aus den Veden, daß vom Höchsten Brahman eine Ausstrahlung ausgeht, wodurch alles erleuchtet wird. Der Brahma-samhita können wir entnehmen, daß das brahmajyoti (die Brahman-Ausstrahlung) vom Körper des Höchsten Herrn ausgeht. Aus der Brahman-Ausstrahlung wiederum geht die gesamte Schöpfung hervor. In der Bhagavad-gita wird gesagt, daß der Herr auch der Erhalter der Brahman-Ausstrahlung ist. Er ist die ursprüngliche Wurzel alles Existierenden. Doch Menschen mit geringer Intelligenz denken, Krishna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, nehme materielle Eigenschaften an, wenn Er in der materiellen Welt erscheine. Schlußfolgerungen dieser Art zeugen nicht von großer Weisheit, und nur die weniger Intelligenten vertreten solche Auffassungen.

Die Höchste Persönlichkeit Gottes existiert direkt und indirekt überall; Er weilt außerhalb der materiellen Schöpfung, und gleichzeitig befindet Er Sich auch in ihr. Er existiert in der materiellen Schöpfung nicht nur als Garbhodakasayi Visnu, sondern Er ist auch in jedem Atom gegenwärtig. Alles Existierende beruht auf Seiner Gegenwart. Nichts kann von Seiner Existenz getrennt werden. Aus den vedischen Unterweisungen erfahren wir, daß sich jeder der Höchsten Seele, der ursprünglichen Wurzel allen Seins, zuwenden sollte, da nichts unabhängig von Ihr existiert. Deshalb ist auch die materielle Manifestation eine Umwandlung Seiner Energie. Sowohl die leblose Materie als auch die Lebenskraft, die Seele, geht von Ihm aus. Nur törichte Menschen glauben, der Höchste Herr nehme die Eigenschaften der Materie an, wenn Er erscheine. Selbst wenn Er scheinbar einen materiellen Körper annimmt, ist Er nicht der Bedingtheit der materiellen Natur unterworfen. Mit Seinem Erscheinen hat Krishna allen Fehlvorstellungen und Spekulationen über das Erscheinen und Fortgehen der Höchsten Persönlichkeit Gottes ein Ende bereitet.

"Mein Herr, Dein Erscheinen, Deine Gegenwart und Dein Fortgehen befinden sich jenseits der materiellen Erscheinungsweisen. Weil Du der Kontrollierende alles Existierenden und der Ruheort des Höchsten Brahmans bist, ist in Deiner Person nichts unvorstellbar oder widersprüchlich. Wie Du Selbst gesagt hast, wirkt die materielle Natur unter Deiner Aufsicht — ähnlich wie ein Regierungsbeamter, der die Anordnungen seines Vorgesetzten befolgt. Die Wirkung Dir untergeordneter Tätigkeiten kann Dich nicht berühren. Das Höchste Brah-man und die Erscheinungswelt existieren in Dir, und alle Vorgänge in der materiellen Natur werden von Dir, o Herr, kontrolliert.

Du wirst suklam genannt. Suklam, die Farbe Weiß, ist die symbolische Repräsentation der Absoluten Wahrheit, da diese nicht durch materielle Einflüsse verunreinigt ist. Brahma wird rakta (rot) genannt, weil er für die Erscheinungsweise der Leidenschaft zuständig ist. Die Dunkelheit gehört zu Siva, weil er den Kosmos vernichtet. Die Schöpfung, Vernichtung und Erhaltung der kosmischen Manifestation wird durch Deine Energien bewirkt, doch Du Selbst wirst niemals davon beeinflußt. Wie in den Veden bestätigt wird (harir hi nirgunah sak-sat), ist die Höchste Persönlichkeit Gottes immer frei von allen materiellen Erscheinungsweisen. Ebenso steht geschrieben, daß es in der Person des Höchsten Herrn nicht die geringste Spur der Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit gibt.

O Herr, Du bist der Höchste Kontrollierende, die Persönlichkeit Gottes, der Absolute, der die Ordnung der kosmischen Schöpfung aufrechterhält. Und obgleich Du der Höchste Kontrollierende bist, bist Du dennoch in Deiner Güte vor mir erschienen. Du bist gekommen, um die Anhänger der dämonischen Herrscher zu töten, die sich als Könige verkleidet haben, in Wirklichkeit aber Dämonen sind. Ich bin sicher, daß Du sie alle, zusammen mit ihren Anhängern und Soldaten, töten wirst.

Ich weiß, daß Du erschienen bist, um den barbarischen Kamsa und seine Anhänger zu töten. Da er wußte, daß Du erscheinen würdest, um ihn und seine Anhänger zu vernichten, hat er bereits alle Deine Brüder, die vor Dir erschienen sind, ermordet. Nun wartet er nur noch auf die Nachricht Deiner Geburt. Sobald er davon hört, wird er mit allen möglichen Waffen erscheinen, um Dich zu vernichten."

Nach diesem Gebet Vasudevas brachte Devaki, die Mutter Krishnas, ihre Gebete dar. Devaki, die sich sehr vor den Grausamkeiten ihres Bruders fürchtete, sagte: "Mein lieber Herr, Deine ewigen Formen wie Narayana, Sri Rama, Hayasirsa, Varaha, Nrsirhha, Vamana, Baladeva und Millionen ähnlicher Inkarnationen, die von Visnu ausgehen, werden in den vedischen Schriften als ursprünglich beschrieben. Du wirst als ursprünglich bezeichnet, weil sich all Deine Inkarnationen jenseits der materiellen Schöpfung befinden. Du existiertest, bevor die kosmische Manifestation erschaffen wurde, und deshalb sind all Deine verschiedenen Erweiterungen und Inkarnationen ewig und alldurchdringend. Sie strahlen aus sich selbst heraus, sie unterliegen keiner Veränderung, und keine materielle Erscheinungsweise kann sie verunreinigen. Solche ewigen Formen sind immer voller Wissen und voller Glückseligkeit; sie befinden sich in transzendentaler Tugend, und sie führen fortwährend die verschiedensten Spiele aus. Du bist nicht auf eine bestimmte Form begrenzt; all Deine transzendentalen ewigen Erweiterungen und Inkarnationen sind in sich selbst zufrieden. Mir ist klar, daß Du der Höchste Herr, Sri Visnu, bist.

Nach vielen Millionen von Jahren, wenn Brahmas Leben zu Ende geht, wird die kosmische Manifestation vernichtet, und die fünf Elemente — Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther — gehen in das mahat-tattva ein. Das mahat-tattva wiederum tritt unter dem Einfluß der Zeit in die nichtmanifestierte Gesamtheit der materiellen Energie ein. Diese materielle Energie geht in das energetische pra-dhana ein, und das pradhana geht schließlich in Dich ein. Nach der Vernichtung der gesamten kosmischen Manifestation existierst nur noch Du zusammen mit Deinem transzendentalen Namen, Deiner transzendentalen Gestalt, Deinen transzendentalen Eigenschaften und allem, was mit Dir verbunden ist.

O mein Herr, ich bringe Dir meine respektvollen Ehrerbietungen dar, denn Du bist der Lenker der gesamten nichtmanifestierten Energie, und Du bist das höchste Behältnis der materiellen Natur. Mein Herr, die gesamte kosmische Manifestation steht unter dem Einfluß der Zeit, angefangen von der Dauer eines Augenblickes bis hin zur Dauer eines Jahres. Alles geschieht unter Deiner Aufsicht. Du bist der ursprüngliche Lenker alles Existierenden und die Quelle aller Energien.

Die bedingten Seelen fliehen ständig von einem Körper zum nächsten und von einem Planeten zum anderen, aber dennoch entkommen sie den Angriffen von Geburt und Tod nicht. Aber wenn ein solches von der Angst verfolgtes Lebewesen unter den Schutz Deiner Lotosfüße gelangt, findet es Frieden, frei von der Furcht, vom gnadenlosen Tod angegriffen zu werden." Diese Worte Devakis werden in der Bhagavad-gita vom Herrn Selbst bestätigt. Er sagt dort, daß man durch das ganze Universum reisen kann, von Brahmaloka bis Patalaloka, daß man aber trotzdem dem Angriff von Geburt, Tod, Krankheit und Alter nicht entkommen kann. Wer jedoch in das Königreich Gottes gelangt, sagt der Herr, ist niemals mehr gezwungen, in die materielle Welt zurückzukehren.

"Daher bitte ich Dich, o Herr, errette mich aus der Gewalt des grausamen Kamsa, des Sohnes von Ugrasena. Ich bete zu Dir, daß Du mich aus diesem angstvollen Zustand befreien mögest, denn Du bist immer bereit, Deinen Dienern Schutz zu gewähren." Der Herr hat diese Feststellung in der Bhagavad-gita bestätigt, als Er Arjuna versicherte: "Der ganzen Welt kannst du verkünden, daß Mein Geweihter niemals vergeht."

Während Mutter Devaki so um Schutz betete, wurde ihre mütterliche Liebe deutlich: "Ich weiß, daß Deine transzendentale Gestalt im allgemeinen nur von den großen Weisen in tiefer Meditation geschaut werden kann; aber dennoch befürchte ich nun, wo Du erschienen bist, daß Kamsa Dir Leid zufügen könnte, sobald er davon erfährt. Daher bitte ich Dich, vorerst für unsere materiellen Augen unsichtbar zu werden." Mit anderen Worten, sie bat den Herrn, die Gestalt eines gewöhnlichen Kindes anzunehmen. "Der einzige Grund, warum ich meinen Bruder Kamsa fürchte, bist Du. O Madhusudana, Kamsa weiß vielleicht noch nicht, daß Du geboren wurdest. Daher bitte ich Dich, Deine herrliche vierarmige Gestalt zu verbergen, die die vier Symbole Visnus — Muschelhorn, Feuerrad, Keule und Lotosblume — hält. Lieber Herr, am Ende der Vernichtung der kosmischen Manifestation nimmst Du das gesamte Universum in Deinen Leib auf, und dennoch bist Du in Deiner reinen Barmherzigkeit in meinem Schoß erschienen. Ich kann es kaum fassen, daß Du wie ein gewöhnliches menschliches Wesen auftrittst, nur um Deine Geweihten zu erfreuen."

Nachdem der Herr die Gebete Devakis angehört hatte, antwortete Er: "Meine liebe Mutter, im Zeitalter des Svayambhuva Manu lebte Mein Vater, Vasudeva, als einer der Prajapatis, und damals hieß er Sutapa, und du warst seine Frau mit Namen Prsni. Als Brahma wünschte, die Bevölkerung zu vermehren, bat er euch, Nachkommenschaft zu zeugen. Daraufhin habt ihr euch darin geübt, eure Sinne zu beherrschen, und ihr habt strenge Entsagung auf euch genommen. Indem ihr die Atemübungen des yoga-Systems praktiziertet, wurdet ihr fähig, alle Einflüsse der materiellen Gesetze zu ertragen: Regenzeiten, Sturmwinde und die glühende Hitze der Sonne. Ihr befolgtet alle religiösen Prinzipien und konntet auf diese Weise euer Herz reinigen und den Einfluß der materiellen Gesetze überwinden. Ihr lebtet in völliger Entsagung und habt euch nur von zu Boden gefallenen Blättern ernährt. Als ihr dann Ausgeglichenheit des Geistes und Freiheit von sexuellen Drängen erlangtet, habt ihr Mich mit dem Wunsch verehrt, eine außergewöhnliche Segnung zu erhalten. Nach der Zeitrechnung der Halbgötter habt ihr zwölftausend Jahre lang strenge Bußen auf euch genommen. Während dieser Zeit waren alle eure Gedanken immer in Mich vertieft. Als ihr Mir in Hingabe dientet und ohne Unterlaß an Mich dachtet, war Ich über euch sehr erfreut. O sündlose Mutter, dein Herz ist deshalb immer rein. Auch zu jener Zeit erschien Ich in dieser Gestalt vor dir und fragte dich nach deinen Wünschen. Damals hast du den Wunsch geäußert, Mich als deinen Sohn zu bekommen. Du sahst Mich persönlich und hättest Mich um vollkommene Befreiung aus der materiellen Knechtschaft bitten können, aber statt dessen hast du Mich, unter dem Einfluß Meiner Energie, gebeten, dein Sohn zu werden."

So wählte Sich der Herr Prsni und Sutapa zu Seinen Eltern, um in der materiellen Welt zu erscheinen. Wann immer der Herr in der Gestalt eines menschlichen Wesens in die materielle Welt hinabsteigt, muß Er jemanden als Vater und jemanden als Mutter haben, und so wählte Er Prsni und Sutapa als Seine ewigen Eltern. Aus diesem Grunde konnten Prsni und Sutapa den Herrn nicht um Befreiung bitten. Befreit zu werden ist nicht so wichtig, wie dem Herrn in transzendentaler Liebe zu dienen. Der Herr hätte Prsni und Sutapa augenblickliche Befreiung gewähren können, doch Er zog es vor, daß sie in der materiellen Welt blieben, damit sie bei Seinen verschiedenen Erscheinungen dabeisein konnten, wie dies im folgenden erklärt wird. Nachdem Prsni und Sutapa vom Herrn die Segnung empfangen hatten, Seine Eltern zu werden, beendeten sie ihre Entsagungen und Bußen und lebten als Mann und Frau zusammen, um ein Kind zu zeugen, das die Höchste Persönlichkeit Gottes Selbst sein sollte.

Vasudeva bringt seinen Sohn Krishna aus dem GefängnisNach einiger Zeit wurde Prsni schwanger und brachte das Kind zur Welt. Der Herr sprach weiter zu Devaki und Vasudeva: "Zu jener Zeit war Mein Name Prsnigarbha. Im nächsten Zeitalter wurdet ihr als Aditi und Kasyapa geboren, und Ich wurde euer Kind mit dem Namen Upendra. Meine Gestalt glich der eines Zwerges, und deshalb wurde Ich auch Vamanadeva genannt. Ich gab euch die Segnung, dreimal als euer Sohn zu erscheinen. Das erste Mal wurde Ich von Prsni und Sutapa als Prsnigarbha geboren; bei der nächsten Geburt hieß Ich Upendra, und ihr wart Aditi und Kasyapa, und nun erscheine Ich zum dritten Mal als euer Sohn, als Krishna, der Sohn Devakis und Vasudevas. Ich erschien in dieser Visnu-Gestalt, um euch davon zu überzeugen, daß Ich die gleiche Höchste Persönlichkeit Gottes bin. Ich hätte auch als ein gewöhnliches Kind erscheinen können, doch dann hättet ihr nicht geglaubt, daß dieses Kind aus deinem Schoß die Höchste Persönlichkeit Gottes ist. Meine lieben Eltern, ihr habt Mich viele Male mit großer Zuneigung und Liebe als euer Kind aufgezogen, und daher bin Ich sehr zufriedengestellt. Ich danke euch, und Ich versichere euch, daß ihr dieses Mal zurück nach Hause, zurück zu Gott, gehen werdet. Ich weiß, daß ihr um Mich besorgt seid, denn ihr fürchtet Kamsa. Bringt Mich deshalb sofort nach Gokula und tauscht Mich gegen die Tochter aus, die gerade von Yasoda geboren wurde."

Nachdem der Herr so zu Seinem Vater und zu Seiner Mutter gesprochen hatte, nahm Er die Gestalt eines gewöhnlichen Kindes an und lag schweigend da.

Vasudeva bringt seinen Sohn Krishna aus dem GefängnisUm der Anweisung der Höchsten Persönlichkeit Gottes Folge zu leisten, traf Vasudeva sofort alle notwendigen Vorkehrungen, um mit seinem Sohn das Gefängnis, den Schauplatz Seiner Geburt, zu verlassen. Gerade in jener Stunde wurde Nanda und Yasoda in Gokula eine Tochter geboren. Es war Yogamaya, die innere Energie des Herrn, und durch ihren Einfluß wurden alle Bewohner im Palast Kamsas, vor allem die Torwächter, von tiefem Schlaf übermannt. Alle Palasttore öffneten sich, obwohl sie mit eisernen Ketten verschlossen waren. In dieser Nacht herrschte tiefste Finsternis, doch als Vasudeva mit Krishna auf dem Arm in die Nacht hinaustrat, wurde alles hell erleuchtet, als ob die Sonne schien.

Im Caitanya-caritamrta wird gesagt, daß Krishna wie das Sonnenlicht ist und daß dort, wo Krishna ist, die illusionierende Energie, die mit Dunkelheit verglichen wird, nicht standhalten kann. Als Vasudeva Krishna trug, wich die Dunkelheit der Nacht. Alle Gefängnistüren öffneten sich wie von selbst. Zur gleichen Zeit erschallte ein Donnern am Himmel, und schwerer Regen setzte ein. Während Vasudeva seinen Sohn Krishna durch den prasselnden Regen trug, breitete Sesa in der Gestalt einer Schlange seine Häupter über dem Kopf Vasudevas aus, so daß der Regen ihm nichts anhaben konnte. Als Vasudeva zum Ufer der Yamuna kam, sah er, daß diese mit schäumenden Wogen dahinbrauste. Dennoch gab der Fluß, obwohl er so wild erschien, eine Furt frei, damit Vasudeva ungehindert ans andere Ufer gelangen konnte, genau wie auch der Indische Ozean einmal einen Weg für Sri Rama freigegeben hatte. Auf diese Weise überquerte Vasudeva die Yamuna. Als er das Haus Nanda Maharajas in Gokula erreichte, sah er, daß alle Kuhhirten in tiefem Schlaf lagen. Schnell nutzte er die Gelegenheit, betrat leise das Haus von Yasoda und vertauschte seinen Sohn mit dem neugeborenen Mädchen Yasodas. Daraufhin kehrte er zum Gefängnis Kamsas zurück, legte das Mädchen vorsichtig auf den Schoß Devakis und legte sich die Fesseln wieder an, damit Kamsa nicht bemerken konnte, daß in der Zwischenzeit so vieles geschehen war.

Mutter Yasoda war sich bewußt, daß sie ein Kind zur Welt gebracht hatte, aber weil sie von der Anstrengung der Geburt sehr erschöpft war, lag sie in tiefem Schlaf. Als sie erwachte, konnte sie sich nicht mehr erinnern, ob sie ein männliches oder ein weibliches Kind geboren hatte.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 3. Kapitel des Krishna-Buches "Die Geburt Sri Krishnas".


Krishna - Die Quelle aller Freude 1 (pdf 1,24 MB)   --   Krishna - Die Quelle aller Freude 2 (pdf 1,26 MB)