Gott erscheint in zahllosen verschiedenen Formen,
die von den vedischen Schriften (Vedas) als Avatar oder
als Inkarnationen bezeichnet werden. Es wäre jedoch ein Fehler zu
denken, Gott wäre je nach dem Land oder der Kultur in der Er erscheint ein
anderer. Ebenso wie die Sonne dieselbe ist - egal ob sie nun in verminderter Stärke
am Nordpol oder in voller Kraft am Äquator scheint - so bleibt Gott derselbe
eine. Es hängt von unserem Standpunkt ab, wie wir die Sonne wahrnehmen und
genauso hängt es von uns ab, wie wir Gott wahrzunehmen vermögen.
Aus vielerlei Hinsicht ist es im Grunde kein Wunder,
dass so viele Völker die Sonne und das Licht als Gottheit verehrt haben.
Denn die Höchst Persönlichkeit Gottes hat mit der Sonne einiges gemeinsam.
Und nicht nur im metaphysischen Sinn.
Obwohl es nur eine Sonne gibt, wird diese in vielen verschiedenen Formen wahrgenommen.
Da gibt es die schwache Polarsonne, die brennende Wüstensonne, die glühende
Äquatorsonne, die Sommersonne, die Wintersonne, die Morgensonne, die Abendsonne
usw. Obwohl es nur eine einzige Sonne gibt, wird diese nach den jeweiligen Erscheinungsformen
verschieden beschrieben. Die Sommersonne und die Wintersonne sind vollkommen dieselbe
Sonne, dennoch gibt es Unterschiede, genaso wie bei der Morgen- und Abendsonne.
Die Sommersonne ist z. B. heißer als die Wintersonne und die Morgensonne
glüht heller und wärmer als die Abendsonne, die gerade am untergehen
ist.. Ähnlich verhält es sich mit den Erscheinungsformen der Höchsten
Persönlichkeit Gottes. Obwohl der Herr einer ist, wird Er nicht nur in einer
einzigen Form wahrgenommen.
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Inkarnation als Ramachandra
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Wie wir im Laufe unseres Lebens
oder sogar gleichzeitig mehrere verschiedene Rollen spielen, so erscheint auch
die Höchste Persönlichkeit Gottes in vielen Formen. So wie wir zur gleichen
Zeit Mutter oder Vater, Sohn oder Tochter, Angestellter oder Abteilungsleiter
sein können. Die einen Menschen kennen uns als Mutter oder Vater, andere
als Chef, wieder andere als Lehrer, als Geliebter oder Geliebte, als Kind, als
Erwachsener, als Greis... und trotzdem sind wir stets derselbe eine. Ähnlich
erscheint der Herr den Menschen in verschiedenen Formen, obwohl Er nur einer ist.
Dieses Beispiel zeigt, dass eine gewisse Ähnlichkeit zwischen gewöhnlichen
Menschen und der Höchsten Persönlichkeit Gottes nicht bestritten werden
kann. Dennoch ist der Herr aber keinesfalls eine gewöhnliche Person. Dies
zeigt sich schon an seinen Merkmalen und seinen wunderbaren Taten, wie sie in
den offenbarten Schriften beschrieben werden.
Die Veden oder Vedas
wissen von zahllosen Inkarnationen (Erscheinungen der Höchsten
Persönlichkeit Gottes) zu berichten. Die heiligen Schriften
der Veden und die großen Gelehrten und Heiligen der
vedischen Tradition erklären, dass von allen bekannten
Erscheinungen der Höchsten Persönlichkeit Gottes
Krishna die ursprüngliche und damit die höchste
ist. In unserem Beispiel mit der Sonne ist Krishna die vollkommenste
Erscheinungsform oder Erkenntnis der Sonne. Er ist die ursprüngliche
Sonne, von der alle anderen "Sonnen" - Wintersonne, Sommersonne,
Polarsonne usw. - ausgehen. Die Eigenschaften der anderen
"Sonnen" sind alle auch in Krishna vorhanden und werden in
Seinen Tätigkeiten auch manifestiert.
Mein
Gott ist größer als dein Gott
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Inkarnation als Narasimha
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Wir leben in einem Zeitalter, das von den Veden als
das Zeitalter des Streites und der Heuchelei beschrieben wird. In diesem Zeitalter
wird die Erde von Menschen bevölkert, deren hauptsächliche Eigenschaften
nicht gerade edel sind. Viele Menschen suchen Vorwände, um Macht über
andere zu erlangen und sie ausbeuten zu können oder einfach nur um miteinander
zu streiten und sich zu bekämpfen. Diese Vorwände sind oft nationalistischer
Art, werden aber genauso dem religiösen oder kulturellen Umfeld entnommen.
Es gibt heute viele Menschen, die davon überzeugt sind, sie alleine würden
den einzigen richtigen Gott kennen. Das ist so, als würde man sagen, die
Sonne über Europa wäre die einzig richtige und die "Sonnen" woanders
wären von Menschen erfundene Lügen. Andere sagen wieder, es würde
gar keinen Gott geben. Sie sind wie Menschen in der Nacht, die glauben, weil sie
die Sonne nicht sehen können, es gäbe gar keine Sonne. Dabei ist eine
Nacht ohne Sonne gar nicht möglich. Wieder andere sagen, jeder sei Gott.
Diese sind so wie Menschen, die denken, jedes Glühwürmchen wäre,
weil es ja auch eine gewisse Helligkeit besitzt, genauso gut wie die Sonne. Aber
wie kann ein Glühwürmchen, dessen Kraft noch dazu von der Sonne stammt,
mit der Sonne gleichgesetzt werden? Sogar die offenbarten Schriften werden verfälscht
und missbraucht, um irgendwelche haarsträubende Ideologien zu rechtfertigen.
Wirklich religiöse und gottesbewusste Menschen jedoch zeichnen sich durch Toleranz,
Weisheit, Rechtschaffenheit, Gewaltlosigkeit, Demut, Aufrichtigkeit, Nächstenliebe,
Wohltätigkeit, Entsagung, Friedfertigkeit und viele andere gute Eigenschaften
aus. Sie haben es nicht nötig zu heucheln oder wie Hunde und Katzen zu streiten.
Sie akzeptieren alle ihre Mitgeschöpfe als Kinder des Höchsten Herrn, dessen demütige
Diener sie selbst sind, und sie achten und vergeben auch denjenigen, die ihnen
Übles antun.
Alles ist Gott?
Tatsächlich finden sich in den vedischen Überlieferungen
Aussagen, dass alles Brahman (die absolute Wahrheit
oder Gott) ist. Es gibt nichts außer Brahman, Gott,
und so ist alles Gott. Diese Aussagen sind richtig, werden
jedoch manchmal falsch verstanden und einige Personen gehen
in ihrem Irrtum sogar soweit, sich selbst oder irgendwelche
andere gewöhnliche Menschen als Gott zu verehren oder
zu bezeichnen.
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Die übersinnliche Welt hinter der
sinnlichen Welt überschreitet die Geisteskraft des Menschen.
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Alles ist die Höchste Persönlichkeit
Gottes, weil alles in Verbindung mit dem Herrn steht. Ähnlich wie die Sonne
und ihre Energie (Licht und Wärme) mit der ganzen Welt in Verbindung steht.
So wie eine Pflanze aus umgewandelter Sonnenenergie besteht, trotzdem aber nicht
die Sonne selbst ist, sind die Welt, die individuellen Seelen usw. gleichzeitig
eins und verschieden von der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Ein Baum
besteht aus Blättern, Blüten, Früchten, Ästen und einem Stamm. Doch obwohl Blätter,
Früchte, Zweige usw. für sich alleine nicht den eigentlichen Baum ausmachen, und
als solche auch nicht als Baum bezeichnet werden, sind sie doch alle untrennbare
Teile des Baumes. Es ist nicht alles Gott, obwohl alles Gott ist. "Alle Wesen
sind in Mir, doch Ich bin nicht in ihnen", erklärt Krishna in der Bhagavad-gita
(9.4). Das Wesen der Höchsten Persönlichkeit Gottes überschreitet
die Grenzen der menschlichen Fassungskraft.
Gibt es wirklich einen
Gott?
Freiheit ist die Grundlage unseres Lebens; sie ist sozusagen unsere Seele. Wenn
wir keine Freiheit hätten, wären wir wie Maschinen. Wenn uns der Höchste
Herr zwingen würde, das Gute zu tun, das Richtige zu glauben usw., selbst
wenn es nur zu unserem eigenen Besten ist, würde er uns unsere Freiheit und
damit unser Leben nehmen. Dann wären wir nicht mehr als ein High-Tech-Roboter,
eine Art Tamagotchi auf zwei Beinen.
Wegen dieser uns zugestandenen Freiheit können wir immer sagen: Das glaube
ich nicht. Selbst wenn sich der Herr leibhaftig vor uns hinstellen und uns den
Himmel auf den Kopf fallen lassen würde, könnten wir immer noch sagen:
Das glaube ich nicht. Das hat doch alles eine 'ganz natürliche Erklärung'.
Das Glauben kann uns niemand abnehmen. Dem Himmel sei Dank! Man stelle sich vor,
es gäbe einen Weg, uns alles glauben zu machen, was in der Werbung gesagt
wird.
Trotzdem kann Vertrauen und Glauben an Gott zu erlangen sehr schwierig sein, denn
dazu ist die Barmherzigkeit des Herrn notwendig. Doch der Herr ist vollständig
frei und unabhängig. Er ist durch nichts verpflichtet Sich uns zu stellen.
Dafür muss man sich erst qualifizieren, ähnlich wie man erst gewisse
Eigenschaften und Vorbedingungen erfüllt haben muss, um eine Audienz bei
hochgestellten Persönlichkeiten zu erhalten. Was diese Vorbedingungen und
Eigenschaften sind, darüber berichten die offenbarten Schriften und die Heiligen.
Der Höchste Herr kann nicht von uns gezwungen werden. Er offenbart Sich aus
Seinem Eigenen freien Willen.
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Das Krishnakind in Vrindavan
(c) Bhaktivedanta Book Trust
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Lord Krishna
Krishna erschien vor ca. 5000 Jahren als
der Sohn eines Kuhhirten in dem Dorf Vrindavan im heutigen Indien. Er
verbrachte dort Seine Kindheit und Jugend und wurde dann in die Stadt Mathura
gebracht, wo Er als ksatriya, ein vedischer Herrscher und Krieger lebte.
Wie Er den Pandavas half, ihr Königreich wieder zu erlangen, wird im Mahabharata,
der größten epischen Erzählung der Welt berichtet. Die Bhagavad-gita,
eine der bekanntesten Schriften der Veden, ist ein Kapitel aus dem Mahabharata.
Die Beschreibung von Krishnas Kindheit und Jugend findet sich in den Puranas.
Diese Beschreibungen der Spiele und Taten des Krishnakindes bergen die höchsten
und wunderbarsten Geheimnisse der Spiritualität und sie sind die Meisterschaft
der Veden. Nirgendwo wird ähnliches berichtet. Lediglich die Nachfolger von
Jesus Christus haben eine Ahnung von diesem wunderbarsten und höchsten aller
Schätze, dem Krishnakind im Garten Vrindavan, das sich im Christuskind widerspiegelt.
Das wichtigste der Puranas ist das Srimad Bhagavatam.
Um die wunderbaren Taten Krishnas verstehen zu können, benötigt man
zumindest grundlegende Kenntnisse der vedischen Kultur und ein gefestigtes spirituelles
Verständnis. Ansonsten wird man sie missverstehen. Es muss davon abgeraten
werden, sich ohne entsprechende Vorbereitungen insbesondere mit Krishnas Kindheits-
und Jugendspielen zu beschäftigen. All dies ist ein enorm umfangreiches Thema,
das hier unmöglich auch nur angemessen zusammengefasst werden kann. Es sei
auf die prachtvollen Übersetzungen von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
verwiesen, die auch in deutscher Sprache erhältlich sind. Um Krishna
so zu verstehen wie Er wirklich ist, sollte man die Bhagavad-gita Wie Sie
Ist (deutsch | englisch)
studieren. Dieses Buch ist wie ein Schlüssel zu den Veden. Erst wenn die
Bhagavad-gita einigermaßen verstanden wird, kann man auch die anspruchsvolleren
Bücher verstehen. Die Denkweise und Tradition der theistischen vedischen
Kultur ist von unserer westlichen Kultur recht verschieden.
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