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Wer bin ich? wo komme ich her? wo gehe ich hin? -
- warum leide ich? was ist der Sinn von allem? -
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Die
Frage nach dem Sinn des Lebens
In
der Bhagavad-gita wird gesagt, daß vielleicht einer unter Tausenden von Menschen
versuchen wird, die Vollkommenheit des Lebens zu erlangen. Der Mensch ist ein
Tier, aber es gibt etwas, wodurch er sich vom Tier abhebt: das rationale Denken.
Das bedeutet, er ist imstande zu denken und zu argumentieren. Diese Denkfähigkeit
findet sich auch bei Hunden und Katzen. Wenn sich uns ein Hund nähert und wir
ihm durch Gesten und Worte zu verstehen geben, daß wir ihn nicht wollen, dann
versteht er das. Also auch dem Hund ist ein gewisses Maß an Denkfähigkeit gegeben.
Aber wodurch unterscheidet sich nun die Denkfähigkeit des Menschen?
Denkfähigkeit finden wir auch bei Tieren,
wenn es auf das körperliche Wohl ankommt. Wenn eine Katze aus unserer Küche Milch
stehlen will, dann zeigt sie durchaus eine gewisse Denkfähigkeit: sie schaut ständig
umher und wartet auf den Moment, in dem sie von niemandem beobachtet wird. Also,
um zu essen, zu schlafen, sich fortzupflanzen und sich zu verteidigen, muß auch
das Tier denken. In welcher Weise hebt sich nun die Denkfähigkeit des Menschen
ab?
Das Besondere am Menschen ist, daß er imstande
ist, zu fragen: "Warum leide ich?" Das erfordert eine bestimmte Denkfähigkeit.
Die Tiere leiden, aber sie sind außerstande, etwas dagegen zu tun. Der Mensch
aber will glücklich werden und versucht, auf allen Gebieten Fortschritte zu erzielen:
in der Philosophie, in kulturellen Dingen, in der Religion. "Wo ist das Glück
zu finden?" Diese Art des Denkens ist dem Menschen gegeben. Deswegen sagt
Krishna in der Gita: "Von vielen, vielen Menschen wird vielleicht einer Mich
kennen."
Im allgemeinen unterscheiden sich die Menschen
kaum von den Tieren. Ihr Wissen bleibt auf die Bedürfnisse des Körpers beschränkt:
wie kann ich am besten essen, wie am besten schlafen, wie mich am besten sexuell
befriedigen und verteidigen. Und die Bhagavad-gita sagt, daß vielleicht einer von tausenden sich die Frage stellen
wird: "Warum leide ich? " Wir wollen kein Leid, aber Leid wird uns
aufgezwungen. Wir wollen nicht zu viel Kälte, aber zu viel Kälte und zu viel Hitze
werden uns aufgezwungen.
Wenn das Verlangen in uns ist, tiefer zu
denken und diese Frage zu stellen, dann wird das brahma-jijnasa genannt. Das steht
im Vedanta-sutra. In der ersten Strophe wird gesagt, daß man in diesem Leben als
Mensch fragen muß, wie man die Probleme des Leidens lösen kann. Zu diesem Zweck
ist einem die menschliche Form des Lebens gegeben worden.
Krishna sagt, daß man diese Frage nicht so
ohne weiteres stellen wird, und wenn, dann nur durch das Beisammensein mit Gottgeweihten,
ähnlich wie wir es in unserer Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein haben. Durch
ein Beisammensein dieser Art, bei dem über die wesentlichen Dinge des Lebens gesprochen
wird, kann dieses besondere Geschenk, das uns als Mensch gegeben wurde, genutzt
werden, und wir werden imstande sein, anzufangen als Menschen zu denken. Solange
wir uns diese wesentliche Frage nicht stellen, ist auch all unser Tun zum Scheitern
verurteilt, und wir leben nicht viel anders als die Tiere. Aber das hört auf,
wenn wir uns fragen: "Wer bin ich eigentlich? Ist es mein Los zu leiden,
ständig Schwierigkeiten zu haben?"
Schwierigkeiten gibt es ständig für uns,
durch die Naturgesetze oder durch die Landesgesetze. Wie kann man nun von diesen
Schwierigkeiten frei werden? Das Vedanta-sutra sagt ebenfalls, daß die Seele,
mein wahres Selbst, von Natur aus von Freude erfüllt ist. Ich aber leide. Krishna
sagt, daß wir uns Gott zu nähern beginnen, wenn wir diese Fragen stellen. Man
sagt, daß diejenigen, die diese Fragen stellen, sich auf dem Pfad der Vollkommenheit
befinden. Und wenn die Frage nach Gott kommt und die Frage nach unserer Beziehung
zu Ihm, dann ist dies die Vollkommenheit unseres Lebens.
Krishna sagt nun, daß vielleicht einer unter
tausenden von Menschen versuchen wird, die Vollkommenheit des Lebens zu erreichen.
Und von vielen Millionen solcher Menschen, die sich auf dem Pfad der Vollkommenheit
befinden, wird vielleicht einer nur Krishna verstehen. Es ist also nicht leicht,
Krishna zu verstehen. Aber gleichzeitig ist es auch sehr einfach. Es ist sehr
leicht, wenn man dem vorgeschriebenen Pfad folgt.
Sri Chaitanya Mahaprabhu hat das Chanten
von Hare Krishna eingeführt. Eigentlich nicht eingeführt, denn es wird schon in
den heiligen Schriften davon gesprochen, aber Er hat dieses Chanten überallhin
verbreitet. In diesem Zeitalter ist es der einfachste Weg, der zur Selbstverwirklichung
führt. Chanten Sie nur Hare Krishna Hare Krishna, Krishna Krishna,
Hare Hare / Hare Rama Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare. Jeder kann das tun.
Hier bin ich wahrscheinlich der einzige Inder. Meine Schüler hier sind Amerikaner,
doch sie alle chanten und tanzen. Das bedeutet, daß es überall, in jedem Land,
getan werden kann. Deshalb ist es sehr einfach. Vielleicht verstehen wir die Philosophie
der Bhagavad-gita nicht. Auch diese Philosophie ist nicht sehr schwer zu verstehen.
Aber auch, wenn wir glauben, wir würden nicht verstehen, können wir trotzdem chanten:
Hare Krishna, Hare Krishna.
Wenn wir Gott, Krishna, verstehen wollen,
dann ist das der Anfang - einfach chanten. Es gibt schon viele Schüler der ISKCON
(Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewußtsein). Die Gesellschaft wurde vor
etwa einem Jahr gegründet, aber einige unserer Schüler haben einzig durch das
Chanten, durch die Gnade Krishnas, solche Fortschritte gemacht, daß sie über die
Gotteswissenschaft sprechen können und imstande sind, Fragen zu beantworten. Dies
ist also das einfachste System transzendentaler Meditation.
Krishna sagt, daß von vielen Millionen Menschen
vielleicht einer Ihn erkennen wird. Aber durch das Chanten des Hare Krishna-mantra,
so wie es von Sri Chaitanya Mahaprabhu eingeführt wurde - durch dieses Chanten
und Tanzen - können wir Krishna in sehr kurzer Zeit erkennen. Erkenntnis beginnt
nicht mit Krishna, sondern mit den Dingen, die wir jeden Tag zu sehen gewohnt
sind.
Erde ist grobstofflich. Wenn man sie berührt,
kann man ihre Härte spüren. Aber sobald sie sich verfeinert, ist sie Wasser, und
die Berührung ist weich. Noch verfeinerter wird das Wasser zu Feuer. Nach dem
Feuer oder der Elektrizität ist die Luft noch feiner, und danach ist dann der
Äther noch feiner. Dann kommt der Geist, die Vernunft, dann die Intelligenz, die
noch feiner ist. Und wenn man über die Intelligenz hinausgeht, um die Seele zu
verstehen, darin wird man erkennen können, daß diese noch sehr viel feiner ist.
Diese Elemente haben viele Wissenschaften
entstehen lassen. Da gibt es z. B. die Geologen, die durch Analysen die im Erdboden
befindlichen Mineralien erkennen können. Die einen suchen Silber, die anderen
Gold, und wieder andere suchen Glimmer. Das ist das Wissen, das sich auf grobstoffliche
Dinge, auf die Erde bezieht. Geht man zu feineren Substanzen über, dann erforscht
man Wasser oder Flüssigkeiten, wie z. B. Benzin und Alkohol. Vom Wasser gelangt
man dann zum Feuer und zur Elektrizität. Wenn man die Elektrizität erforscht,
dann muß man alle möglichen Bücher studieren. Und vom Feuer kommt man dann zur
Luft. Im Flugzeugbau haben wir große Fortschritte gemacht. Wir untersuchen genau,
wie sich Flugzeuge bewegen und wie sie zusammengesetzt sind - jetzt gibt es Düsenflugzeuge
und Satelliten - so viele neue Dinge werden entdeckt und entwickelt.
Als nächstes kommt das Studium des Äthers:
Elektronik, ätherische Transformationen. Dann der Verstand - Psychologie und Psychiatrie.
Und schließlich die Intelligenz, die Vernunft, welche die Spekulationen der Philosophie
hervorbringt. Und die Seele? Gibt es eine Wissenschaft der Seele? Für die Materialisten
jedenfalls nicht. Sie sind bis zum Studium des Äthers, des Verstandes und der
Intelligenz vorgedrungen, aber darüber hinaus wissen sie nichts. Was jenseits
der Intelligenz existiert, das wissen sie nicht. Aber in der Bhagavad-gita kann
man dies erfahren.
Die Bhagavad-gita beginnt an dem Punkt, der
hinter der Intelligenz liegt. Zu Beginn ist Arjuna verwirrt und er weiß nicht,
ob er kämpfen soll oder nicht. Krishna beginnt die Gita an dem Punkt, an dem die
Intelligenz versagt. Wo beginnt Erkenntnis der Seele? Nehmen wir ein spielendes
Kind als Beispiel. Der Körper des Kindes ist jetzt klein, aber eines Tages wird
das Kind erwachsen sein. Das können wir begreifen. Und die gleiche Seele wird
weiterbestehen. Mit unserer Intelligenz also können wir verstehen, daß die Seele
geblieben ist, obgleich der Körper sich geändert hat. Die gleiche Seele, die im
Körper des Kindes war, ist noch im Körper des alten Mannes. Man sieht daraus also,
daß die Seele geblieben ist und nur der Körper sich verändert hat. Das kann man
ohne weiteres verstehen. Und wenn sich der Körper das letzte Mal verändert hat,
dann wird das Tod genannt. Dieser Körper ändert sich jeden Moment, jede Sekunde,
jeden Tag, jede Stunde, und wenn man in diesem Körper nicht mehr tätig sein kann,
dann tritt die letzte Änderung ein, und man muß einen neuen anlegen. Das ist wie
mit einem Anzug, der zu abgetragen ist, der zu alt ist - man kann ihn nicht mehr
anziehen, man braucht einen neuen. Mit der Seele ist es auch so. Wenn der Körper
zu alt wird und nicht mehr richtig funktioniert, dann brauche ich einen neuen.
Dieser Punkt wird dann Tod genannt.
Hier beginnt die Bhagavad-gita, hier, wo
erste Erkenntnis über die Seele bereits vorhanden ist. Es gibt allerdings nur
wenige, die begreifen können, daß die Seele unvergänglich ist, während der Körper
dem Wandel unterworfen ist. Deshalb sagt Bhagavan, Sri Krishna, daß es unter vielen,
vielen Millionen von Menschen vielleicht nur einen gibt, der dies versteht. Aber
das Wissen über all diese Dinge ist schon da und es ist nicht schwierig, das alles
zu begreifen, wenn wir wirklich verstehen wollen. Jeder kann verstehen.
Nun müssen wir noch nach dem Ich forschen,
der feinsten stofflichen Substanz. Was ist Ich? Ich bin Geistesseele, aber mit
meiner Intelligenz und meinem Verstand bin ich mit Materie in Berührung gekommen
und nun identifiziere ich mich mit Materie. Dies ist falsches Ich. Ich bin Geistesseele,
aber ich identifiziere mich mit etwas anderem. Zum Beispiel identifiziere ich
mich mit einem bestimmten Land und glaube, Inder oder Amerikaner zu sein. Das
nennt man ahankara. Ahankara ist der Punkt, an dem die reine Geistesseele Materie
berührt. Dieser Berührungspunkt wird ahankara genannt. Ahankara ist noch feiner
als Intelligenz.
Krishna sagt, daß es acht stoffliche Elemente
gibt: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Verstand, Intelligenz und falsches Ich.
Unser Leben in Unwissenheit hat damit begonnen, daß wir uns mit etwas identifiziert
haben, was wir in Wirklichkeit nicht sind. Wir glauben, wir seien Materie, obgleich
wir jeden Tag, jeden Augenblick sehen daß wir nicht diese Materie sind. Die Seele
ist unvergänglich, während Materie vergänglich ist. Diese falsche Vorstellung,
diese Illusion wird ahankara genannt, falsches Ich. Und frei werden bedeutet,
sich von diesem falschen Ich zu lösen. Und was erkennt man dann? Aham brahmasmi:
ich bin Brahman, ich bin Geistesseele. Mit dieser Erkenntnis beginnt das Freiwerden.
Natürlich, wenn man krank ist, Fieber hat,
und das Fieber auf die Normaltemperatur von 37° C zurückfällt, dann ist es zwar
normal, aber man ist noch nicht geheilt. Für ein paar Tage hat man vielleicht
eine Temperatur von 37° C, doch durch eine Änderung in der Diät oder eine Änderung
im Verhalten steigt die Temperatur sofort wieder auf 39° C an. Man hat einen Rückfall
erlitten. Ebenso ist auch die Reinigung der Vernunft, die Ablehnung dieser falschen
ahankara Identifikation - ich bin nicht dieser Körper, ich bin nicht Materie,
ich bin Seele - nicht Erlösung. Es ist nur der Beginn der Erlösung. Wenn man an
diesem Punkt verharrt und von da aus weitergeht - genauso, wie man auch seine
Aktivitäten bei einer konstanten Temperatur von 37° C wieder aufnimmt - dann ist
man gesund.
In der westlichen Welt z. B. ist es heutzutage
üblich, Rauschmittel zu nehmen. Die Menschen wollen ihren Körper, das stoffliche
Dasein, vergessen. Aber wie lange hält das an? Man wird immer wieder zurückgerufen.
Im Rausch kann man vielleicht für ein oder zwei Stunden denken, daß man nicht
dieser Körper ist, aber wenn man sich nicht wirklich auf der Ebene der Selbsterkenntnis
befindet, dann ist es unmöglich, weiterzumachen. Aber trotzdem versuchen heutzutage
sehr viele Menschen, zu glauben, daß sie nicht dieser Körper sind. Sie haben selbst
erfahren, wie sie aufgrund dieses Körpers leiden müssen, und so hoffen sie dann,
diesen Körper auf irgendeine Weise vergessen zu können.
Aber das ist nur eine negative Vorstellung.
Sobald man sich wirklich selbst erkennt, genügt nicht mehr einfach die Erkenntnis,
daß man Brahman ist. Wir müssen auch in diesem Zustand aktiv sein. Sonst sinken
wir wieder tief hinab. Wenn man nur sehr hoch fliegt, dann kann dies das Problem
der Mondflüge noch nicht lösen. Die verblendeten Menschen versuchen heutzutage,
zum Mond zu gelangen; sie erheben sich 240 000 Meilen von der Erde, berühren den
Mond und kehren zurück. Darauf sind sie dann sehr stolz. Es gibt so viele Gespräche
über die Raumfahrt: Menschenmengen, Versammlungen und Konferenzen. Aber was haben
sie eigentlich geleistet? Was sind schon 240 000 Meilen im unermeßlichen All!
Auch wenn man 240 000 000 Meilen weit fliegt, man kommt trotzdem nicht weiter.
Das also nützt alles nichts. Wenn man wirklich hoch hinauf will, dann braucht
man auch eine bleibende Unterkunft. Wenn man dort ruhen kann, dann braucht man
nicht herunterzukommen. Aber wenn man keine Ruhe finden kann, dann muß man wieder
herunterkommen. Das Flugzeug fliegt hoch am Himmel, sieben Meilen, acht Meilen
von der Erde entfernt, aber es kommt immer wieder herunter.
Also, nur ahankara zu verstehen bedeutet
nicht mehr, als zu verstehen, daß man sich falsch identifiziert. Wenn wir lediglich
verstehen, daß wir nicht Materie sind, sondern Seele, dann ist das noch keine
Vollkommenheit. Die Anhänger der Unpersönlichkeitslehre, die Philosophen des Nichts,
denken nur an das Negative, daran, daß sie nicht Materie, nicht mit diesem Körper
identisch sind. Das aber ist kein bleibender Zustand. Man muß nicht nur erkennen,
daß man nicht Materie ist, man muß auch in der spirituellen Welt aktiv sein. Und
diese spirituelle Welt bedeutet, im Krishna-Bewußtsein tätig zu sein. Diese spirituelle
Welt ist Krishna-Bewußtsein, unser wirkliches Leben.
Was das falsche Ich ist, habe ich schon erklärt.
Es ist weder Materie noch Geist, sondern der Punkt, an dem die Geistesseele mit
Materie in Berührung kommt und vergißt, wer und was sie ist. Das gleicht einem
Menschen im Delirium, der krank ist und dessen Geist sich verwirrt; der allmählich
vergißt, wer er ist, und der dann verrückt wird. Es ist ein allmähliches Vergessen.
Es gibt also einen Anfang, und dann kommt der Punkt, an dem man tatsächlich vergißt.
Und der Anfang dieses Vergessens wird ahankara oder falsches Ich genannt.
Durch das Chanten des maha-mantra - Hare
Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare / Hare Rama, Hare Rama, Rama
Rama, Hare Hare - hört nicht nur die falsche Vorstellung auf, die wir
von unserem Selbst haben, sondern die Geistesseele beginnt wieder, auf der Ebene
der Ewigkeit, der reinen Erkenntnis und des göttlichen Glücks in hinschenkender,
dienender Liebe zu Gott, aktiv zu sein. Das ist die höchste Stufe, das endgültige
Ziel aller Lebewesen, die jetzt den Kreislauf und die Lebensformen der materiellen
Natur durchwandern.
- Die
Quelle Absoluten Wissens - PDF
A.C. Bhaktivedanta
Swami prabhupada
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