Traum
und Wirklichkeit
A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada

Maha-Vishnu
träumt
die materiellen Universen
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Sri Krishna sagt: "Mein lieber Arjuna, es
gibt verschiedene Arten von Menschen: die einen schlafen, und die anderen sind
wach - sie schlafen nicht." Und wie ist das nun zu erklären? Dieses Chanten
(Singen und Sagen der heiligen Gottesnamen), wie wir es eben getan haben, führt
zum Erwachen der schlafenden Geistesseele. Denn die Seele, die von diesem materiellen
Körper umhüllt ist, schläft. Die Aktivitäten, die wir mit diesem Körper verrichten,
werden im Schlafzustand ausgeführt. Man kann sie mit den Handlungen vergleichen,
die wir im Traum vollziehen.
Denken wir doch einmal darüber nach: was hat
sich nicht schon alles in unserem Leben ereignet! Wenn ir jetzt daran denken,
dann kommt uns das alles wie ein Traum vor. Bei mir ist das jedenfalls so. Ich
wurde in Indien geboren, wuchs heran, heiratete dann und verbrachte ein paar schöne
Jahre mit meiner Frau. Wir hatten einige Kinder, von denen einige starben, die
anderen wuchsen heran, verheirateten sich, und jetzt haben auch sie Kinder. Das
alles hat sich im Laufe meines Lebens abgespielt. Jetzt ist alles wie ein Traum.
Ich habe keine Beziehung mehr zu alledem. Manchmal träumen wir vielleicht, daß
wir wie Könige leben - in Reichtum und Überfluß - aber dann ist der Traum auch
auch vorbei, wir werden wach und alles ist vorüber.
Alle Aktivitäten also, die wir jetzt mit unserem Körper verrichten, gehören
in Wahrheit nicht zu unserem wirklichen geistigen Leben. Deswegen sagt ein vedischer
mantra: "Erwachet, ihr Menschen! Nutzt die Gelegenheit, die euch gegeben
wurde!" Uns ist eine ganz besondere Gelegenheit gegeben worden: dieses Leben
als Mensch nämlich. Nutzen Sie diese Gelegenheit! Vergeuden Sie Ihr Leben nicht,
schlafen Sie nicht weiter. Und genau darüber spricht Sri Krishna. Diejenigen,
denen die yoga-Wege vertraut sind, wissen dies. Der allererste Grundsatz besteht
darin, die Sinne zu zügeln. Das gilt für alle Arten des yoga. Und überhaupt ist
die Zügelung der Sinne bei jedem anerkannten System, das zur Selbstverwirklichung
führt, oberster Grundsatz. Das ist deshalb so, weil uns die Sinne in die finstersten
Bereiche des Lebens hinabziehen. Wir aber merken es gar nicht.
Im Srimad-Bhagavatam findet sich ein sehr treffender Vers. Es wird dort gesagt,
daß der Mensch vor allem zu sehr der materialistischen Lebensweise anhaftet. Die
Materialisten wollen nur essen, trinken, fröhlich sein und genießen. Mehr nicht.
Gut essen, gut schlafen, und sich verteidigen, damit keine Feinde in das Land
oder in die Behausungen eindringen können. Und dann natürlich Sex - nach Herzenslust.
So verbringen die Materialisten ihre Zeit. Aber alle Menschen, die auf diese Weise
schlafen, wissen nicht, daß ihr wirkliches Selbstinteresse etwas ganz anderes
ist. Wir müssen unsere Beziehung zur Höchsten Absoluten Wahrheit wieder aufnehmen.
Die Höchste Absolute Wahrheit erkennt man je nach Tiefe der Schauung als unpersönliches
Brahman, als die in jedem Wesen befindliche Überseele oder als die Höchste Göttliche
Person, Sri Krishna. Erkennt man den Höchsten Persönlichen Gott, Sri Krishna,
dann versteht man automatisch die beiden anderen Aspekte. Nähert man sich aber
nur dem unpersönlichen Aspekt der Höchsten Absoluten Wahrheit, dann bleibt einem
das Wissen über die Höchste Göttliche Person, Sri Krishna, verschlossen. Hier
nun, in der Bhagavad-gita, ist die Höchste Göttliche Person gegenwärtig.

Die
materielle Welt als
Spiegelung der spirituellen Welt
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Wir sehen das Bild von Sri Krishna mit Seiner
ewigen Gefährtin, Srimati Radharani, Seiner Freudenkraft. In dieser materiellen
Welt finden wir nur die pervertierte Reflektion Sri Krishnas und Seiner Freudenkraft.
Wir können auf den Bildern sehen, daß Sri Krishna immer mit Srimati Radharani
beisammen ist. Seine Gestalt wird in den vedischen Schriften beschrieben: in anmutiger
Haltung steht Er da und spielt Seine Flöte. Dieses Bild entspringt nicht der Phantasie
irgendeines Künstlers. Es entspricht genau der Beschreibung, die sich in den vedischen
Schriften findet.
In der materiellen Welt finden wir also nur die
pervertierte Reflektion von Sri Krishnas transzendentalen Spielen mit Radharani.
Das alles hat nichts mit Sex zu tun, so wie wir es kennen, obgleich es so scheinen
mag. Es ist transzendental, überweltlich. Aber das, wonach wir uns hier in dieser
Welt sehnen, das ist schon echt. Ein junger Mann sehnt sich nach einer jungen
Frau und eine junge Frau sehnt sich nach einem jungen Mann - das ist natürlich.
Das ist nicht künstlich. Es ist natürlich, weil wir alle wesentliche Bestandteile
des Höchsten Wesens, Krishnas, sind. Seine Neigungen finden wir auch in uns selbst,
weil wir Seine wesentlichen Bestandteile sind, genauso wie auch die Eigenschaften
des Goldes in den winzigsten Goldteilchen vorhanden sind. Die chemische Zusammensetzung
des Goldes ist hundertprozentig noch in kleinsten Goldteilchen vorhanden qualitativ.
Daher ist die Freude, nach der wir uns zwischen Mann und Frau sehnen, keine Perversion
von Liebe und Freundschaft. Es ist lediglich eine pervertierte Reflektion. Die
wahre Freude erwacht, wenn wir die Beziehung zum Höchsten Herrn, zu Sri Krishna,
wiederaufnehmen. Es ist die gleiche Freude, aber in ihrer geläuterten Form. Diese
gleiche Glückseligkeit ist für uns alle da. Aber wir müssen uns sehr davor hüten,
in die pervertierte Form des Genießens verstrickt zu werden. Hört daher auf, zu
schlafen. Bleibt nicht in diesem Traumzustand. Wendet Euch dem Wahren zu. Erwacht
aus diesem Traum! Das ist die Botschaft, die wir in den Veden finden.
Und das ist die Gelegenheit, die uns gegeben wird. Wenn wir diese Gelegenheit,
dieses entwickelte Bewußtsein, das uns ein Leben als Mensch bietet, nicht nutzen,
dann sinken wir wieder in den Kreislauf der 8 400 000 Lebensarten hinab, die sich
von einer Form zur anderen entwickeln. Das ist die allmähliche Evolution, die
sich vollzieht. Wir befinden uns noch immer in diesem Prozeß, aber wir müssen
uns weiter entwickeln, fortschreitend. Wir dürfen nicht zurückfallen. Unzählige
Jahre des Bemühens hindurch haben wir uns bis zu dieser Stufe des Lebens entwickelt.
Jetzt müssen wir weiter vorankommen, Sri Krishna entgegen. Wir dürfen jetzt nicht
wieder zurückfallen.
Maha-Vishnu
träumt
die materiellen Universen
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Im Srimad-Bhagavatam wird gesagt, daß fast niemand
weiß, was tatsächlich sein Wohl fördert. Es ist so, als ob man zu einer Wegkreuzung
kommt und nicht weiß, welchen Weg man nehmen soll. Nehmen wir einmal an, wir wollen
nach Philadelphia gehen und sobald wir New York City hinter uns gelassen haben,
kommen wir an eine Straßenkreuzung und wissen den Weg nicht mehr. Natürlich sind
in Amerika alle Wege und Straßen gut beschildert und deshalb verirren wir uns
auch nicht. Ebenso weisen uns auch die vedischen Schriften den Weg: ja, hier ist
eine Kreuzung. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, dann können Sie das tun. Deshalb
sagt das Bhagavatam, daß die Menschen den Weg nicht kennen, auf dem sie vorankommen
können. Man muß zunächst einmal wissen, daß der Weg zu VisNu führen muß. Warum?
Weil dies eine sehr entwickelte Lebensform ist. In diesem Leben als Mensch ist
uns ein hohes Maß an Intelligenz gegeben. Unsere Intelligenz übertrifft die der
Hunde und Katzen und anderer Tiere. Warum sollen wir sie dann also der falschen
Richtung zuwenden? Das tun wir aber, wenn wir nur an dieses eine Leben glauben.
Wir glauben dann, daß wir irgendwie glücklich werden, wenn wir diesen Körper und
die Sinne bis zu den Grenzen des Möglichen ausnutzen.
Weil wir nicht wissen, wie die weitere Entwicklung unseres Lebens aussieht,
versuchen wir, alles aus diesem Körper herauszuholen - um zu genießen. Das Bhagavatam
enthält ein sehr treffendes Beispiel, das sich auf solche törichten Menschen bezieht.
Sie werden nämlich mit dem Kamel verglichen. Das Kamel lebt in der Wüste und frißt
sehr gern Zweige mit Dornen. Es hat einen sehr langen Hals und nimmt ein paar
Zweige mit Dornen, um an ihnen zu kauen. Durch die Dornen kommt dann Blut aus
der Zunge. Es ist ja klar, daß man sich die Zunge verletzt, wenn man Dornen kaut.
Wenn also das Kamel diese Dornen ins Maul nimmt und zu kauen anfängt, dann beginnt
die Zunge zu bluten. Und wenn sich das Blut mit den Zweigen vermischt, dann frißt
es das alles, weil es den Geschmack des Blutes mag. Das Kamel glaubt, daß Zweige
mit Dornen sehr gut schmecken. Mit unserem Sex-Leben ist es genauso. Alles, was
der Körper hergibt, pressen wir heraus, und glauben dann, daß wir genießen. In
genau dieser Situation befinden wir uns.
Es gibt noch ein anderes Beispiel. In Indien halten die Wäscher sich Esel,
die sie bis zur Grenze des Möglichen beladen. Der Esel arbeitet den ganzen Tag
hindurch sehr schwer, und abends bekommt er etwas Gras und ist zufrieden. Für
eine Handvoll Gras arbeitet er den ganzen Tag mit einer halben Tonne Wäsche auf
dem Rücken. Genauso mühen auch wir, die karmis, uns Tag und Nacht ab. Und wenn
wir nach Hause kommen, essen wir irgendwelche Dinge, die letztlich nicht mehr
als ein paar Pfennige kosten. Und dafür arbeiten wir dann tagaus, tagein bis in
die Nacht - daher der Vergleich mit dem Esel, Der Esel weiß nicht, für wen er
sich den ganzen Tag so abmüht. Sollte das etwa der Sinn unseres Lebens sein? Essen,
Schlafen, Sex und dann sterben? Nein, das ist nicht der Sinn unseres Lebens! Der
Sinn des Lebens liegt darin, uns selbst zu erkennen - zu erkennen, daß wir zur
Höchsten Absoluten Göttlichen Person Sri Krishna gehören. Krishna wartet auf uns,
damit wir uns des Lebens in Seiner Gemeinschaft erfreuen können.
Wir wissen nicht, wie die weitere Entwicklung des Lebens überhaupt aussieht.
Warum? Weil wir glauben, daß dieser Sinnesgenuß die höchste Freude des Lebens
ist. Törichterweise glauben wir, daß wir durch diesen Sinnesgenuß glücklich werden.
Man kann das mit einem Pferd vergleichen, das nicht richtig gezügelt wird. Es
läuft und läuft und läuft, und man weiß nicht, wo es einen abwerfen wird. Ungezügelte
Sinne sind wie ungezügelte Pferde, die unseren Wagen ziehen. Wir wissen nicht,
wo wir landen werden. Wir wissen auch gar nicht, wie verantwortlich wir für jede
unserer Handlungen sind. Auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Unsere ungezügelten
Sinne werfen uns in den Wirbel von Aktionen und Reaktionen und ziehen uns in die
finstersten Regionen des Universums.
Deshalb sagt Sri Krishna, der Herr, daß derjenige, der gelernt hat, seine Sinne
zu zügeln, svamin genannt wird. Für solch einen Menschen spielt sich alles weltliche
Tun in Finsternis ab. Jemand, dessen Bewußtsein rein ist, sieht, daß alle Menschen
schlafen, die sich nur abmühen, um zu essen, zu schlafen, sich fortzupflanzen
und sich zu verteidigen. Und die Menschen, die sich auf diese Weise abmühen, denken,
daß wir schlafen. Sie glauben, "der Swami ist nach Amerika gekommen und verbreitet
etwas, was uns untätig macht. Er versucht, uns nur von unseren vertrauten Betätigungen
abzubringen; wir sollen am kirtana teilnehmen, die Bhagavad-gita hören und Zeit
verschwenden." Diese Menschen glauben, daß wir schlafen. Sie sehen in uns
ein paar komische Leute, die sich hier versammelt haben und ihre Zeit mit Gesprächen
über etwas Irreales verschwenden, das keine Bedeutung hat und nichts einbringt.
Solche Menschen wollen lieber über Geschäfte sprechen, damit sie auch davon profitieren
können. Wir wissen, daß diese Menschen schlafen, und sie glauben zu wissen, daß
wir schlafen.
Das
Leben ist nur ein Traum im Ozean der Ursachen
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Und wer schläft nun wirklich? Denjenigen muß
man wach nennen, der erkannt hat, daß er nicht dieser Körper ist - sondern Bewußtsein.
Man ist wach, wenn man diese einfache Tatsache begriffen hat. Ich bin nicht dieser
Körper - ich bin das Bewußtsein im Körper. Ohne Bewußtsein ist mein Körper nutzlos.
Deshalb bin ich in Wirklichkeit Bewußtsein. Ich bin Geistesseele, und das Merkmal
meiner Gegenwart ist das Bewußtsein. Ich bin nicht dieser Körper. Wenn ich einmal
wirklich nachdenke, begreife ich, daß dies mein Körper ist. Nicht Ich-Körper.
Dies ist mein Körper. Wer das begriffen hat, der ist wach.
In der Bhagavad-gita wird nun beschrieben, wie wir erwachen können. Wir sind
reines Bewußtsein - Geistesseele. Wir müssen nicht nur wach sein, sondern auch
in diesem Sinne handeln, damit schließlich unser Bewußtsein sich aus diesen körperlichen
Verstrickungen lösen kann. Dann erst gesunden wir. Das materielle Leben ist eine
Krankheit. Und dieser materielle Körper ist das Kennzeichen meines erkrankten
Zustandes. In Wahrheit sind wir weder der Geburt noch dem Tode unterworfen. Wir
sind unvergänglich. Wir werden nie geboren, wir sterben nie. So sieht unsere wirkliche
Situation aus. Was ist dann Geburt und Tod? Das betrifft diesen Körper. Den Körper
wechseln wie ein Gewand, das wird Geburt und Tod genannt. Aber in Wirklichkeit
sind wir reine Geistesseele.
Materialistische Menschen sagen, daß Gott tot ist. Diese Theorie ist sehr beliebt.
Es wird jetzt überall verbreitet, daß Gott tot ist. Aber weder Gott noch wir werden
jemals sterben, noch werden wir je geboren. In der Bhagavad-gita sagt Bhagavan,
die Höchste Göttliche Person, Sri Krishna: "Arjuna, warum fürchtest du dich
vor dem Kampf? Ich, du und alle diese Könige und Soldaten, die sich hier zusammengefunden
haben, sie alle existierten schon vorher. Sie existieren jetzt, und sie werden
auch weiterhin in der Zukunft existieren. Es gibt keine Geburt und keinen Tod.
Fürchte dich also nicht."
Über diesen Punkt haben wir bereits gesprochen.
Man muß das zu verstehen beginnen: ich bin reine Geistesseele. Die Gegenwart meiner
Seele wird durch mein Bewußtsein erkannt. Ich weiß, was in meinem bisherigen Leben
geschehen ist. Und was jetzt geschieht, weiß ich auch. Und ich kann auch über
mein künftiges Leben nachdenken. Mit anderen Worten, ich mache Pläne für die Zukunft.
Warum sollte ich planen, wenn ich keine Zukunft habe? Aber ich befinde mich jenseits
von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich bin ewig. Gott, der Herr, ist ewig,
und auch ich, als wesentlicher Bestandteil des Höchsten Herrn, bin ewig. Deshalb
fördert es mein Wohl, wenn ich nach diesem unvergänglichen Leben strebe. Ein Leben
voller Glück, ein Leben voller Erkenntnis. Das ist die Aufgabe meines Lebens.
Und jeder, der das ernst nimmt, der sich dies zur Lebensaufgabe gemacht hat und
nach dieser Vollkommenheit strebt, der ist wirklich wach. Andere, die sich nicht
auf dieser Stufe befinden, die schlafen. Daran erkennt man den schlafenden Menschen.
Jeder, der den ganzen Tag schwer arbeitet, der ist in Wirklichkeit nicht wach.
Er schläft, weil seine wirkliche Intelligenz schläft. Er hat vergessen, was gut
für ihn ist. Er kennt nicht den wirklichen Sinn des menschlichen Lebens.
Die vedischen Schriften ermahnen uns: "Schlaft nicht! Schlaft nicht! Erwachet!
Erhebt Euch! Erhebt Euch aus diesem Schlaf! Benutzt dieses Geschenk, das Euch
zuteil geworden ist. Seid nicht töricht!"
Die Menschen mühen sich ab und verdienen genug, um zu essen. Gerade hier in
diesem Lande gibt es genügend zu essen und niemand braucht zu hungern. Das ist
gut so. Aber noch immer sind die Menschen hier nicht zufrieden. Ich habe das sehr
genau beobachtet. Die jüngeren Menschen scheinen alle in ihren Hoffnungen betrogen
zu sein. Es ist kein gutes Zeichen, wenn die junge Generation, auf die sich die
Hoffnung auf eine bessere Zukunft baut, wenn diese Generation meint, keine Hoffnung
mehr haben zu können. Ihre Zukunft ist unsicher. Warum? Weil sie keine Führung
hat. Worin liegt der Sinn des Lebens? Was wird aus diesen jungen Menschen werden?
Alles, was sie lernen ist, tüchtig zu arbeiten, Geld zu machen und nach Herzenslust
zu genießen. Das aber ist sinnlos. Und deshalb ist die Jugend nicht glücklich
und wendet sich anderen, auch wieder unsinnigen Dingen zu, die ihnen letztlich
auch keine wirkliche Erfüllung geben können.
Hier nun bietet sich eine Möglichkeit. Die Bhagavad-gita kann uns unser wirkliches
Leben zeigen. Nehmen Sie diese Gelegenheit wahr. Wir appellieren besonders an
die jungen Menschen. Fühlt euch nicht in euren Hoffnungen betrogen. Seid nicht
enttäuscht. Eure Zukunft ist voller Freude. Wir alle sind untrennbar mit dein
Höchsten verbunden. Isvara parama krishna, sac-cid-ananda vigraha. Der Herr sagt:
"Ach, diese armen Lebewesen, sie müssen so viel leiden und fühlen sich in
ihren Hoffnungen betrogen. Oh, sie sind Meine wesentlichen Bestandteile."
Und so kommt Er, um uns zurückzurufen. "Meine lieben Kinder, warum leidet
ihr? Bitte, hört Mich an. Laßt ab von eurem Tun! Hört Mich an. Versucht doch einmal,
dem zu folgen, was Ich sage. Ich werde euch von allen Nachwirkungen der Sünde
erlösen." Dieses Versprechen finden wir in der Bhagavad-gita. Wir müssen
uns dem Herrn wieder zuwenden. Natürlich nicht nur Sri Krishna, auch Jesus Christus
sagte das gleiche: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.
Ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch, und lernet von mir; denn ich
bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht." (Matth. XI/28-30) Das
ist die Botschaft aller Wesen, die aus der transzendentalen Welt - aus dem Königreich
Gottes kommen. Das ist ihre Botschaft.
Die Bhagavad-gita zeigt uns also den Weg zu einem glücklichen Leben. Versäumen
Sie diese Gelegenheit nicht. Versuchen Sie, die Bhagavad-gita zu hören, sie zu
akzeptieren. Sri Chaitanya Mahaprabhu hat es für uns sehr einfach gemacht. Es
gibt neun verschiedene Arten des liebevollen Gottdienens, durch die wir den Sinn
unseres Lebens erfüllen können: Hören, Chanten (Singen und Ruhmpreisen), Erinnern,
Verehren, Entgegennehmen, Dienen, alles Hinschenken, Freundschaft schließen und
Beten. Die ersten beiden, sravanam kirtanam visNu, sind die wichtigsten: Hören
und Ruhmpreisen. Das reinigt unser Herz von allem Unrat, der sich seit unendlich
vielen Leben angesammelt hat, und wir werden beginnen, die Dinge sehr klar zu
sehen.
Svamin und gosvamin nennt man diejenigen Menschen, die imstande sind, ihre
Sinne zu zügeln. Wir müssen nicht glauben, daß wir dazu nicht imstande sind. Jedem
ist es möglich. Das Chanten gibt uns die Kraft dazu. Das Chanten von "Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna,
Hare Hare / Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare" wird uns helfen.
Wir dürfen nicht verzagen, weil wir glauben, wir hätten keine Kraft. Die Kraft
wird uns gegeben werden. Wir müssen nur weitermachen. Kirtanam sravanam bedeutet,
Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare zu chanten und einiges
aus der Bhagavad-gita und dem Srimad-Bhagavatam zu hören. Diese beiden Möglichkeiten
müssen wir nutzen, und uns wird die notwendige Kraft gegeben werden, um ein spirituelles
Leben führen zu können. Auf der Ebene, auf der wir imstande sind, unsere Sinne
zu zügeln, müssen wir dann ganz gefestigt werden.
Wir haben sicherlich alle einmal das Meer gesehen.
Welche Fülle! Es ist so mächtig, daß es die ganze Stadt New York unter Wasser
setzen könnte. Aber es läßt uns in Ruhe. Es übertritt nicht seine Grenzen. Die
Meeresengen sind der Rand des Ozeans. Der Ozean kommt nicht auf die andere Seite
der Meeresengen. Das nur als Beispiel. Wenn wir unsere Sinne gezügelt haben, dann
gleichen wir dem großen Ozean: ganz erfüllt mit überweltlicher Erkenntnis bleiben
wir doch unbewegt und ruhig, ohne irgend jemanden zu stören oder durch irgend
jemanden oder irgend etwas gestört zu werden - von Frieden erfüllt.
Maha-Vishnu
träumt die materiellen Universen
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In Bengalen gibt es ungefähr 500 Flüsse und all
diese Flüsse fließen dem Ozean zu. Aber trotzdem ist der Ozean, die Bucht von
Bengalen, unbewegt und ruhig. Genauso können auch bei denjenigen, die so erfüllt
und so groß wie der Ozean geworden sind, Begehren aufkommen, die sich dieser Welt
zuwenden wollen, aber das beunruhigt sie nicht. Obwohl so viele Flüsse in den
Ozean fließen, wird man nicht feststellen können, daß der Ozean auch nur einen
Zentimeter gestiegen ist. Der Meeresspiegel bleibt der gleiche. Man kann jede
Menge Wasser ausschöpfen und jede Menge hineingießen - der Meeresspiegel ist stets
der gleiche. Das ist das Beispiel, das in diesem Zusammenhang gegeben wird.
Wünsche müssen da sein; wir können sie nicht auslöschen. Es ist eine Torheit zu
glauben, daß wir Begehren unterdrücken können. Wünsche sind die Merkmale des Lebens.
Wünsche muß es geben. Wenn ich Leben und Bewußtsein habe, dann gibt es auch Verlangen
in mir. Aber alle Wasser der Flüsse, die dem Ozean zufließen, beunruhigen den
Ozean nicht, und auch ein Mensch braucht durch seine Wünsche nicht beunruhigt
zu werden. Das ist der Weg. Das ist das Geheimnis der Vollkommenheit unseres Lebens.
Begehren mögen ruhig kommen, aber sobald wir in wirklicher Erkenntnis gefestigt
sind, geben wir unserem Verlangen eine andere Richtung. Wir bringen unsere Begierden
und unsere Wünsche mit denen des Herrn in Einklang. Das Beispiel gibt uns Arjuna,
der nicht kämpfen wollte, aber nachdem er die Bhagavad-gita gehört hatte, waren
seine Begehren nicht mehr die gleichen. Er sagte: " Ja, ich werde kämpfen!"
Er wollte kämpfen. Begehren, Verlangen war also in ihm. Die Art des Begehrens
aber hatte sich geändert. Das war alles. Wir können also die Begierden in uns
nicht unterdrücken. Das geht einfach nicht. Aber die Art unseres Verlangens müssen
wir ändern. Mehr nicht. Das ist gar nicht so schwierig. Die Bhagavad-gita unterweist
uns in diesen Dingen. Bevor Arjuna die Bhagavad-gita hörte, wollte er etwas ganz
bestimmtes erreichen. Aber nachdem er die Bhagavad-gita gehört hatte, wollte er
etwas ganz anderes. Die Art seines Verlangens hatte sich geändert. Ebenso können
auch wir durch das Hören der Gita unsere Wünsche ändern. Wir brauchen unsere Wünsche
nicht zu unterdrücken. Wir müssen sie lediglich läutern. Dann können uns Begierden
nicht mehr beunruhigen. Wenn unsere Begierden uns beunruhigen, dann sind wir spirituell
noch nicht gefestigt. Und wenn unsere Wünsche uns erleuchten, wenn sie uns erfüllen
und glücklich machen, dann sind diese Wünsche transzendental. Genauso wie Arjuna
sein Begehren änderte, müssen auch wir unser Begehren ändern.
Wünsche muß es geben. Aber jetzt können wir unsere Wünsche ändern. Begehren
wir für Krishna. Nicht für uns selbst. Begehren wir für Krishna. Wie kann ich
für Krishna begehren? Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Krishna kam in diese
vergängliche Welt, um uns zuzurufen: "Meine lieben Kinder, bitte, gebt all
euer unsinniges Tun auf, weiht euer Leben Mir, Ich werde euch beschützen."
Das ist Krishnas Botschaft. Wir haben jetzt die Bhagavad-gita, die Botschaft Krishnas.
Wenn wir den Menschen der Welt die Botschaft der Gita überbringen wollen, dann
müssen wir unsere Wünsche geändert haben. Nur auf diese Weise können wir geläutert
werden. Es gibt genug zu tun, um diese Wünsche zu verwirklichen. Aber diese Aktivitäten
werden dann geläutert sein.
Wir brauchen also weder unserem Tun noch unserem Verlangen zu entsagen. Aber
wir müssen alles mit den Wünschen Gottes in Einklang bringen. Genauso wie Arjuna
es tat. Seine Handlungen wurden verantwortungsvoll, nachdem er seine Wünsche mit
denen Krishnas in Einklang gebracht hatte. Wie ein Feigling hatte er sich geweigert,
zu kämpfen. Er war ein ksatriya, ein Soldat; es war seine Pflicht, für eine gute
Sache zu kämpfen. Und was ist eine gute Sache? Sri Krishna unterwies ihn, zu kämpfen:
"Es ist Mein Plan." Und was kann wohl ein besserer Grund sein? Wenn
Gott persönlich sagt, "das ist Mein Wunsch," was kann dann noch wichtiger
sein? Und was kann wohl sinnvoller sein als der Wunsch, der von Gott, dem Herrn,
persönlich ausgesprochen wird?
Wenn wir unsere Wünsche mit denen des Herrn in
Einklang bringen, dann wächst unser Verantwortungsbewußtsein und wir werden aktiver
als je zuvor. im weltlichen Tun ermüdet man bald. Das ist der Unterschied zwischen
weltlichem und überweltlichem, spirituellem Tun. Spirituelles Tun, transzendentale
Aktivität ermüdet nicht. Man erhält immer wieder neue Kraft zum Handeln. Deshalb
soll man seine Wünsche nicht unterdrücken und dem Tun nicht entsagen. Welche Kraft,
welche Talente wir auch in uns haben, es sind in jedem Falle die Kräfte, die uns
von Gott, dem Herrn, gegeben wurden, denn wir sind ja wesentliche Bestandteile
des Höchsten Herrn. Deshalb gehören auch alle Kräfte und Talente, die wir haben,
zu Seinen Kräften. Und wenn wir sie für Seine Zwecke einsetzen, dann harmonieren
wir mit Ihm, und unser Leben wird vollkommen. Weltliches Begehren wird uns nicht
mehr stören, wir werden wirklichen Frieden erlangen. Der Friede, nach dem wir
uns durch alle Leben hindurch ständig sehnen - den erlangen wir in dem Augenblick,
in dem unsere Wünsche geläutert sind. Wenn wir unsere Sinne befriedigen und in
dieser Welt genießen wollen, werden wir niemals glücklich werden. Das ist einfach
nicht möglich. Aber wenn wir wirklichen Frieden, Glück und Vollkommenheit in unserem
Leben wollen, dann müssen wir beginnen, unser Begehren, unsere Wünsche, unser
Tun und unsere Kräfte mit denen der Höchsten Göttlichen Person in Einklang zu
bringen. Dann werden wir erleben können, was wahres Glück ist, und wir werden
zu erkennen beginnen, wer wirklich verrückt ist und in Illusion lebt.
- Die
Quelle Absoluten Wissens - PDF
A.C. Bhaktivedanta
Swami prabhupada
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