von
www.caitanya.ch
Ein
Indiz für ein fehlgeleitetes Guru-Prinzip ist, wenn die gesamte Hingabe des
Schülers zum Guru fliesst, statt zu Krishna. Der Guru,
der das Bewusstsein seines Schülers für sich in Anspruch nimmt, läuft
Gefahr, erneut sein eigenes (falsches) Ego zu nähren und bringt somit weder
den Schüler noch sich selber näher zu Krishna.
Der fehlgeleitete Guru
verwendet die Krishna-Philosophie als Konzept und misbraucht sie, um den Schüler
an sich zu binden. Die Faszination dieses Konzeptes lässt dann das Bewusstsein
des Schülers zum Guru fliessen. Der Guru, der dann diese Aufmerksamkeit (=
Energie) für sich geniesst, versteht das spirituelle Prinzip der Hingabe
zu Krishna nicht. Diese unverwirklichte, und nicht selber erlebte Krishna-Philosophie
dient solchen "Gurus", um den Suchenden an sich zu binden. Die
Bindung wird darüber hinaus oft durch subtile Angstmacherei (Dogmen) verstärkt.
Gewisse Gurus lassen sich
dazu noch als "nicht verschieden von Krishna" verehren. Obwohl die Vaisnava-Tradition
den wahren Guru als einen äusseren Repräsentanten der Überseele
akzeptiert, so liegt doch gerade hier die grosse Gefahr des Missbrauches nahe.
Die
Folge aus dem fehlgeleitetem Guru-Prinzip sind unmündige und unselbständige
Schüler mit schwachem Selbstbewusstsein und Tendenzen zum Fanatismus.
Der Guru ist letztendlich
"NUR" ein transparentes Medium, durch das man hindurchgeht zu Krishna.
Das Ziel ist Krishna, nicht der Guru. Der spirituell suchende sollte Krishna-Bewußt
werden und NICHT Guru-Bewußt. Ein wahrer Guru wird das Bewußtsein
des Schülers immer auf Krishna lenken und nicht auf sich selbst.
Einweihungsversprechen
Es ist sehr schön,
wenn man einer spirituell fortgeschrittenen Persönlichkeit begegnet und mit
ihr eine tiefe innere Verbundenheit verspürt. Eine solche Verbundenheit ist
förderlich im spirituellen Leben (sadhu sanga). Sofern jedoch diese Persönlichkeit
noch nicht 100% in der Transzendenz gefestigt ist, kann sie auch selber noch gewisse
Irr- und Umwege durchlaufen. Ob neben der Bindung der persönlichen Zuneigung
und Freundschaft zu einem/r Transzendentalisten/in noch eine zusätzliche
Verbindung durch ein Versprechen bei einer Einweihungszeremonie förderlich
ist, sollte kritisch hinterfragt werden. Ein Versprechen oder ein Gelübde
gegenüber einer anderen Person abzulegen bedeutet, eine tiefe Bindung einzugehen.
Das göttliche Prinzip der Liebe in Freiwilligkeit kann durch Versprechen
/ Gelübde in den Hintergrund geraten, was für die eigene Verbindung
mit Gott nicht förderlich ist.
Ein gebrochenes, unaufgelöstes
Versprechen oder Gelübde kann zu psychischen Blockaden, zu unnötigen
Schuldgefühlen bis hin zu psychischen und physischen Erkrankungen führen.
Wenn ein abgelegtes Versprechen nicht eingehalten werden kann, sollte dies, wenn
irgendwie möglich, mit jener Person besprochen werden, der man das Verspechen
gegeben hat, um so eine gemeinsame versöhnliche Lösung zu finden, Leider
ist das nicht immer möglich.
Negative Versprechen
Ein Versprechen trägt
die Verpflichtung in sich, das Versprochene auch einzuhalten. Auf dem Weg zu Gott
mögen wir Einweihungszeremonien begegnen, die mit Versprechen oder Gelübden
verbunden sind. Wir sollten jedoch aufmerksam werden, wenn wir aufgefordert werden
eine "Negation" zu versprechen, d.h. versprechen etwas NICHT zu tun.
Ein Versprechen ist etwas
Bedeutsames. Wenn einem etwas als bedeutungslos erscheint, sollte man zumindest
kein Versprechen daraus machen. Ein Versprechen bedeutet eine Bindung, ein Knoten.
Das Versprochene nimmt seinen
Raum im persönlichen Bewusstsein, es drängt sich immer wieder "nach
vorne". Wenn wir nun etwas "Negatives" versprochen haben, z.B.
unser Sexualleben stark einzuschränken, so ist unser Bewusstsein immer wieder
mit der durch die Erinnerung an "Sex" erzeugte Schwingung konfrontiert.
Doch genau diese Schwingung wollte man ja vermeiden! Ein negatives Versprechen
ist daher kontraproduktiv. Die Negation kann auf dem Weg des Suchenden Sinn
machen, um jene Wege abzugrenzen, die im Sinne des Zieles hinderlich sind. Doch
sollten solche Abgrenzungen nicht Teil eines Versprechens sein.
Organisierte Religionen
Wo immer viele Menschen
sich zusammentun, um gemeinsam einem Interesse nachzugehen, breitet sich mit der
Zeit ein gewisser Unmut über chaotische Zustände aus, die durch unkoordinierte
und willkürliche individuelle Aktionen entstehen.
Gewisse Menschen haben
von Natur aus die Neigung in Situationen des Chaos die Fäden in die Hand
zu nehmen, um für Ordnung zu schaffen. In religiösen Kreisen sind ausserdem
Menschen mit ausgeprägtem Intellekt und guter Rhetorik gerne dazu geneigt
in Versammlungen das Wort zu übernehmen, eine Rede, einen Vortrag oder eine
Predigt zu halten. Im Laufe der Zeit entstehen dadurch Hierarchien. Das sind normale
Prozesse und Dynamiken. Probleme entstehen erst dann, wenn Machtansprüche,
Machtmissbräuche und Manipulation auftreten. Machtausübung ist der
Gegenpol von Harmonie. In Harmonie kann es ebenfalls Hierarchien geben. Die Harmonie
allerdings beruht auf dem freien Willen aller Beteiligten, was dem göttlichen
Prinzip entspricht.
Machtausübung hingegen
setzt sich über den freien Willen der Betroffenen hinweg. Es ist der Versuch
durch Manipulation (z.B. durch eigene Interpretationen heiliger Schriften) den
freien Willen anderer auf die eigenen Interessen zu lenken. Dies kann durch
die Ausübenden von Macht auch unbewusst und ohne negative Absicht erfolgen.
Machtausübung und Manipulation sind meistens mit Angsteinflössung verbunden.
Speziell in religiösen Kreisen ist die Angstmacherei meist subtil und oft
unausgesprochen. Nur in sehr ungeschickter und offensichtlicher Angstmacherei
wird direkt mit der Hölle oder drohendem Leid gedroht.
Meistens kommt Angstmacherei
zum Zuge, wenn Anhänger gewisse Dogmen in Frage stellen. Versprechen oder
Gelübde werden Negativ formuliert, sodass in Erinnerung an das Versprechen
jenes ins Bewusstsein tritt, was man nicht machen sollte. Dadurch wird das Bewusstsein
jedoch mit der Negation verbunden. Es folgt die Angst, das Versprechen nicht einhalten
zu können. Schuldgefühle nach gebrochenem Gelübde können Menschen
in emotionale Notlagen bringen und zu selbstzerstörerischen Handlungen verleiten.
Es ist immer das Kollektiv einer Gemeinschaft, die Machtmissbrauch und Manipulation
durch Angst toleriert oder ignoriert. Der Reifegrad der Individuen einer Gemeinschaft
kann man indirekt daran messen.
Die vedischen Schriften
betonen die Wichtigkeit der Gemeinschaft mit Spiritualisten, die in direkter Verbundenheit
mit Gott stehen (sadhu sanga). In solcher Gemeinschaft sollte Harmonie und Toleranz
eine Selbstverständlichkeit sein. Es ist für die eigene Entwicklung
auf dem Weg zu Gott förderlich, organisierte Religionen aus diesem Blickwinkel
zu betrachten und bei beobachteten Unstimmigkeiten eine gesunde Distanz zu wahren.
Interessant ist ebenfalls,
dass vor Beginn des Kali-Yugas keine Religionsgemeinschaften existierten, da die
Spiritualisten zu dieser Zeit in Ihrer direkten Verbundenheit mit Gott keine zusätzliche
Verbindung mit einer Religionssgemeinschaft brauchten. Sie lebten ein individuelles
Leben in Unabhängigkeit und frei von äusseren Beeinflusssung. So war
es auch möglich in dieser Zeit, dass sich die grossen Könige mit ihren
Anliegen / Problemen vertrauensvoll an Spiritualisten (echte Brahmanas) richten
konnten.
Irrwege und Umwege
auf dem spirituellen Pfad
Der Suchende
wird auf Seinem Weg zu Gott immer wieder auf Abzweigungen zu Irrwege stos-
sen. Es ist wohl fast unvermeidbar, dass Umwege und Irrwege begangen werden. Dies
ist nicht schlimm, da man ab und zu den Irrweg beschreiten und erfahren muss,
um Ihn als Irrweg zu erkennen. Gewisse Irrwege können zu schmerzlichen Ent-Täuschungen
führen wären aber vermeidbar, wenn man sie frühzeitig erkennt.
Angst vor
Irrwegen sollte man jedoch nicht haben, da Angst die falsche Emotion / Stimmung
ist. Die Angst selber ist schon ein Irrweg. Angst vernebelt den klaren Blick.
Die Spirituelle Welt wird in den Veden vaikunta genannt, was wörtlich übersetzt
"ohne Angst" heisst. Vernünftige Vorsicht, einen wachen Geist,
gesundes Unterscheidungsvermögen und vor allem das "Auf-die- innere-Stimme-hören"
ist sehr hilfreich auf dem Weg.
Das Ego
aufgeben? Sich selbst aufgeben?
"ICH BIN. Meiner spirituellen Natur nach bin ich ein Individuum (ein unteilbares
Wesen)". Es geht auf dem Weg zu Krishna nicht darum, das "Selbst"
zu verlieren, sondern darum, falsche Identifikationen des Selbst aufzugeben. Diese
falschen Vorstellungen könnte man auch "falsches Ego" nennen. Das
falsche Ego sollen wir hinter uns lassen.
Die Natur
unseres wahren Selbst definiert sich in der spirituellen Welt aus unserer Beziehung
zu Gott. Je nach Beziehung (rasa), die wir zu Krishna pflegen, nimmt unser Selbst
eine bestimmte Gestalt an. Das ICH, unser tiefster Wesenskern, löst sich
auch in der spirituellen Realität nicht auf.
Seinen
freien Willen und seine Eigenverantwortung aufzugeben und diesen an seinen Lehrer
(Guru, spiritueller Meister) oder an eine religiöse Institution abzutreten,
deutet auf ein falsches Verständnis des Ego-Aufgebens hin.
Wir haben
einen freien Willen, das ist das göttliche Geschenk Gottes. Krishna, empfindet
grosse Freude an unseren Äusserungen der Liebe zu Ihm. Liebe setzt den
freien Willen voraus. Wir müssen uns auch frei entscheiden können,
Gott nicht zu lieben. Unseren freien Willen können wir dazu verwenden, selber
immer und immer wieder zu entscheiden, ob wir unsere Aufmerksamkeit und Liebe
Krishna zuwenden wollen. Ein Guru (=Lehrer) oder eine religiöse Institution
kann uns diese Entscheidung nicht abnehmen. Es kann auch niemand die Eigenverantwortung
für unsere eigenen Handlungen übernehmen.
Wir mögen
auf unserem Weg zu Krishna vielen verschiedenen Suchenden und Transzen- dentalisten
begegnen. Manchmal begeht man gewisse Teile des Weges zusammen mit anderen, manchmal
muss man gewisse Wege alleine beschreiten. Auch wenn das Ziel vieler Transzen-
dentalisten dasselbe ist, so sind doch die Wege zum Ziel oft so unterschiedlich,
wie es eben die anstehenden Lernerfahrungen erfordern. Oft werden wir daher anderen
Transzendentalisten begegnen, die unterschiedliche Wege betreten. Sie mögen parallele
Wege gehen, oder aus unserer Sicht Irrwege und Umwege antreten. Doch auch Suchenden,
die für uns offensichtlich Irrwege oder Umwege begehen, sollten wir mit Respekt
begegnen. Wir kennen ihre Beziehung zu Krishna nicht und wissen nicht, welche
Lernerfahrung sie gerade machen sollen oder wollen.
Der Weg
zu Krishna
Der Weg
zu Gott (Krishna) besteht darin, unsere Beziehung zu Ihm wieder zu beleben. Indem
wir unser Bewusstsein auf Krishna richten und ernsthaft mit Ihm Verbindung aufnehmen
wollen, machen wir erste direkte Schritte in Seine Richtung. Wenn wir diese Schritte
machen, gibt Gott seine neutrale Beziehung zu uns auf. Er gibt uns manchmal deutliche
und ein anderes Mal feine und subtile Zeichen seiner Präsenz. Gerade die kleinen
Zeichen sollten wir nicht geringschätzen. Unser Fortschritt in Richtung Krishna
ist ein Prozess und sollte mit Geduld und Selbstkritik beobachtet werden. Da
wir ewig sind, können wir uns Zeit nehmen.
Indem wir
Krishna immer wieder persönlich in unserem Leben erleben, über Ihn hören und lesen,
entwickelt sich allmählich Zunei- gung zu Ihm. Die wachsende Zuneigung kann bis
zur ekstatischen Gottesliebe erblühen (prema bhakti).
Das Prinzip
des Lehrers
In unserem
Weg zurück zur direkten Gemeinschaft mit Gott, ist Er Selber unser Lehrer (sanskrit:
Chaitya-Guru), der sich in Form der inneren Stimme an uns wendet. Da wir
oft das feine Gehör für die innere Stimme verloren haben oder nur undeutlich wahrnehmen,
kann in unterschiedlichen Situationen auch eine Person von aussen die "innere
Stimme" zu uns tragen. Dann übernimmt diese Person die Rolle des Guru (Lehrer)
für uns. Der äussere Guru ist dann ein Repräsentant von Gott . In der Vaisnava-Tradition
wird der Vorgang des Hörens der inneren Stimme wie folgt erläutert: guru
sadhu sastra vakya cittete koria aikya
Prüfe (deine
Wahrnehmung der inneren Stimme) mit der Hilfe des (äusseren) Guru, den Worten
grosser Heiliger und den spirituellen Schriften doch entscheide letztendlich
mit deinem Herzen!
Die innere Stimme im Herzen, der direkte Kontakt mit Gott, sollte in unserem Weg
zu Ihm immer an erster Stelle kommen. Wenn wir immer wieder die innere Stimme
hören oder fühlen und sie ernst nehmen, werden wir auch äussere Bestätigungen
erhalten. Wir werden erkennen können, dass die innere Stimme tatsächlich die Wahrheit
vermittelte und wir Fortschritte machen. So wächst unser Vertrauen in die innere
Stimme und schlussendlich in Gott. Wer nicht auf die innere Stimme hört,
kann seine Ent-Täuschungen mit "Gurus"
erleben. Die vedischen Schriften empfehlen, dass man sich mit Vertrauen und Hingabe
an selbstverwirklichte Seelen, die in direkter Verbindung zu Gott stehen, wenden
solle. Diese Aussage ist jedoch kein Widerspruch zur Aufforderung auf die innere
Stimme zu hören. Wie jedoch, wenn nicht mit der Hilfe der inneren Stimme, sollen
wir erkennen, ob die Person, die mit uns in Kontakt tritt, auch eine selbstverwirklichte
Seele ist, die in direkter Verbindung mit Gott steht?
Es heisst
nirgends in den vedischen Schriften, dass man nur einen Guru haben darf. Die innere
Stimme kann sich in unterschiedlichsten Formen äusserlich widerspiegeln (siksa
guru) . Jede Person kann (bewusst oder unbewusst) eine Botschaft zu uns tragen,
von der wir spüren, dass sie aus Gottes Willen für uns bestimmt ist.
Selbst die
Eigenart von Pflanzen und das Verhalten von Tieren, können in uns Erkenntnisse
auslösen. In diesem Sinne können auch Sie die innere Stimme repräsentieren und
so als Lehrer dienen. Wer aktiv einen Guru (=Gottesvermittler, sadhu) sucht, soll
den Fokus darauf legen, Menschen zu finden, die Liebe zu Gott im Herzen tragen.
Oft wollen diese Menschen nach aussen hin nicht als Guru oder spirituelle Meister
auftreten. Der echte Guru ist ein Transzendentalist, der die spirituelle Realität
selber wahrnimmt. In der Gemeinschaft mit einem echten sadhu entspringt dem
Herzen eine spontane Zuneigung zu Krishna/Gott.
Der sadhu
nimmt den „Schüler“ mit seinem gesamten Umfeld und seiner momentanen Lebenssituation
wahr und hilft ihm, sodass dieser selbständig seine nächsten Schritte auf dem
Weg zu Krishna/Gott in Angriff nehmen kann. Die Qualifikation eines Gurus erkennt
man daran, dass er seine Schüler informiert und inspiriert, ohne dass er seine
Schüler an seine Person bindet, Abhängigkeiten erzeugt oder grosse Schülerschaften
um sich schart.
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